*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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4.4          Handlungsempfehlungen

Empfehlung 4-1    Weiterbildung22, 23

Es wird empfohlen, die Anstrengungen im Bereich der Bildungs- und Qualifizierungspolitik, der eine Schlüsselfunktion als Antwort auf die Globalisierung zukommt, zu verstärken. Bildung und Qualifizierung beeinflussen nicht nur die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft und das Wirtschaftswachstum, sondern auch die Fähigkeit der Beschäftigten, dem Innovations- und Flexibilisierungsdruck standzuhalten. Nur breite Qualifizierung kann das Abgleiten in eine gespaltene Gesellschaft mit krassen sozialen Unterschieden, hoher Arbeitslosigkeit, verbreiteter Armut, Marginalisierung und vielfach prekären Lebensbedingungen verhindern. Dazu gehört auch, Frauen und Männern den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben nach einer Inanspruchnahme von Elternzeit zu erleichtern.

Die Bildungs- und Qualifizierungspolitik kann u.a. mit folgenden Instrumenten gefördert werden:

Investive Arbeitszeitpolitik: Es wird empfohlen, freies Arbeitszeitvolumen verstärkt für Qualifizierung zu nutzen („investive Arbeitszeitpolitik“). Ein wichtiger Schritt ist dabei die Verankerung des Instruments Jobrotation im Arbeitsförderungsrecht (SGB III) mit Inkrafttreten des Job-AQTIV-Gesetz zum 1. Januar 2002. Der Arbeitgeber, der einem Stammarbeitnehmer die Teilnahme an einer längeren Weiterbildungsmaßnahme ermöglicht, erhält für die befristete sozialversicherungspflichtige Einstellung eines Arbeitslosen als Vertreter des Stammarbeitnehmers von der Bundesanstalt für Arbeit einen Zuschuss zu dessen Lohnkosten. Betriebe können ihre Beschäftigten auf diese Weise für die Weiterbildung freistellen, ohne Personalengpässe befürchten zu müssen. Der Vertreter kann sich im Rahmen der praktischen Tätigkeit ebenfalls weiterbilden und seine Kompetenzen und damit seine Produktivität erhöhen. Jobrotation ist eine sinnvolle Verknüpfung der Bildungspolitik mit der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik.

Zertifizierungssysteme und Weiterbildungsplan: Da Personen ohne formale Qualifikation gleichwohl häufig über erhebliche Qualifikationen verfügen, die jedoch nicht formal testiert sind, können Zertifizierungssysteme ihre Chancen am Arbeitsmarkt verbessern. Auch Unternehmen können über solche Zertifizierungssysteme zusätzlich dazu motiviert werden, für die Weiterbildung ihrer Belegschaften in ausreichendem Maße zu sorgen. Aus diesen Gründen könnte ergänzend ein Weiterbildungsplan analog zum Geschäftsplan eingeführt werden, der für einen mittelfris­ tigen Zeitraum, etwa fünf Jahre, den Bedarf an Qualifikationen im Unternehmen abschätzt.

Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt und Ausbau von Beratungssystemen: Es wird empfohlen, die Transparenz auf dem Weiterbildungsmarkt zu erhöhen. Die Lehrangebote sollen ständig evaluiert und in Übersichten zusammengestellt werden. Nur dann ist gewährleistet, dass Unternehmen als auch einzelne Nachfrager abschätzen können, welchen Wert die jeweiligen Weiterbildungsangebote haben. Bei der Programmgestaltung sollen die Kursteilnehmer und -teilnehmerinnen beteiligt werden. Wegen der hohen sozialpolitischen Relevanz, die Weiterbildung in der Zukunft haben wird, sollten Beratungssys­ teme aufgebaut werden, die zum Beispiel von den Arbeitsämtern bereitgestellt werden können.

Weiterbildung im Bereich der neuen Medien: Die Chancen der neuen Medien müssen konsequent für den Weiterbildungsmarkt genutzt werden. Der Staat soll Weiterbildungsträger, wie etwa die Universitäten, bei dem Aufbau entsprechender Bildungseinheiten fördern.

Förderung von geeigneten Finanzierungsmodellen: Es werden geeignete Finanzierungsmodelle befürwortet (z. B. Bildungsgutscheine oder staatlich gefördertes Bildungssparen24), die Belastungen, die auf einzelne Arbeitnehmer als Nachfrager zukommen, verringern helfen. Grundsätzlich soll die Finanzierungsverantwortung für die Weiterbildung bei den Tarifparteien bleiben.

