*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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4.8.2 Handlungsempfehlungen zur Europäischen Steuerpolitik43, 44

Zwar kann fiskalischer und steuerlicher Wettbewerb durchaus eine wichtige Korrektur- und Entdeckungsfunktion haben, jedoch ist dieser durch Harmonisierung in Form von Mindest-Regulierungen in geordnete Bahnen zu lenken. Dies sollte zunächst innerhalb der EU erfolgen. Ergänzende Übereinkommen sind aber auch zwischen den OECD-Ländern oder sogar weltweit unter dem Dach der WTO oder der UN wünschenswert. Dabei scheint insbesondere in den letzten Jahren die Bereitschaft gewachsen    zu sein, gemeinsame Maßnahmen gegen die Steuerarbitrage der Unternehmen und „unfaire“ Steuerpraktiken einzelner Staaten zu ergreifen. Bedenklich am internationalen Steuerwettbewerb ist gleichzeitig jedoch vor allem die Zunahme von Steuerbefreiungen oder -vergünstigungen, mit denen gezielt Finanzkapital und Finanzierungsdienstleistungen sowie einkommens- und vermögensstarke Haushalte angelockt werden. Diese Entwicklungen tragen deutliche Zeichen einer „beggar-my-neigbour-policy“, da sich die einzelnen Länder nur gegenseitig steuerliche Bemessungsgrundlagen abgraben, ohne dass damit echte realwirtschaftliche Wohlfahrtssteigerungen verbunden sind.

Empfehlung 4-11 Stärkere Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen der Unternehmensbesteuerung

Es wird empfohlen, innerhalb der EU die Bemessungsgrundlagen der Unternehmensbesteuerung stärker zu harmonisieren. Dies würde die Transparenz für Steuerbelastung erhöhen und die Möglichkeiten einschränken, Steuern z.B. durch Verrechnungspreise zu gestalten und „unfairen“ Steuerwettbewerb durch spezifische Vergünstigungen zu betreiben. Besteuerungsautonomie und „fairer“ Steuerwettbewerb könnten weiterhin über die Steuersätze gewährleistet werden; eventuell müssten Mindeststeuersätze eingezogen werden.

Empfehlung 4-12 Verbesserte Koordinierung der steuerlichen Behandlung grenz-überschreitender Geschäfts­ beziehungen von multinationalen Unternehmen

Es wird empfohlen, die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen von multinationalen Unternehmen besser zu koordinieren. Dies betrifft Regelungen zu Transfer-Preisen, Finanzierungsbeziehungen, der Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter, der Aufteilung von Betriebsausgaben und Gewinnen sowie Verlustausgleich. Hier sollten möglichst einheitliche Anwendungsgrundsätze vereinbart und in die nationale Steuerpraxis umgesetzt werden.

Empfehlung 4-13 Bekämpfung von Standort­ konkurrenz, die mittels Steuerver­ günstigungen und steuerlichen Sonderkonditionen für mobile Unternehmens­ funktionen erfolgt

Des Weiteren wird empfohlen, der Standortkonkurrenz mittels Steuervergünstigungen und steuerlichen Sonderkonditionen für mobile Unternehmensfunktionen (Ka­ pitalanlagen, Holding- und Finanzierungsfunktionen, Lizenzverwaltung, Versicherungsdienstleistungen etc.) konsequent entgegenzuwirken. Inwieweit politische Über­ einkommen innerhalb von EU und OECD im Sinne von Verhaltenskodizes hierfür ausreichen, muss die politische Praxis zeigen.

Empfehlung 4-14 Anpassung der Doppel­ besteuerungs­ abkommen an veränderte Gegebenheiten und Subventionskontrolle

Es wird empfohlen, die Doppelbesteuerungsabkommen an die veränderten Gegebenheiten anzupassen. Zu verschärfen wären Missbrauchsvorschriften, etwa durch konsequente Anwendung von Aktivitätsklauseln und Regelungen gegen „treaty shopping“; ferner sollten Amtshilfe und Auskunftsverkehr über die Grenzen hinweg verbessert werden („große Auskunftsklauseln“). Vorstellbar wäre auch ein multilaterales Doppelbesteuerungsabkommen für die EU, das die bestehenden über hundert bilateralen Abkommen zwischen den 15 Mitgliedsländern ersetzen könnte.

Schwerer zu beurteilen sind die Steuervergünstigungen, die neben direkten Subventionen im Rahmen der regionalen Gebietsförderung gewährt werden. Zwar kann es den einzelnen Ländern und deren regionalen Gebietskörperschaften nicht verwehrt werden, die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Regionen zu stabilisieren. Die Gefahr von Subventionswettbewerben liegt aber auf der Hand. Ohnehin ist die Besteuerung nur ein Instrument im fiskalischen Wettbewerb, daneben werden Investoren bevorzugt mit öffentlichen Gütern oder Subventionen versorgt. Dies spricht für eine umfassende Subventionskontrolle, die präferenzielle Behandlungen jeder Art erfasst, regelmäßige Programmevaluierungen vornimmt und die Gewährung zeitlich befristet; dies gibt es auf EU-Ebene im Rahmen des Beihilferechts bereits in Ansätzen.



43 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der CDU/CSU-Fraktion in Kapitel 11.1.7.3.
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44 Vgl. hierzu auch das abweichende Minderheitenvotum von der PDSFraktion in Kapitel 11.3.5.
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