Ja zu geregelter Diamorphin-Behandlung
Von nun an können Schwerstabhängige im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung mit Diamorphin behandelt werden. Das synthetische Heroin wird als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel eingestuft. Der Bundestag stimmte am Donnerstag, 28. Mai 2009, für einen entsprechenden Entwurf von SPD und den Oppositionsfraktionen. Der Unionsentwurf zur Fortführung des Modellprojektes zur kontrollierten Heroinabgabe wurde abgelehnt.
Ergebnis der namentlichen Abstimmungen
Nach 45-minütiger Debatte entschieden die Abgeordneten in
namentlicher Abstimmung über mehrere Entwürfe zur
Behandlung von Heroinsucht. 349 Abgeordnete stimmten für den
Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, FDP, Die Linke und Bündnis
90/Die Grünen (
16/11515,
16/13021). 198 Abgeordnete stimmten dagegen,
drei enthielten sich. Damit wurde der Unionsentwurf abgelehnt.
Zudem wurden ein Antrag der FDP-Fraktion für eine Lockerung
der so genannten Take-Home-Regelung (
16/6795) sowie ein Antrag von Bündnis
90/Die Grünen für eine Änderung des
Betäubungsmittelgesetzes (
16/8212) auf Empfehlung des
Gesundheitsausschusses (
16/12513) abgelehnt.
"Diamorphin als allerletzte Chance"
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Carola Reimann, betonte, die Diamorphin-Behandlung sei für viele Abhängige in diesem Krankheitsstadium eine „allerletzte Chance“. Die wissenschaftliche Begleitstudie habe bewiesen, dass „die Diamorphin-Behandlung den Gesundheitszustand und die Lebensumstände der Schwerst-Opiatabhängigen verbessert“, so Reimann. Die Therapie mit dem synthetischen Heroin sei der als Verabreichung von Methadon überlegen. Nun müsse sie nun auf eine gesicherte gesetzliche Grundlage gestellt werden, forderte Reimann. Der Entwurf enthalte strikte Vorgaben für die Verabreichung von Diamorphin: Die Behandlung sei nur für Personen über 23 Jahren vorgesehen, die seit mindestens fünf Jahren abhängig sind und bereits zwei erfolglose Therapien hinter sich haben.
„Die Zahl der Drogentoten darf nicht weiter steigen“,
so Detlef Parr (FDP). Er appellierte an die Union, keine
„formalen Streitigkeiten auf Rücken der
Betroffenen“ auszutragen. Die Drogensüchtigen
müssten vom Rande der Gesellschaft wieder in die Mitte
zurückgeführt werden. Parr stellte klar: „Wir
wollen kein Heroin auf Krankenschein." Deswegen seien hohe
Hürden für die Verabreichung und Behandlung in den
Gesetzentwurf eingearbeitet worden.
„Das war Koalitionsbruch“
Jens Spahn (CDU/CSU) kritisierte den vorgestellten Entwurf und warf der SPD Koalitionsbruch vor. „Wir streiten über das Wie und nicht über das Ob“, so Spahn. Er bemängelte, dass die Frage der Ausstiegsorientierung nicht in der Studie berücksichtigt worden sei. Ebenfalls ungeklärt sei die Frage des Beikonsums: Man müsse fragen dürfen, warum jemand, „der pures Heroin auf Kosten des Staates“ erhalte, weiter Heroin und Kokain auf der Straße kaufe, so Spahn.
Ferner werde in der Debatte ausgeblendet, dass die Behandlung mit
Methadon ebenfalls erfolgreich sei. Auch Annette Widmann-Mauz von
der Unionsfraktion plädierte dafür, das Projekt an
weiteren Standorten mit neuen Teilnehmern fortzuführen,
„um dann guten Gewissens entscheiden zu
können“.
Zahlreiche Menschen hätten nach 30 Jahren Heroinsucht wieder
in die Abstinenz zurückgefunden, betonte Monika Knoche von der
Linksfraktion. Andere seien trotz Schwerstabhängigkeit durch
eine Diamorphin-Behandlung alt geworden. Harald Terpe (Bündnis
90/Die Grünen) sagte, es sei unredlich, die
Methadon-Behandlung gegen die Diamorphin-Behandlung auszuspielen.
„Wir brauchen beide Therapieformen, um den
Opiatabhängigen optimal helfen zu können.“