Regionale Netzwerke für Weiterbildung: Es sollten regionale Netzwerke für Weiterbildung geschaffen werden, um Kooperationen und Synergien besser nutzen zu können und um zu verhindern, dass sich einzelne Arbeitnehmer in einem „anonymen Massenmarkt“ orientieren müssen.

Innovative Qualifizierungsmodelle: Nachahmenswert sind auch Modelle, bei denen Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung flexible Arbeitszeitregelungen und Qualifikationsangebote einbeziehen.

Rahmengesetz für Weiterbildung: Durch die sich schneller verändernden Anforderungen im Berufsleben steigt die Notwendigkeit eines lebensbegleitenden Lernens und damit die Bedeutung der Weiterbildung innerhalb der Bildungspolitik. Deshalb sollte die Weiterbildung durch ein Bundes-Rahmengesetz nach dem Vorbild der allgemeinen Grundsätze für das Hochschulwesen von 1969 geregelt werden, um ihrer gestiegenen Bedeutung Rechnung zu    tragen. Ziel dieses Rahmengesetz ist es, eine systematische Strukturierung der Weiterbildung hinsichtlich der öffentlichen Verantwortung, der Organisation, des Zugangs, der Finanzierung, der Qualitätssicherung und der einheitlichen Zertifizierung von Abschlüssen sicherzustellen.

Gesetzlicher Anspruch auf Weiterbildung für Geringqualifizierte: Aufgrund des öffentlichen Interesses an der Weiterbildung sollten die dafür nötigen finanziellen Mittel der Bundesanstalt für Arbeit zusätzlich zur Verfügung gestellt und nicht durch Umschichtungen des bestehenden Etats aufgebracht werden.

Ausbildungsumlage für Unternehmen: Für den Fall, dass auf freiwilliger und tariflicher Ebene kein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zur Verfügung gestellt wird, wird empfohlen, die Unternehmen stärker in die Finanzierung eines qualitativ ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen einzubinden, indem sie zu einer Ausbildungsumlage, die auf der Grundlage der Bruttowertschöpfung berechnet wird, verpflichtet werden.

Empfehlung 4-2    Aktive Arbeitsmarktpolitik

Die aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesanstalt für Arbeit ist mehr als bisher an dem Ziel auszurichten, Arbeitssuchende in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Einstweilen ist die Puffer- und Auffangfunktion der herkömmlichen Arbeitsmarktpolitik noch in einem bestimmten, wenn auch schrittweise zu vermindernden Umfang notwendig. Denn solange noch ein erhebliches gesamtwirtschaftliches Defizit bei der Nachfrage nach Arbeitskräften fortbesteht, wäre die Annahme unrealis­ tisch, hinreichende Flexibilität des privatwirtschaftlich verfassten Arbeitsmarktes genüge, um das gesamte Arbeitskräftepotenzial zu absorbieren. Für eine längere Übergangszeit kann demnach auf öffentlich geförderte Arbeit noch nicht verzichtet werden. Das gilt vor allem für die neuen Bundesländer. Ebenso wenig kann die Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik wachstums- und beschäftigungsorientierte makroökonomische Stabilisierungspolitik ersetzen. Im Gegenteil, die angestrebte Integration der Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt ist nur bei allgemeinem Wachstum und breitem Beschäftigungsaufbau möglich; erst unter dieser Bedingung kann dann die Reform der Arbeitsmarktpolitik Früchte tragen.

Die aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesanstalt für Arbeit kann u.a. mit den folgenden Instrumenten unterstützt werden:

Verbesserung der Arbeitsvermittlung: Die Verbesserung der Arbeitsvermittlung ist durch eine Meldepflicht bezüglich der offenen Stellen, eine Umverteilung der personellen Ressourcen innerhalb der Bundesanstalt für Arbeit zu Gunsten der Vermittlung und einer Optimierung der Arbeitsabläufe bei der Vermittlung zu erreichen. Außerdem müssen sich die Vermittlungsbemühungen an einer vorausschauenden Risikoabschätzung (nicht erst nach Maßgabe der Dauer der Arbeitslosigkeit) orientieren, ohne Zeitverzögerung sofort bei Erhalt der Kündigung beginnen und individuell zugeschnitten sein. Dies kann unter Einbeziehung spezialisierter und professioneller privater Vermittlungsdienste geschehen. Die Zulassung und die Tätigkeit von Privatvermittlern sollte aber weiterhin öffentlich kontrolliert werden, damit eine Durchsetzung von Qualitätsstandards möglichst gut gesichert und ein Missbrauch minimiert wird.

