Petitionsausschuss
Tätigkeitsbericht, Ausgabe 2007
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Deutscher Bundestag |
Drucksache 16/6270 |
16. Wahlperiode |
06.08.2007 |
Bericht des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)
- Kurzfassung -
Allgemeine Bemerkungen über die Ausschussarbeit
Anzahl und Schwerpunkte der Eingaben
2006 gingen beim Petitionsausschuss 16.766 Petitionen und Eingaben ein. An jedem Werktag kamen somit über 65 Zuschriften in den Geschäftsgang. Beide Zahlen liegen unter den Werten des Vorjahres, welches allerdings Spitzenwerte aufwies, die lediglich im Jahre 1992, kurz nach der Wiedervereinigung übertroffen wurden.
Abschließend behandelt hat der Petitionsausschuss im Berichtsjahr 20.299 Petitionen in 22 Sitzungen. Diese Zahl übersteigt die Anzahl der Neueingaben um fast 4.000, da einige Überhänge aus den Vorjahren abgearbeitet werden konnten.
Zu einer Einzelberatung wurden im Ausschuss 415 Petitionen aufgerufen, da dies entweder von den Mitgliedern des Ausschusses gewünscht, oder durch die vorgeschlagenen Voten bedingt, vorgeschrieben war. Abschließend beraten wurde die Mehrzahl der Eingaben in Form von Sammelübersichten, da im Vorfeld Übereinstimmung bei den Berichterstattern hinsichtlich der Entscheidung festzustellen war, oder auf die Verabschiedung einer Beschlussempfehlung verzichtet werden konnte, da die um Stellungnahme gebetenen Behörden bereits in der Auskunftsphase Fehler korrigieren konnten und somit im Sinne des Petenten handelten. Darunter sind aber auch zahlreiche Vorgänge, in denen die Petenten aufgrund der Erläuterungen zur Sach- und Rechtslage erkannten, dass für ihre Petition keine Aussicht auf Erfolg bestand und sie diese daher zurückzogen.
Betrachtet man die einzelnen Petitionen bei ihrer Verteilung auf die Bundesministerien, so kann festgestellt werden, dass auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 4.108 Vorgängen fast ein Viertel der Gesamteingaben fiel, gefolgt vom Bundesministerium für Gesundheit mit über 13% und den Bundesministerien der Justiz und der Finanzen mit jeweils knapp über 11%. Betreffend weitere Steigerungen der Eingabenzahlen im Vergleich zum Vorjahr ist bemerkenswert, das neben dem bereits erwähnten Bundesministerium für Arbeit und Soziales, der größte Zuwachs beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit 472 Zuschriften in 2006 gegenüber 176 in 2005 verzeichnet werden kann. Den größten Rückgang erfuhr das Bundesministerium des Inneren. Hier gingen im Berichtszeitraum 1.348 Petitionen ein, 2005 waren es noch 3.690.
Bitten zur Gesetzgebung machten im Berichtszeitraum mit 6.411 Petitionen nur etwa 40 % der zu behandelnden Eingaben aus. In den beiden Vorjahren bezog sich die Hälfte der Eingaben auf dieses Thema.
Im Jahre 2006 konnte der Petitionsausschuss eingehende Erfahrungen mit drei Neuerungen machen, die im September 2005 in Kraft traten. Dabei handelt es sich erstens um die Möglichkeit, Petitionen auch per E-Mail mittels eines im Internet abrufbaren Formulars einzureichen. Dies führte dazu, dass bereits 10% der Neueingaben auf diesem Weg den Ausschuss erreichten.
Zweitens begann der Modellversuch, Petitionen im Internet mitzuzeichnen. Auf der Webseite des Bundestages können so genannte öffentliche Petitionen eingereicht, mitgezeichnet und diskutiert werden sofern sie in die Zuständigkeit des Parlaments fallen und von öffentlichem Interesse sind. 288 öffentliche Petitionen wurden eingestellt und von über 450.000 Unterstützern mitgezeichnet und mit mehr als 17.600 Kommentaren versehen.
Drittens wird für sogenannte Sammel- und Massenpetitionen die Möglichkeit eingeräumt, eine Anhörung des oder mehrerer Petenten in einer öffentlichen Ausschusssitzung vorzusehen. Bedingung dafür ist, dass die Petition innerhalb einer Frist von 3 Wochen von 50.000 Mitzeichnern unterstützt wird. Dies wurde im Berichtszeitraum lediglich von einer Petition erreicht, die sich mit ca. 103.000 Unterstützern gegen die teilweise Abschaffung der Entfernungspauschale im Steueränderungsgesetz für 2007 wandte.
