So regte sich die Opposition geschlossen über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung auf, mit dem eine Kürzung der Bezüge der rund 20 Millionen Rentner in diesem Jahr ausgeschlossen werden soll. "Hier soll den Rentnern ein X für ein U vorgemacht werden", sagte FDP-Sozialexperte Heinrich Kolb. Die Lohnentwicklung, an die sich die Rente anlehne, werde 2006 nicht negativ verlaufen, eine Rentenkürzung werde es ohnehin nicht geben. Der Regierung gehe es lediglich darum, die dritte Nullrunde in Folge noch "als Wohltat" darzustellen. Der Linksparlamentarier Klaus Ernst sprach von einem "Etikettenschwindel". Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, fügte hinzu: "Stell Dir vor, die Regierung macht ein Gesetz, und keiner braucht's." Statt wie von der Opposition gefordert den Entwurf zurückzuziehen, verabschiedete ihn das Parlament mit den Stimmen der Koalition. Deren Hauptargument lautete, um Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik zu schaffen, sei der frühzeitige Ausschluss einer Rentenkürzung wichtig gewesen.
Bundessozialminister Franz Müntefering (SPD) hielt in der Debatte zwei konkrete Ankündigungen bereit: Erstens sollen so genannte Ein-Euro-Jobs von Arbeitslosengeld-II-Empfängern künftig nicht mehr in die Berechnung der Lohnentwicklung einbezogen werden, weil sie die Rentenberechnung verzerrten. Dies hatte auch Die Linke in einem Antrag gefordert, der allerdings von der Mehrheit des Hauses abgelehnt wurde. Zweitens soll für geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH nach Worten Münteferings auch künftig keine Rentenversicherungspflicht bestehen. Auf die Betroffenen würden ohne eine rechtliche Klarstellung nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. November 2005 erhebliche Nachzahlungen zukommen. Die FDP-Fraktion hat zu diesem Thema einen Antrag vorgelegt, den der Bundestag in den Fachausschuss überwies.
Mit den Stimmen von Union und SPD beschloss der Bundestag darüber hinaus einen Entschließungsantrag zu dem EU-Richtlinienvorschlag, der die Mitnahme von Betriebsrentenanwartschaften bei einem Wechsel zu einem Arbeitgeber in einem anderen EU-Staat erleichtern soll. Grundsätzlich begrüßt die Koalition zwar das Anliegen, bemängelt aber, dass nationale Besonderheiten nicht ausreichend berücksichtigt würden. So sei zu befürchten, dass sich die Arbeitgeber zunehmend aus der betrieblichen Altersversorgung zurückziehen. Die Opposition lehnte den Antrag ab.
A propos betriebliche Altersversorgung. Die gewinnt laut Müntefering ähnlich an Fahrt wie die Riesterrente: 15,7 Millionen Beschäftigte sparen inzwischen mit Unterstützung ihres Arbeitgebers fürs Alter und 5,63 Millionen Menschen "riestern". Dass zusätzliche Vorsorge fürs Alter notwendig ist, scheint also bei vielen Bürgern angekommen zu sein. Das ist auch dringend notwendig, wie ein Blick in den Rentenversicherungsbericht zeigt. Danach wird das Rentenniveau von rund 53 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens vor Steuern im Jahr 2005 auf 46,3 Prozent im Jahr 2019 sinken. Die FDP kritisierte, dass selbst die Annahmen für diese Prognose viel zu optimistisch seien.
Laut Alterssicherungsbericht erwägt die Regierung, die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Entgeldumwandlung nicht über 2008 hinaus zu verlängern. Beides hat maßgeblich zum Boom bei der betrieblichen Altersversorgung beigetragen. Begündet werden die Überlegungen mit einer zu erwartenden "deutlichen Erosion auf der Einnahmeseite der Sozialversicherung mit Druck auf die Beitragssätze".