Nutzung des Instrumentariums der Zeitarbeit für eine verbesserte Arbeitsvermittlung: Es wird die erweiterte Nutzung des Instrumentariums der Zeitarbeit unter folgenden Voraussetzungen empfohlen: Zeitarbeit bedarf nach wie vor einer speziellen gesetzlichen Regelung, die sicherstellt, dass sie nicht dafür missbraucht wird, den Kündigungsschutz zu unterlaufen, den unbefristeten Arbeitsvertrag als Regelfall zu umgehen und die Tarifverträge in den Entleihbetrieben auszuhöhlen. Für die Zeitarbeit müssen auf breiter Front Tarifverträge abgeschlossen werden. Wo keine Tarifverträge für die Arbeitnehmerüberlassung zu Stande kommen, muss ein gesetzliches Gleichbehandlungsgebot dafür sorgen, dass Zeitarbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden als die Stammarbeitnehmer im Entleihbetrieb. Die Kontrolle der Zeitarbeit muss verbessert und Verstöße gegen gesetzliche Regelungen müssen strenger geahndet werden. Dabei muss auch die Zusammenarbeit der Behörden bei grenzüberschreitendem Verleih verbessert werden. Es wird ferner empfohlen, die Beschäftigungswirkungen von Zeitarbeit in Deutschland und im internationalen Vergleich zu evaluieren.

Vorrang für Ausbildung und berufliche Weiterbildung: Es wird der Vorrang für Ausbildung und berufliche Weiterbildung unter den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen befürwortet. Die bisherigen Instrumente müssen verbessert werden. Notwendig sind eine genauere Differenzierung nach Zielgruppen, die Einbeziehung Qualifizierung in die Betriebe und die unverminderte Weiterführung der Vermittlungsbemühungen auch während der Qualifizierungsmaßnahmen. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden dann befürwortet, wenn andere Instrumente nicht greifen. Sie sollten nach Möglichkeit mit Qualifizierung verbunden werden. Vermittlungsbemühungen sollten während der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unvermindert fortgesetzt werden.

Existenzgründungen: Es wird empfohlen, in der Arbeitsmarktpolitik ein größeres Gewicht auf Hilfen zur Exis­ tenzgründung zu legen sowie die Rahmenbedingungen für Genossenschaften zu verbessern.

Organisation der Arbeitsverwaltung: Es wird eine grundlegende Verbesserung der Organisation der Arbeitsverwaltung befürwortet. Diese umfasst eine weitere Dezentralisierung, die Verbesserung der Erfolgskontrollen, den Kauf spezialisierter Dienstleistungen auf dem Markt und eine bessere Koordination mit der Sozialhilfe und den Kommunen.

   Empfehlung 4-3    Arbeitszeitpolitik25, 26

Es wird empfohlen, sich für Arbeitszeitverkürzungen in den verschiedensten Formen einzusetzen. Dabei kommt einer individuell differenzierten und freiwilligen Arbeitszeitverkürzung eine besondere Bedeutung zu. Zum einen muss die Arbeitszeit wegen der steigenden Anforderungen an Innovationstempo und Reaktionsgeschwindigkeit flexibler werden. Dies gilt zumindest für die der Globalisierung ausgesetzten und wettbewerbs- und modernisierungsintensiven Bereiche der Wirtschaft. Zum anderen ist im Hinblick auf das für mindestens ein Jahrzehnt bestehende gesamtwirtschaftliche Arbeitsplatzdefizit bzw.  den Arbeitskräfteüberschuss Umverteilung von Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung notwendig. Flexibilisierung und Verkürzung der Arbeitszeit sind also miteinander zu verknüpfen. Daher sind individuell differenzierte und freiwillige Lösungen den obligatorischen und flächendeckenden Formen von Arbeitszeitverkürzung vorzuziehen. Dies muss allerdings innerhalb eines gesetzlichen oder tarifvertraglichen Ordnungsrahmens geschehen. Insofern bedarf es eines kooperativen Zusammenwirkens von Staat, Tarif- und Betriebsparteien. Der Vorrang für individuell differenzierte und freiwillige Arbeitszeitverkürzung entspricht auch den bisherigen Erfahrungen. Die Lage in den einzelnen Branchen und Betrieben und bei verschiedenen Berufs- und Qualifikationsgruppen ist außerordentlich unterschiedlich, so dass Arbeitszeitverkürzungen in der Form von schematischer und flächendeckender Rationierung der Arbeitskraft nicht sinnvoll sind. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Arbeitszeit dort verkürzt wird, wo passend qualifizierte Arbeitskräfte knapp sind oder Innovationsprozesse verzögert würden bzw. dass Arbeitszeitverkürzung keine Wirkung zeigt. Mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten bedeutet einen Zugewinn an Lebensqualität und erleichtert zudem eine gerechtere Verteilung von unbezahlter (Familien-) Arbeit zwischen Männern und Frauen.

