Ermittlungen zu eventuellen Misshandlungen in US-Gefängnis sorgen für Streit
Berlin: (hib/KOS) Vor dem Untersuchungsausschuss gab sich am Donnerstag Bundesanwalt Wolf-Dieter Dietrich überzeugt, dass der Belastungszeuge für den Verdacht, im Jahr 2006 seien in einem Mannheimer US-Militärgefängnis und damit auf deutschem Boden über mehrere Monate hinweg arabische Gefangene misshandelt und gefoltert worden, gar nicht existiert. Dietrich sagte, der Anzeigenerstatter, der sich auf den nicht ausfindig gemachten Wachsoldaten als indirekte Quelle berufen hat, habe "ins Blaue hinein gesprochen" und könne als "nicht glaubwürdig" gelten. Hellmut Königshaus (FDP), Norman Paech (Linkspartei) und Hans-Christian Ströbele (Grüne) kritisierten hingegen die Generalbundesanwaltschaft (GBA) und das Bundeskriminalamt (BKA) scharf, weil trotz schwerwiegender Verdachtsmomente nicht mit dem nötigen Nachdruck recherchiert worden sei. Auch CDU-Obfrau Kristina Köhler zeigte sich verwundert, dass trotz der politischen Brisanz dieses Falls naheliegende Ermittlungsansätze nicht genutzt worden seien. Auf Nachfrage von SPD-Obmann Michael Hartmann erklärte Dietrich, es habe keine politische Weisung gegeben, sich gegenüber der US-Armee zurückzuhalten.
Der Bundesanwalt erläuterte, Vernehmungen des Anzeigenerstatters und von zwei Frauen, die mit Soldaten des Gefängnisses in Kontakt standen, sowie offizielle US-Stellungnahmen hätten keine Hinweise erbracht, dass der eigentliche Belastungszeuge überhaupt existiert. Diesen Mann habe der Anzeigenerstatter auch auf rund 150 Photos von Angehörigen des Wachpersonals nicht erkannt. Aufgrund dieser Ermittlungen habe man weitere Recherchen nicht für notwendig erachtet, so Dietrich. Auf die von der US-Armee angebotene Besichtigung des Gefängnisgeländes habe man ebenfalls verzichtet, da zu diesem Zeitpunkt Spuren von Folter, so sie praktiziert worden sein sollte, ohnehin verwischt worden seien. Die Oppositionsfraktionen und Köhler kritisierten jedoch, dass die GBA und der ermittelnde BKA-Beamte Andrew Mielach weder Mitglieder des Wachpersonals noch den Gefängnisleiter zu den Misshandlungsvorwürfen und zu der eventuellen Existenz des Belastungszeugen persönlich angehört hätten. Auch sei nicht näher geprüft worden, ob sich dieser Mann möglicherweise hinter einem von zwei US-Soldaten mit gleichem Familiennamen, aber anderen Vornamen verbirgt. Mielach erklärte, er habe gegenüber der GBA vorgeschlagen, Gefängnispersonal zu befragen, doch sei dies abgelehnt worden. Im Laufe der Recherchen, so der BKA-Beamte, seien ihm "zumindest leise Zweifel" gekommen, ob 2006 tatsächlich Folterungen stattgefunden haben, "doch will ich mich nicht abschließend festlegen."
Für Kontroversen sorgte auch die von der GBA im Zuge der 2006 laufenden Ermittlungen getroffene Entscheidung, einen mysteriösen Vorfall nicht näher zu untersuchen, der sich mehrere Jahre zuvor nach der Wahrnehmung eines Mannheimer Bürgers auf dem Gefängnisareal abgespielt haben soll. Der Zeuge sagte vor dem Ausschuss, 2002 oder 2003 habe er dort an einem Vormittag drei dunkelhäutige Männer in orangefarbenen Overalls beobachtet, bei denen es sich nicht um US-Häftlinge gehandelt habe. Die Betreffenden, von denen einer einen Vollbart getragen habe, seien an den Füßen extrem eng verkettet gewesen und von mit Gewehren bewaffneten Soldaten "auf entwürdigende Weise" über das Gelände geführt worden: "Das sah aus wie in Guantanamo." Die GBA, so Dietrich, habe in diesem Verdachtsfall keinen Anlass für Nachforschungen in ihrer Zuständigkeit erkennen können. Selbst wenn ein Verstoß gegen das Truppenstatut vorgelegen haben sollte, sehe er darin keine Straftat.
Diese Thesen stießen bei der Opposition auf entschiedenen Widerspruch, aus deren Sicht beim Verdacht auf Inhaftierung von Zivilisten in einem hiesigen US-Militärgefängnis Ermittlungen hätten aufgenommen werden müssen - zumal allein schon die orangefarbenen Overalls im Zusammenhang mit Guantanamo ein Anlass für Recherchen gewesen seien. Dietrich konterte, auch die Frankfurter Müllabfuhr trage Berufskleidung in dieser Farbe. SPD-Obmann Hartmann erklärte, die Kommandeure von US-Militärgefängnissen könnten Häftlingen Kleider in bestimmten Farben verordnen, bei Schwerstverbrechern sei dies Orange.
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