Die Erleichterung war Petra Pau deutlich anzusehen, als Bundestagspräsident Norbert Lammert das Wahlergebnis verkündete: 385 Abgeordnete hatten am 7. April für die 42-Jährige gestimmt. Damit ist sie neue Bundestagsvizepräsidentin und besetzt künftig den seit mehreren Monaten leeren Stuhl der Linkspartei im Präsidium des Deutschen Bundestages. 138 Abgeordnete stimmten gegen Pau, 58 enthielten sich.
Im schwarzen Nadelstreifenanzug und mit blassem Gesicht hatte eine sichtbar angespannte Petra Pau auf das Abstimmungsergebnis gewartet. Kaum war die Entscheidung gefallen, wurde sie von den Kollegen ihrer Fraktion umringt. Lothar Bisky war einer der ers-ten Gratulanten: Er umarmte die neue Vizepräsidentin gleich minutenlang. Auch er sichtlich erleichtert - war der Vorsitzende der Linkspartei doch im Oktober 2005 mit seiner Kandidatur für das Vizepräsidentenamt in vier Wahlgängen gescheitert. Noch beim letzten Wahlgang hatten ihm die Abgeordneten die (dann nur noch nötige) einfache Mehrheit versagt - ein in der Geschichte des Deutschen Bundestages bislang einmaliger Vorfall. Daraufhin hatte es die Linkspartei zunächst abgelehnt, einen neuen Kandidaten aufzustellen.
Auch Petra Pau rang lange mit sich, bevor sie sich aufstellen ließ. Dass viele Abgeordnete ihre Ablehnung Biskys mit dessen früheren Stasi-Kontakten und der Tatsache begründeten, ein Parteivorsitzender sei als Bundestagsvizepräsident nicht geeignet, lässt sie nicht gelten: "Dieses Ergebnis war nicht nur ein Affront gegen Lothar Bisky, es war auch ein Affront gegen die vier Millionen Wähler der Linkspartei. Es hätte genügend Gründe dafür gegeben, das Amt daraufhin unbesetzt zu lassen." Die Fraktion habe sich nach langen Gesprächen jedoch entschlossen, sich nicht "in die Schmollecke" zurückzuziehen. Allerdings wollte man eine erneute Beschädigung eines Kandidaten unbedingt vermeiden: Vor der Wahl hatte Pau mehrfach angekündigt, sie werde sich nur ein einziges Mal zur Abstimmung stellen - würde sie dann nicht gewählt, "wäre es eine große Enttäuschung".
Im neuen Amt will Petra Pau sich insbesondere für Demokratie und Bürgerrechte einsetzen. Obwohl sie keine unpolitische Vizepräsidentin sein wolle, werde sie sich bemühen, die Sitzungen neutral zu leiten. Ein Anliegen ist der Berlinerin die Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit: "Natürlich habe ich eine DDR-Biografie, ich war in Ostberlin Lehrerin und Pionierleiterin. Ich wehre mich dagegen, dass man mir abspricht, dass ich gerade aus meiner Vergangenheit die Motivation für meinen heutigen Einsatz für eine demokratische Gesellschaft ziehe und mir unterstellt, das ginge nicht."
Petra Pau, am 3. August 1963 geboren, wurde im Jahr 1983 Mitglied der SED, aus der später die PDS beziehungsweise die Linkspartei.PDS hervorging. Bis 1985 arbeitete sie als Lehrerin und studierte dann an der SED-Parteihochschule. Pau ist seit 1998 Bundestagsabgeordnete und war von 2000 bis 2002 stellvertretende Vorsitzende der PDS-Fraktion.
In dieser Legislaturperiode ist sie Mitglied des Innenauschusses und Leiterin des Arbeitskreises "BürgerInnenrechte und Demokratie". Vor dem neuen Amt hat Petra Pau keine Angst: "Wer Parteitage der Linkspartei leiten kann, der kann auch eine Bundestagssitzung leiten."