Insbesondere sind folgende Instrumente geeignet, um weitere Arbeitszeitverkürzungen zu ermöglichen:

Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung: Der Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung wird begrüßt, wobei auch der Anspruch auf eine Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung zu prüfen wäre. Mit der jüngsten Rentenreform ist bereits die Höherbewertung von Pflichtbeiträgen während der Erziehung von Kindern unter 10 Jahren eingeführt worden, wodurch Rentennachteile aus Teilzeitarbeit weitgehend ausgeglichen werden.

Finanzielle Förderung des Überganges von Voll- auf Teilzeitbeschäftigung bei Wiederbesetzung durch gemeldete Arbeitslose: Es wird eine finanzielle Förderung des Überganges von Voll- auf Teilzeitbeschäftigung empfohlen, aber nur bei Wiederbesetzung durch gemeldete Arbeitslose (Teilzeitbeihilfe der Bundesanstalt für Arbeit); dies kommt aber nur als vorübergehende Maßnahme zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit in Betracht.

Eingeschränkte Förderung von Langfrist-Arbeitszeitkonten: Langfrist-Arbeitszeitkonten, die im Extremfall bis zu Lebensarbeitszeitkonten reichen können, sind im Grundsatz am besten geeignet, Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung zu verbinden. Allerdings besteht die Gefahr, dass kurz- und möglicherweise auch mittelfristig, also in der Phase noch hoher Arbeitslosigkeit, die effektive Arbeitszeit verlängert und das am Markt angebotene Arbeitsvolumen weiter erhöht wird und damit die Ausgrenzung eines Teils der Erwerbsfähigen eher noch verschärft wird. In den Jahren nach 2010, also bei demografisch bedingter Abnahme von angebotener Arbeitskraft könnten sich in den Vorjahren angesammelte Arbeitszeitguthaben in großem Stil sogar negativ auswirken, weil sie zu einer zusätzlichen Verknappung des Faktors Arbeit führen könnten. Um solche kontraproduktiven Effekte zu vermeiden, ist es notwendig, dass die Gesamtarbeitszeit, also das gesamte Arbeitsvolumen, das innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens flexibel verteilt wird, bei Einführung der Langfrist-Arbeitszeitkonten nicht verlängert, sondern verkürzt wird. Die Arbeitnehmer und ggf. ihre gewählten Vertreter sind angemessen zu beteiligen. Erforderlich ist zudem, dass die höchstzulässige Jahresarbeitszeit im Zusammenhang mit der Arbeitszeitflexibilisierung nicht weiter ausgedehnt wird und dass Arbeitszeitkonten keinesfalls ohne Vergütung verfallen.

Abbau von Überstunden: Überstundenabbau kann im Prinzip zur Verringerung von Arbeitslosigkeit beitragen, sofern qualifiziertes Personal für Neueinstellungen zur Verfügung steht. Die Differenz zwischen gesetzlich möglicher wöchentlicher und tariflich vereinbarter Arbeitszeit sollte auf jeden Fall nachhaltig verringert werden, um kürzere Arbeitszeiten zu erreichen. Denkbar wäre auch die gesetzliche oder tarifvertragliche Begrenzung der Jahresarbeitszeit.27

