Stasi-Unterlagen: Experten sind mehrheitlich für Fortsetzung der Überprüfungen
Berlin: (hib/SUK) Die Pläne von Union, SPD und Bündnis 90/Die Grünen, das Stasi-Unterlagengesetz so zu ändern, dass Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen sowie Spitzenbeamte und Berufsrichter im Verdachtsfall weiterhin auf hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit bei der Staatssicherheit überprüft werden können, stößt bei Experten mehrheitlich auf Zustimmung. Das wurde am Mittwochnachmittag bei einer öffentlichen Anhörung des Kulturausschusses deutlich.
Sieben Sachverständige wurden von den Abgeordneten zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen und der Bündnisgrünen zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ( 16/2969) befragt. Eine Novelle des Gesetzes ist erforderlich, weil die Fristen zu den Einsichtsmöglichkeiten in das Zentrale Einwohnerregister der DDR und zur zentralen Regelabfrage abgelaufen sind bzw. ablaufen werden. Der Sächsische Landesbeauftragte Michael Beleites sprach sich dafür aus, dass für Beschäftigte in sensiblen Bereichen - etwa für Abgeordnete oder Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für die Stasi-Interlagen - Möglichkeiten einer Überprüfung bestehen bleiben. Auch Jörn Mothes, Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen Mecklenburg-Vorpommern, hielt es für nötig, Überprüfungen "in begrenztem Umfang weiter zu ermöglichen". Die Frage, ob das Mittel der Selbstauskunft eine Alternative zur Überprüfung sein könne, verneinte Mothes: "Das ist nicht gleichzusetzen." Der Rechtswissenschaftler Richard Schröder regte an, bei dem Personenkreis, der überprüft werden kann, "auch an den Sport zu denken". Auch dort gehe es um Vertrauenswürdigkeit und Fairness: "Es wäre sinnvoll, wenn es bei Sportfunktionären die Möglichkeit der Klärung geben würde." Für eine solche Überprüfungsmöglichkeit habe sich auch der Deutsche Olympische Sportbund ausgesprochen.
Anders als die übrigen Experten kritisierte Uwe Wesel, emeritierter Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte, den Entwurf. Er sei "nicht verhältnismäßig" und daher "verfassungswidrig". Die Tätigkeit ehemaliger Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit sei vergleichbar mit den Tatbeständen der gefährlichen Körperverletzung oder der schweren Freiheitsberaubung. Diese verjährten nach zehn Jahren. "Das kann für die Verfolgung des Stasi-Unrechts nicht anders sein", so Wesel.
Die Abgeordneten betonten in ihren Statements die Bedeutung der weiteren Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit. 80.000 gestellte Anträge auf Akteneinsicht allein im vergangenen Jahr seien Beweis für das "ungebrochene Interesse der Öffentlichkeit", so die Bündnisgrünen. SPD und Union betonten insbesondere mit Blick auf die vielen anwesenden Vertreter der Opferverbände, man werde sich bei der Aufarbeitung weiter darum bemühen, dem gerecht zu werden, was den Opfern widerfahren sei. Der Ausschussvorsitzende Hans-Joachim Otto (FDP) versicherte ihnen ausdrücklich: "Wir gehen sehr sorgfältig mit dem Thema um."
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