Die meist gestellte Frage an den Ausschuss bezieht sich auf die Anzahl der für die Petenten positiv erledigten Eingaben. Dies kann nicht mit einer absoluten Zahl beantwortet werden, da in manchen, oft sehr komplexen Fällen zumindest Teilerfolge erzielt werden konnten. Dies wird auch in der Übersicht der Beispielfälle deutlich. Jedoch können als Richtwert für das Berichtsjahr 2006 etwa 35% der Eingaben als positiv erledigt angesehen werden.
Oft besteht bei Petenten die Ansicht, der Petitionsausschuss sei sozusagen das oberste Kontrollorgan der Bundesrepublik. Hierbei wird verkannt, dass nach der Verfassung einige Zuständigkeiten unmittelbar bei den Bundesländern liegen. So wurden im Jahre 2006 insgesamt 1.680 Petitionen an die Volksvertretungen der jeweils zuständigen Bundesländer abgegeben.
Sitzungen des Petitionsausschusses
In den 22 Sitzungen des Ausschusses wurde 415 Petitionen einzeln beraten. Die Ergebnisse der Beratungen legte der Petitionsausschuss dem Bundestag in Form von 155 Sammelübersichten als Beschlussempfehlungen zur Erledigung von 10.967 Petitionen vor. Diese Sammelübersichten können auch auf den Internetseiten des Bundestages eingesehen werden.
Überweisungen an die Bundesregierung
Im Rahmen seiner Möglichkeiten ist die Übersendung von Berücksichtigungs- und Erwägungsbeschlüssen an die Bundesregierung von hervorgehobener Bedeutung. Berücksichtigung ist ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung, dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Bei einem Ersuchen um Erwägung wird Überprüfung des Anliegens gebeten und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen. 2006 wurden der Bundesregierung 47 Petitionen zur Berücksichtigung und 32 zur Erwägung überwiesen. Insgesamt sind im Berichtszeitraum 81 Antworten der Bundesregierung auf Berücksichtigungsbeschlüsse eingegangen. 80 Antworten fielen positiv aus, eine negativ. Auf Erwägungsbeschlüsse gingen 21 Antworten ein, davon 11 mit positivem, 10 mit negativem Bescheid.
Zusammenarbeit mit den Petitionsausschüssen der Landesvolksvertretungen und Zusammenarbeit auf internationaler Ebene.
Im April 2006 fand auf Einladung des Präsidenten des Deutschen Bundestages in Berlin eine Tagung der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Deutschen Bundestages und der Länderparlamente sowie der Bürgerbeauftragten der Länder statt. Deutschsprachige Ombudsleute aus den benachbarten europäischen Ländern waren als Gäste geladen. Im Verlauf der zweitägigen Veranstaltung wurden Fragen der Zusammenarbeit, der Positionierung der Petitionsausschüsse und der Ombudseinrichtungen und die Befugnisse der Ausschüsse gegenüber vormals staatlichen, jetzt privatisierten Einrichtungen besprochen. Vorgestellt wurde zudem das Bundestagsmodell der öffentlichen Petition.
Die Kontakte auf europäischer und internationaler Ebene stellen einen wichtigen Bestandteil der Ausschusstätigkeit dar. Dabei geht es nicht nur darum das Petitionswesen in Deutschland vorzustellen, sondern sich auch über die Erfahrungen außerhalb unserer Grenzen zu informieren und Themen zu erörtern, die im Rahmen der weltumspannenden Migration zunehmende Bedeutung erlangen. Im Juni 2006 besuchte eine Delegation des Ausschusses die baltischen Staaten um sich mit den korrespondierenden Ausschüssen auszutauschen und Informationsgespräche mit Nicht-Regierungs-Organisationen zu führen. Große Anerkennung sprach die Delegation den jungen Staaten für die hervorragende Aufbauarbeit im Petitionswesen aus.