Empfehlung 4-4    Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit28

Es wird empfohlen, die Frauenerwerbstätigkeit zu steigern. Deutschland hat eine vergleichsweise niedrige Frauenerwerbsquote. Damit wird das einheimische Arbeitskräftepotenzial nur unterdurchschnittlich entwickelt und produktiv eingesetzt. Vor allem langfristig und im Hinblick auf die demografische Entwicklung ist dieses Defizit eine ernst zu nehmende Schwachstelle, weil sie den Mangel an qualifizierten Fachkräften verstärkt. Die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit ist demnach nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch im Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich von Bedeutung. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert nicht nur    die Erwerbstätigkeit der Frauen, sondern schafft zusätzliche Arbeitsplätze und steigert nach den bisherigen internationalen Vergleichen auch die Geburtenrate. Von herausragender Bedeutung ist zudem, dass ein flexibles Angebot an entsprechenden Kinderbetreuungseinrichtungen bereit gestellt wird.

Um eine Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit zu erreichen, werden u.a. folgende Instrumente empfohlen:

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Bei der notwendigen Infrastruktur für außerfamiliäre Erziehungshilfen sind Ganztagsschulen von besonderer Bedeutung, weil sie zugleich nach allgemein sich durchsetzender Einsicht zur Verbesserung des Bildungssystems beitragen.

Ferner werden Maßnahmen im Bereich der  Kinderbetreuung im Vorschulalter empfohlen, u.a. die Einführung von zweckgebundenen Kinderbetreuungsgutscheinen. Diese werden an Eltern ausgegeben und können bei lizensierten Anbietern eingetauscht werden. Es wird ferner empfohlen, Qualitätsmindeststandards bei den Kinderbetreuungseinrichtungen zu überprüfen, u.a. könnten Qualitätsgütesiegel für Kindertagesstätten eingeführt  werden.

Änderung des familienpolitischen Leitbilds bei außerfamiliären Erziehungshilfen: Neben der Bereitstellung externer Erziehungshilfen sollen aber auch Hilfen für den vorübergehenden Verzicht auf Erwerbstätigkeit fortgesetzt werden. Allerdings sollte dabei nicht mehr das inzwischen vorherrschend gewordene 3-Phasen-Modell der weiblichen Berufsbiografie (Vollerwerbstätigkeit vor der Kinderphase – längere Erziehungspause – Teilzeitbeschäftigung) als Orientierung dienen. Der Mangel dieses Modells besteht darin, dass die zu langen Erziehungsphasen den späteren beruflichen Wiedereinstieg erheblich erschweren und dass es geschlechtsspezifisch wirkt, d.h. die berufliche Benachteiligung der Frauen gegenüber den Männern, wenn auch in abgeschwächter Form, fortsetzt. Demgegenüber sollten die öffentlich geförderten Erziehungsphasen bewusst kurz gehalten und nicht über den heutigen Rahmen hinaus ausgedehnt werden; die Verbesserung der Leistungen und Konditionen sollte eindeutig Vorrang vor der Ausdehnung der Förderungszeit haben. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Inanspruchnahme zwischen Müttern und Vätern geteilt wird.

Rückführung des Ehegattensplittings: Schließlich müssen kontraproduktive steuer- und sozialrechtliche Begüns­ tigungen für kinderlose Alleinverdienerehen zurückgeführt werden. Dazu gehört vor allem das Splitting im Einkommenssteuerrecht.



22 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der CDU/ CSU-Fraktion in Kapitel 11.1.7.3.

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23 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der PDSFraktion in Kapitel 11.3.5.

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24 Bildungssparen ist – ähnlich dem Bausparen – eine Form des individuellen und längerfristigen Geldansparens, um mit den von einer Institution geförderten Spareinlagen Ausbildungs-, Weiterbildungsoder Umschulungskosten begleichen zu können.

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25 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der CDU/CSU-Fraktion in Kapitel 11.1.7.3.

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26 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der PDSFraktion in Kapitel 11.3.5.

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27 Z. B. eine Begrenzung der Jahresarbeitszeit auf 1 840 Stunden im Jahr (52 Wochen pro Jahr minus 6 Urlaubswochen multipliziert mit 40 Wochenstunden = 46x40 = 1 840 Stunden im Jahr) mit der Möglichkeit, diese Grenze durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages auf bis zu 46x50 = 2 300 Stunden zu überschreiten, wenn die Mehrarbeit durch Freizeit ausgeglichen wird.

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28 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der CDU/CSU-Fraktion in Kapitel 11.1.7.3.

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