Klaus Wowereit (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister und Mitglied der Föderalismuskommission, muss sich von der Opposition im eigenen Abgeordnetenhaus Versagen vorhalten lassen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer spricht von der "größten Blamage seiner Amtszeit". Was hat sich der Regierende Bürgermeister zu Schulden kommen lassen? Nun, es geht um die Stellung Berlins als Hauptstadt im künftigen Bund-Länder-Gefüge, das die Föderalismuskommission unter Vorsitz von Franz Müntefering (SPD) und Edmund Stoiber (CSU) im Auftrag von Bund und Ländern ausgearbeitet hat.
Dabei geht es in erster Linie um Geld. Berlin, das angesichts einer Schuldenlast von 50 Milliarden Euro schon in Karlsruhe auf eine Schuldenentlastung durch den Bund von 25 bis 35 Milliarden Euro klagt, sollte nach Wowereit im reformierten Grundgesetz verankert werden. Aber eben nicht nur als Bundeshauptstadt, sondern mit dem Zusatz, dass die Repräsentation des Gesamtstaates an der Spree Aufgabe des Bundes ist. Doch genau gegen diese Präzisierung wandte sich der Bund. Eben weil er fürchtete, dadurch finanziell noch stärker in die Pflicht genommen zu werden.
Die Opposition im Abgeordnetenhaus ist überzeugt, dass sich Wowereit in der Föderalismuskommission nicht energisch genug bei SPD-Chef Franz Müntefering für die Verankerung der Repräsentationspflichten im Grundgesetz eingesetzt zu haben. So wurde dieser Zusatz einfach gestrichen. Übrig blieb, dass Berlin die Hauptstadt und Näheres durch ein Bundesgesetz zu regeln sei. Berlin ist überzeugt, dass der Bund zu wenig zahlt. Der Bund überweist bislang 38 Millionen Euro pro Jahr für die Mehrbelastung der Berliner Polizei durch die Sicherheitsanforderungen des Bundes. Aus der Sicht des Senats aber müssten es 70 Millionen Euro mehr sein. Schließlich hat es Berlin durchschnittlich mit 3.000 Demonstrationen und vielen Staats- und Regierungsbesuchen mit hohen Sicherheitsstufen zu tun. Insgesamt lässt sich der Bund bereits heute die Hauptstadt 440 Millionen Euro kosten. Freilich fließen davon nur noch zehn Millionen Euro für den Hauptstadtkulturfonds direkt in den Landeshaushalt. Dafür gibt der Bund erheblich mehr Geld direkt für Einrichtungen von nationaler Bedeutung aus. Dazu gehört vor allem die Sanierung der Museumsinsel, deren Kosten in Milliardenhöhe das Land Berlin total überfordert hätte.
DDarüber hinaus wünscht sich Berlin ein Engagement des Bundes von 100 Millionen Euro zur Sanierung der Staatsoper, Geld für die Sanierung des Konzert- und Schauspielhauses auf dem Gendarmenmarkt und eine Übernahme des Naturkundemuseums durch den Bund, das ebenfalls renovierungsbedürftig ist. Bereits mit 50 Prozent beteiligt sich der Bund an einigen Gedenkstätten. Doch dieser Anteil ist dem Land Berlin zu gering. In all diesen Posten, die sich zu mehreren Hundert Millionen Euro summieren würden, ist freilich der größte Teil der Hilfe des Bundes für Berlin gar nicht enthalten. Gemeint ist der Beitrag des Bundes für Berlin nach dem Solidarpakt Ost. Gegenwärtig erhält Berlin aus diesem Solidarpakt rund zwei Milliarden Euro. Der Finanzausgleich der Länder spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Besondere Situation Berlins
Berlin kommt den Bund und den anderen 15 Bundesländern und Stadtstaaten recht teuer. Das wird auch ohne Murren hingenommen, weil alle die besondere Situation der Stadt kennen. Doch der Bund hat kein Geld mehr. Gleiches gilt für die Länder, die ihrerseits ihre Landeshauptstädte im Blick haben müssen. Und so will der Bund verhindern, dass ihm im Rahmen der Föderalismusdebatte neue finanzielle Lasten aufgebürdet werden.
Das alles ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Regierende Bürgermeister im Abgeordnetenhaus von Berlin einen schweren Stand hat, wenn er keine finanziell belastbare Verankerung Berlins im Grundgesetz erreicht - zumal weitere Verpflichtungen auf den Bund zukommen. Unklar ist beispielsweise, wie sich ein neuer Architektenwettbewerb für die "Topographie des Terrors" finanziell auswirken wird und was aus dem schrottreifen Palast der Republik wird.
Nach dem Willen des Deutschen Bundestages soll der vom Asbest befreite Palast der Republik abgerissen werden. Auf diesem Gelände soll das ehemalige Stadtschloss wieder in Form eines modernen Gebäudes mit der historischen Fassade des Schlosses errichtet werden. Während die Fassade durch Spenden finanziert werden soll, wird der eigentliche Bau nach bisherigen Berechnungen mit 670 Millionen Euro zu Buche schlagen. Inzwischen haben die Befürworter des Wiederaufbaus des Stadtschlosses einen einflußssreichen Mann für den Vorsitz des entsprechenden Vereins gewinnen können: Professor Richard Schröder, einst Vorsitzender der SPD-Fraktion in der freigewählten Volkskammer.