Karl Doemens
Bei den Sozialversicherungssystemen legt die Große Koalition einen höchst ambivalenten Start hin
In der Analyse sind sich die meisten Experten einig: Der auf
Reichskanzler Bismarck zurückgehende deutsche
Sozialversicherungsstaat, der sich im konjunkturellen Zwischenhoch
der Weimarer Republik und in den jungen Jahren der Bundesrepublik
weiterentwickelt hat, ist dringend modernisierungsbedürftig.
...
Cordula Tutt
Zwänge in Zeiten der Globalisierung: Hat die Politik überhaupt noch etwas zu sagen?
Globalisierung wird in Deutschland vorrangig als Gefahr für
Arbeitsplätze und Wohlstand wahrgenommen. Es kommt darauf an,
dass die neue Regierung auch Vorteile in dieser internationalen
Konkurrenz herausstreicht. Die Koalitionsparteien müssen aber
auch frühere Fehler einsehen und ...
Nikolaus Piper
Offensiv im internationalen Wettbewerb
Manche Gewerkschafter glauben vielleicht noch, die
Globalisierung sei eine bloße Ausrede für geldgierige
Unternehmer oder Investoren, um die Löhne zu drücken und
die Gewinne zu Lasten der Arbeitnehmer in unanständige
Höhen zu treiben. Doch die eigentliche Botschaft ist
längst ins allgemeine ...
Stefan von Borstel
Jobverlust: In den Betrieben geht die Angst um
Stellenabbau ist ein hässliches Wort. Arbeitgeber nehmen es
nicht gern in den Mund, sie reden dann lieber von "Neuausrichtung
der Produktionskapazitäten", "Zukunftssicherung" und
"sozialverträglichen Lösungen". So auch bei Carl Zeiss
Vision, dem ...
Interview mit dem DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer
Das Parlament: Das Kapital ist hoch mobil. Arbeitnehmer sind das
mit der Ausnahme weniger sehr gut ausgebildeter Spezialisten in der
Regel nicht. Sind die Arbeitnehmer damit nicht notwendig Verlierer
der Globalisierung? Heinz Putzhammer: Darauf gibt es keine einfache
Antwort. Auf der einen Seite ...
Sven Clausen
Wie Hedge-Fonds-Manager und Private-Equity-Häuser viel Geld für Wenige verdienen
Um sein Geschäft in Deutschland ausbauen zu können,
ließ sich Stephen Schwarzman von den Vorzügen der Elbe
und Alster überzeugen. Zwar ist das Finanzzentrum der Republik
eindeutig in Frankfurt. Aber Hanns Ostmeier, den sich der Chef von
Blackstone, einem der ...
Thomas Fishermann
Die Vereinigten Staaten bleiben eine kolossale Wirtschaftsmacht. Doch unantastbar sind sie längst nicht mehr
Im Oktober gaben die Washingtoner Wirtschaftsstatistiker ihre
neuesten Zahlen bekannt, und demnach ist das amerikanische
Sozialprodukt im dritten Quartal (auf das Jahr hochgerechnet)
wieder um stabile 3,8 Prozentpunkte gewachsen. Die
durchschnittlichen Einkommen der Amerikaner haben im September um
...
Sven Sievers
Das verflixte Problem mit der Gerechtigkeit: Mächtige Konzerngewinne auf der einen und Jobverluste auf der anderen Seite
Ängste, Zukunftssorgen, die Furcht vor dem Abstieg - was
ist das? Von Tristesse in Deutschland, einer gedrückten
Stimmung, die wie Mehltau auf dem Land liege, berichten das
Fernsehen und die Zeitungen. In den Unternehmen, genauer gesagt in
den Führungsetagen, kommen diese Botschaften an wie Signale
...
Alexander Hagelüken
Glasnost in Genf: Wie die WTO sich bemüht, in der Praxis demokratisch zu werden
Wissenschaftler, Journalisten und Entwicklungslobbyisten von
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) durften den Versuch
beobachten, den Dauerzwist über hormonbehandeltes
US-Exportfleisch für Europa beizulegen. Glasnost in Genf: Die
umstrittene Welthandelsorganisation (WTO) will Transparenz ...
Claus Tigges
IWF und Weltbank müssen sich fragen, wie sie künftig Entwicklungshilfe gestalten und aus der Kritik geraten wollen
Die internationale Entwicklungshilfe steht an einem Scheideweg.
Daran besteht kaum noch ein Zweifel, seit sich die internationale
Gemeinschaft kürzlich auf einen vollständigen
Schuldenerlass für die ärmsten Entwicklungsländer
verständigt hat. Den Staaten - die meisten ...
