Ja zur UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen
Weitgehend begrüßt haben Sachverständige den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ( 16/10808).
In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für
Arbeit und Soziales am Montag, dem 24. November 2008, hieß
es, in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen
würden behindertenpolitische Empfehlungen mit dem Ziel
gegeben, dass Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft voll
teilhaben können.
Leitbild und Vision füreine moderne Behindertenpolitik
Dem Bekenntnis zur Konvention müssten nun allerdings auch Taten folgen, so die Experten. Skepsis äußerte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, die vor einer "Überreglementierung mit kontraproduktiven Ergebnissen“ warnte.
Der Sozialverband VdK Deutschland forderte Bundesregierung und
Parlament auf, die Konvention, die "Leitbild und Vision für
eine moderne Behindertenpolitik“ sein könne, ohne
Interpretationserklärungen oder Vorbehalte zu ratifizieren.
Trotz eines differenzierten Behindertenrechts habe Deutschland die
Vorgaben "mitnichten bereits umgesetzt“.
Anforderungen an einen gesellschaftlichen Lernprozess
Wie andere Sachverständige, so äußerte auch der VdK Kritik an der Übersetzung der Konvention. So werde "inclusion“ mit "Integration“ übersetzt, was besonders schwerwiegend sei, da damit gegensätzliche Ansätze verbunden seien. Der Paritätische Gesamtverband begrüßte insbesondere die in der Konvention enthaltene Pflicht der Bundesregierung, über den Stand der Entwicklun zu berichten. Dies könne den kritischen Blick auf praktische Umsetzungsprobleme schärfen und als Chance für notwendige Veränderungsprozesse gesehen werden.
Als "Meilenstein“ für den Menschenrechtsschutz bezeichnete das Deutsche Institut für Menschenrechte die Konvention. Sie stelle jedoch weitreichende Anforderungen an einen gesellschaftlichen Lernprozess, der die Chance mit sich bringe, zur Humanisierung der Gesellschaft als Ganzes beizutragen.
Probleme im Bildungsbereich
Rechtlichen Regelungsbedarf sah Klaus Lachwitz von der Bundesvereinigung Lebenshilfe. Artikel 24 der Konvention schreibe fest, dass jeder Mensch mit Behinderung geschäftsfähig sei. In Deutschland würden derzeit jedoch per Gesetz Handlungen von nicht geschäftsfähigen Personen für "null und nichtig“ erklärt.
Auf Probleme im Bildungsbereich verwies Prof. Dr. Jutta
Schöler aus Berlin hin. So werde Eltern von Kindern
mit Behinderungen in zahlreichen Landkreisen kein einziges
wohnortnahes Angebot einer Integrationskindertagestätte oder
-schule gemacht.
Kritik am Prinzip der Förderschule
Zudem sei die Entscheidung über den Förderort eines Kindes mit Behinderung in Deutschland eine Verwaltungsentscheidung. Auch gegen den Willen der Eltern sei die Zuweisung zu einer Förder- oder Sonderschule möglich. Dies stelle einen gravierenden Eingriff in das Elterrecht dar, der "aus keinem anderen Staat bekannt ist“.
Auch Ottmar Miles-Paul, Beauftragter für die
Belange behinderter Menschen in Rheinland-Pfalz kritisierte das
Prinzip der Förderschule. Derartige Extrabehandlungen sorgten
bei Kindern für den Verlust des Kontakts zur Nachbarschaft.
Gebraucht werde mehr Gemeinsamkeit - eine soziale Inklusion, wie es
die UN-Konvention fordere.
Vereinbarkeit mit deutschem Recht prüfen
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände regte hingegen an, das Ratifizierungsverfahren auszusetzen, bis ein Prüfbericht der Bundesregierung über die Vereinbarkeit des UN-Übereinkommens mit dem deutschen Recht vorliegt. Angesichts des in Deutschland bestehenden hohen Standards des Schutzes von Behinderten gibt es aus Sicht der Arbeitgeberverände keinen Grund zur übereilten Ratifikation des Übereinkommens.