Tierschutzgesetz soll geändert werden
Auf Zustimmung und Kritik stieß am Mittwoch, dem 4. Juni 2008, während einer Anhörung des Landwirtschaftsausschusses bei den Sachverständigen die im Zuge einer Änderung des Tierschutzgesetzes ( 16/7413) geplante Zulassungspflicht für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen.
Der Deutsche Tierschutzbund erhofft sich durch einen solchen "Tierschutz-TÜV" Verbesserungen. "Das bringt den Tieren etwas", so Brigitte Rusche als Vertreterin des Verbands.
Fortschritt für den Tierschutz
In der Einführung eines obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens für Haltungseinrichtungen bei Nutztieren sah auch Professor Bernhard Hörning (Fachhochschule Eberswalde) einen Fortschritt für den Tierschutz. In deutschen Stallungen gebe es noch große Mängel. Hingegen lehnten der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Deutschland unter Verweis auf die Ausweitung der Bürokratie, auf die Kosten und auf den hierzulande in der Landwirtschaft bereits stark ausgeprägten Tierschutz die Neuregelung entschieden ab.
"Bürokratiemonster" befürchtet
Detlef Breuer als Sprecher der Schweinezüchter sprach von einem "Bürokratiemonster" und einer "Innovationsbremse". Letztlich würden die Kosten des "Tierschutz-TÜV" bei den Tierhaltern landen und so für zusätzliche Wettbewerbsnachteile sorgen. Die Stallbaukosten in Deutschland seien schon heute die höchsten in Europa. Angesichts der geplanten Gesetzesänderung könne es einem "angst und bange werden". Der Tierschutz in der Landwirtschaft werde bereits intensiv kontrolliert, so Breuer, auch müssten die Tierhalter während einer mehrjährigen Berufsausbildung entsprechende Qualifikationen nachweisen. Breuer: "Wir sind im Tierschutz Weltspitze." Wegen der Prüf- und Zulassungspflicht könnten gerade mittelständische Hersteller von Stalleinrichtungen Innovationen nicht mehr unkompliziert und zügig auf den Markt bringen.
Standardisierung nicht möglich
Auch Michael Starp betonte, dass die Bundesrepublik in der EU und weltweit schon Vorreiter beim Tierschutz sei. Die Gesetzesnovelle widerspreche der Zusage der Regierung, Bürokratie abbauen zu wollen. Wegen der unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Betrieben könne man Ställe nicht auf die gleiche Weise einrichten, eine Standardisierung sei nicht möglich. Die Zulassungspflicht werde jedoch dazu führen, dass Hersteller nur noch einheitliche Modelle anbieten. Starp warb für ein freiwilliges Prüfverfahren, bei dem neue Ideen von Herstellern und Landwirten kostenlos bewertet und ausgezeichnet werden.
Beitrag zu mehr Klarheit
Maria Dayen vom Agrarministerium Mecklenburg-Vorpommern wies darauf hin, dass die Mehrheit der Bundesländer die Gesetzesänderung befürworte. In der Gesetzgebung zum Tierschutz existierten viele "unbestimmte Rechtsbegriffe", die in der Praxis von den zuständigen Behörden vor Ort teils unterschiedlich ausgelegt würden. Ein Prüf- und Zulassungsverfahren bei Stalleinrichtungen trage zur Klarheit bei der Gesetzesinterpretation bei.
"Starker Fortschritt"
Bernhard Hörning bezeichnete es als Vorteil der Neuregelung, dass die Bauern künftig mehr Sicherheit hätten: Sie hätten Gewissheit, dass ihre Haltungseinrichtungen geprüft und als tierschutzgerecht genehmigt worden seien. Aus Sicht des Eberswalder Professors wird das hierzulande geplante Modell in der Schweiz seit langem erfolgreich praktiziert. Wegen der zum Teil gravierenden Mängel in der Nutztierzucht, die sich zum Beispiel in haltungsbedingten Verletzungen, Erkrankungen und Verhaltensstörungen zeigten, könne das Zulassungsverfahren einen "starken Fortschritt" beim Tierschutz bringen. Hörning rief zudem dazu auf, dem Tierschutz in der landwirtschaftlichen Ausbildung mehr Gewicht zu verleihen.
Jahrelange Forderungen erfüllt
Brigitte Rusche sagte, mit dem "Tierschutz-TÜV" werde eine von ihrer Organisation seit Jahren erhobene Forderung erfüllt. Bei der Zulassung von Stalleinrichtungen werde der Tierschutz im Rahmen gesetzlicher Vorgaben steuerbar. Arteigene Verhaltensweisen oder die Tiergesundheit könnten besser berücksichtigt werden. Rusche erhofft sich nun eine Versachlichung der Diskussion.