Jeannette Goddar
Wo bleibt der Westen?
Für die Völker des Westens ist jetzt die Zeit
gekommen, die großen Schätze, die sie in Generationen
angehäuft haben, nicht nur klug zu bewahren und wenn
möglich zu mehren, sondern vor allem humaner und weiser zu
nutzen als bisher. Diese Lektion müssen sie noch ...
Matthias Wolfschmidt
Die europäische Agrarlobby schadet mit protektionistischen Winkelzügen den Ländern des Südens
Offiziell sollen beim nächsten WTO-Gipfel in Hongkong im
Dezember 2005 wichtige Entscheidungen über den Abbau von
Agrarsubventionen und Agrarzöllen vor allem in den
Industrieländern sowie über die Öffnung von
Märkten für Industriegüter und Dienstleistungen in
den Entwicklungsländern fallen. Der ...
Christoph Then
Konzerne greifen mit der Patentierung auf Saatgut nach dem Schlüssel der Versorgung durch Nahrungsmittel
Patente auf Saatgut kennen die meisten europäischen
Landwirte bisher nur vom Hörensagen. Doch die Liste der
Länder, in denen Landwirte bereits Lizenzgebühren
für die Verwendung patentierter Pflanzen bezahlen (oder
bezahlen sollen), ist lang: Sie umfasst unter anderem die USA,
Kanada, Brasilien, ...
Interview mit Hans-Werner Sinn, Chef des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung
Das Parlament: Wenn Sie an die Globalisierung denken, was macht
Ihnen Angst? Hans-Werner: Sinn Ich sehe den Prozess mit
großer Zuversicht. Ich bin froh darüber, dass die
Globalisierung die Armut großer Teile der Welt beseitigt. Mit
den ehemaligen kommunistischen Ländern und Indien
partizipieren nun ...
Jochen Buchsteiner
Für Indien zählt nur die Weltspitze
Das ist der neue Ton: bestimmt und bedingungslos dem Fortschritt
zugewandt. Nichts erscheint dem modernen Indien zu hoch, zu
schwierig oder zu groß. Die Weltspitze ist die gültige
Markierung, ob in der Weltraumforschung oder der Biochemie, in der
Informationstechnologie oder der Rüstung, in der ...
Mathias Brüggmann
Willkommen zurück in der Planwirtschaft: Wie der Staat sich in die russische Wirtschaft einmischt
Sorgen Sie dafür, dass die Vorgaben unseres
Präsidenten Wladimir Wladimirowitsch Putin erfüllt
werden." Aus Michail Fradkows wie immer verschlafen aussehendem
Gesicht stechen die stahlblauen Augen. Der russische Premier blickt
seinen am großen ovalen Kabinettstisch ...
Kristin Kupfer
Auf dem Land herrscht das Mittelalter, an den Küsten westliche Lebensart
Chinas Lage ist eine Frage des Standpunkts, findet Frau Guo und
zeigt auf die Hügel rund um die Große Mauer bei
Mutianyu, circa 80 Kilometer nordöstlich von Peking. "Wenn ich
morgens hier hochsteige, muss ich abends wieder runtergehen", sagt
die 45-Jährige, "ohne Berg, kein Tal, so ...
Tanja Kewes
Die Welt trägt "China" und kauft sich glücklich
Ein kurzer Blick in den Kragen Ihres Pullovers, Ihrer Bluse oder
Ihres Sakkos reicht aus, um die Ausmaße der
Welttextilproduktion zu erfassen. "Made in Turkey", "made in
Croatia" - oder immer häufiger "made in China" - steht auf dem
Etikett. Und dabei ist es ...
Huberta von Voss
Eine Ölpipeline soll für Aserbaidschan und Georgien den Wohlstand bringen
Dort in der Hauptstadt konzentrieren sich die Erwartungen der
Menschen an die neue Regierung, die mit der Brechstange den
Anschluss an die Moderne schaffen will. Der jugendliche
Präsident, Michael Saakaschwili, hat dafür beste
Voraussetzungen. Er ist 38 Jahre alt, liebt die USA, und die
Amerikaner ...
Alexander Busch
Im Windschatten der Globalisierung: Südamerika wird zum Rohstofflieferanten der Welt - und die Armen bleiben arm
Primavera do Leste liegt in Brasiliens wildem Westen, etwa im
Zentrum Südamerikas. In geometrisch angelegten Siedlungen
inmitten einer staubigen Savanne leben hier 60.000 Menschen. Wo vor
kurzem noch Rinder in der unberührten Steppe grasten, wird
heute Soja und Baumwolle bis an den hitzeflimmernden ...