Eine weitere Delegationsreise führte die Teilnehmer im Oktober 2006 nach Kambodscha und Vietnam. In beiden Ländern standen die Eindämmung der Korruption, sowie die Verbesserung der Situation benachteiligter Bevölkerungsgruppen im Mittelpunkt der Gespräche. Auch die Situation der in diese Länder zurückgeführten Asylsuchender wurde sowohl mit den staatlichen als auch den nicht-staatlichen Organisationen erörtert.
Darüber hinaus besuchten zahlreiche Delegationen aus dem Ausland den Ausschuss in Berlin. Im Vordergrund stand die Vermittlung der Erfahrungen und Erkenntnisse an Delegationen deren Staaten zum Teil erst am Anfang der demokratischen Entwicklung in ihren Ländern standen.
Bearbeitung von Bürgeranliegen
Bedingt durch die zum Teil unübersehbare Anzahl öffentlicher, aber auch privatwirtschaftlicher Schlichtungsstellen, legt der Petitionsausschuss größten Wert auf die Feststellung, dass das im Grundgesetz (Artikel 17) verankerte Petitionsrecht jedem Bürger die Freiheit gibt, selbst zu entscheiden, ob er sich mit einer Bitte oder einer Beschwerde an das Parlament oder eine zuständige Stelle der Exekutive wendet. Dort sind sowohl die Kompetenz, als auch die Verantwortung angesiedelt, Anliegen sachgerecht zu bearbeiten.
Nach den Erfahrungen des Petitionsausschusses ist die Erwartung der Bürgerinnen und Bürger hoch, qualifizierte Antworten auf ihre Zuschriften zu erhalten. Mit Recht gehen sie davon aus, dass ihren Anliegen eine sachgerechte und auf den konkreten Einzelfall abgestimmte Prüfung zuteil wird. Ein effizientes Petitionswesen benötigt aber auch die hierfür angemessene organisatorische und damit auch personelle Ausstattung als notwendige Instrumente seiner Arbeit. Daher sieht der Ausschuss die Entwicklung der ihm für seinen Auftrag und seine Aufgaben zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen mit kritischen Augen. Der Stellenabbau in den öffentlichen Personalhaushalten hat in den letzten Jahren kontinuierlich auch einen Beitrag vom Ausschussdienst des Petitionsausschusses gefordert, obwohl das Aufkommen der Eingaben in den letzten Jahren stieg und die Entwicklung bei den elektronischen Eingaben noch gar nicht absehbar ist. Wichtig ist daher, dem Petitionsausschuss das Personal zur Verfügung zu stellen, welches ihm ermöglicht, die parlamentarische Kontrolle gegenüber der Exekutive angemessen ausüben zu können.
Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Wie bereits in den vergangenen Jahren setzte der Petitionsausschuss seine Bürgersprechstunden an den Informationsständen des Deutschen Bundestages fort. Auf ausgewählten Verbrauchermessen in Rostock, Erfurt, Wächtersbach und Dortmund informierten Mitglieder des Ausschusses und Mitarbeiter des Ausschussdienstes die Bürgerinnen und Bürger über ihre Arbeit, berieten in Petitionsfragen und nahmen Eingaben entgegen.
Anlässlich der Übergabe des Tätigkeitsberichts an den Bundestagspräsidenten fand im September 2006 eine Pressekonferenz statt, in der die Vorsitzende, begleitet von dem stellvertretenden Vorsitzenden und den Obleuten der Fraktionen, den Pressevertretern die Tätigkeit des Petitionsausschusses im Jahr 2005 vorstellte.
Unter dem Titel “Im Dienste der Bürger – Der Petitionsausschuss“ wurde der Jahresbericht anschließend als Broschüre publiziert. Das ansprechende Design und die klar strukturierte Darstellung der Tätigkeit des Ausschusses in 2005 stießen beim interessierten Publikum auf reges Interesse, sodass die ursprüngliche Auflage nachgedruckt werden musste.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit des Ausschusses ist die Präsenz im Internet. Auf www.bundestag.de/petitionen ist alles Wissenswertes über die Arbeit des Ausschusses, seine aktuellen Themen und Termine erfahren. Zudem besteht die Möglichkeit auch auf diesem Wege Petitionen einzureichen. Eine sehr übersichtliche Anleitung ermöglicht es dem Nutzer sich zu informieren. Im Berichtszeitraum wurden die Seiten des Ausschusses insgesamt 775.176-mal aufgerufen. Die höchste Rate weist dabei der November 2006 mit 104.155 Zugriffen auf.