Hilfsappell der Vereinten Nationen
Wie fühlt sich das an, Kind sein, zur Schule gehen, im Sandkasten spielen? Die Schriftstellerin China Keitisi weiß es nicht. Zehn Jahre lang war sie Kindersoldatin in Uganda. Ihre Kindheit in der Armee wurde bestimmt durch Erniedrigungen, Vergewaltigungen und Mord. Mit 15 konnte sie nicht mehr zählen, wie viele ihren Körper schon missbraucht hatten.
Wie China Keitisi gibt es Millionen von Menschen in Afrika, Asien oder Südamerika, die täglich Gewalt, Verfolgung, Hunger, Seuchen und Krieg erfahren. Nur selten wird darüber in den Medien so umfassend berichtet, wie über den Irak oder Darfur. Doch "das Leid existiert auch ohne spektakuläre Kamerabilder", betonte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse am vergangenen Mittwoch im Deutschen Bundestag, wo er zusammen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer den "Consolidated Appeal Process" (CAP), einen humanitären Hilfsappell der Vereinten Nationen, für das Jahr 2005 vorstellte. Es gebe im kommenden Jahr einen Bedarf von 1,7 Milliarden US-Dollar an Finanzmitteln, um humanitäre Maßnahmen für so genannte "vergessene" Krisen zu organisieren, erklärte der Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms, James Morris. 26 Millionen Menschen in 14 Krisengebieten, wie Burundi, Angola oder Eritrea, soll mit dieser Summe geholfen werden. Hier werde keine Bürokratie finanziert, sagte Morris, sondern Menschen die Unabhängigkeit ermöglicht, durch Ernährungs- und Bildungsprogramme und Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Außenminister Joschka Fischer mahnte, "als wohlhabendes Land haben wir die Pflicht, Menschen in größter Not zu helfen", und zeigte sich erfreut über die Erhöhung des Budgets für humanitäre Hilfe durch den Bundestag vor zwei Wochen. Dennoch: "Humanitäres Engagement bleibt eine Herkulesaufgabe", betonte Christa Nickels, die Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. "Die Menschen in den Krisengebieten brauchen nicht nur unser Mitgefühl, sondern tatkräftige und schnelle Unterstützung."
China Keitisi spricht mit leiser, aber eindringlicher Stimme über ihre Erlebnisse. Es sei viel Geld aufgewendet worden, um sie aus Uganda zu holen und ihr ein neues Leben in Freiheit zu ermöglichen, sagt sie. "Ohne diese Hilfe wäre ich heute tot."