Dominic Johnson
Der verlorene Kontinent: An Afrika geht die Globalisierung vorbei
Wahr ist, dass Afrika in der globalisierten Wirtschaft der
Gegenwart weder als Absatzmarkt noch als Produktionsstandort von
Gewicht ist. Wahr ist aber auch, dass afrikanische Rohstoffe immer
interessanter für die großen Wirtschaftsmächte
werden. Afrika ist im Begriff, im Zuge der Globalisierung ...
Interview
Interview mit Georges Tshionza, Bürgerrechtler im Kongo
Das Parlament: Die Demokratische Republik Kongo steht an ers-ter
Stelle der Empfängerländer ausländischer Hilfe in
Afrika. Wird diese Hilfe korrekt eingesetzt? Georges Tshionza:
Nein. Das Geld landet über die Ministerien für Finanzen
und Haushalt und die Zentralbank bei der Regierung. Über 50
...
Helga Gandlhuber
Osteuropäische Ein-Mann-Betriebe nutzen ihre Chance
Zwei Entwicklungen entfachten damals ein Gründungsfieber.
Durch die Änderung des Handwerksrechts entfiel in 53 von 94
Berufen der Meisterzwang. Fliesenleger, Gebäudereiniger,
Raumausstatter - jeder kann seitdem in diesen und anderen
zulassungsfreien Sparten ein Unternehmen ...
Jürgen Osterhammel
Sklavenhandel und Mauerfall: Als die Welt international wurde
Hätte man vor 30 Jahren Historiker gefragt, mit welchem
allgemeinen Begriff sie die wirtschaftliche Entwicklung in den
letzten beiden Jahrhunderten beschreiben würden, dann
hätten vermutlich die meisten von ihnen das Wort
"Industrialisierung" genannt. Heute dürfte bei vielen die
Antwort ...
Anja Struve
Mehr Flexibilität ist dringend erforderlich
Wie trügerisch die Hoffnung ist, dass das heutige
Währungsgefüge langfristig stabil sein könnte, zeigt
ein Blick auf die Zahlen: Rund 650 Milliarden Dollar, mehr als die
Niederlande pro Jahr erwirtschaften, müssen die USA 2005 an
ausländischem Kapital ins Land locken, ...
Oliver W. Schwarzmann
Die Macht der Finanzströme: Wie sie die wirtschaftliche Entwicklung ganzer Kontinente bestimmen und "künstliche" Finanzkrisen erzeugen können
Die Analyse der augenscheinlichen Übermacht der
Finanzströme und der offenkundigen Krisenanfälligkeit,
die sich im wachsendem Maße über alle Volkswirtschaften
hermacht, entspringt einem Phänomen, das sich am besten als
Beschleunigung des globalen Kapitalismus ...
Rüdiger Köhn
Die wichtigste Exportbranche kämpft gegen internationale Konkurrenz
Die Göttinger Carl Mahr Holding ist typisch für den
deutschen Maschinenbau. Sie ist als Hersteller unter anderem von
Messgeräten für die Automobilindustrie, die optische
Industrie oder für die Forschung einer der größten
Anbieter weltweit, obwohl sie lediglich 140 Millionen Euro Umsatz
im Jahr ...
Marco Dalan
Deutschlands Automobilkonzerne kämpfen mit hohen Lohnkosten
Frankfurts Messehallen sind wieder autofrei. Kein
glänzendes Chrom mehr, kein polierter Lack, keine
optimistischen Vorstände. Wo noch vor wenigen Wochen
automobile Träume im Scheinwerferlicht der Internationalen
Automobilausstellung (IAA) strahlten, ist der graue Alltag
zurückgekehrt. Auch die ...
Interview
Interview mit dem Bremer Globalisierungskritiker Rudolf Hickel
Das Parlament: In den französischen Vorstädten brennen
Autos, Jugendliche randalieren und zünden Schulen an. Was hat
das mit Globalisierung zu tun? Rudolf Hickel: Ich denke, sehr viel.
Aus den ärmsten Ländern der Welt wandern viele Menschen
in die Metropolen mit der Hoffnung, am Wohlstand ...
Sven Giegold / Peter Wahl
Der Kampf gegen Steuerflucht ist eine Frage des politischen Willens
Für die öffentlichen Kassen (nicht nur in der
Bundesrepublik) stellt die Globalisierung eine gewaltige
Herausforderung dar. Denn die Liberalisierung der globalen
Finanzmärkte und die Aktivitäten transnationaler
Unternehmen untergraben zunehmend die nationalen Steuersysteme. Die
...