Tom Rolff
Längere Speicherzeit für Daten
Europaparlament verabschiedet Richtlinie zur
Terrorbekämpfung
Für den britischen Innenminister Charles Clarke ist sie das
wichtigste Projekt seiner Präsidentschaft: die Speicherung von
Internet- und Telefondaten. Vor allem seit den Anschlägen in
der Londoner U-Bahn im Juli drängte die britische Regierung
auf mehr europäische Zusammenarbeit bei der
Terrorbekämpfung. Zunächst machte sich das EU-Parlament
Sorgen um den Datenschutz. Doch am Dienstag, den 14. Dezember,
stimmte in Straßburg eine große Koalition aus Sozialisten
und Konservativen für den Vorschlag. Damit ist das
Gesetzesverfahren in Rekordzeit abgeschlossen worden.
Bislang entscheiden die Mitgliedstaaten noch selber, welche
Vorschriften sie ihren Unternehmen machen. In Deutschland etwa
werden Verbindungsdaten drei Monate aufbewahrt, um etwaige
Reklamationen bei der Rechnung zu belegen. Für eine wirksame
Strafverfolgung müssten nach Meinung der Innenminister die
Datensätze europaweit nach einheitlichen Standards weitaus
länger zurückverfolgt werden können.
Die Mitgliedstaaten müssen nun die Unternehmen anweisen,
Verbindungsdaten über alle Gespräche in den festen und
mobilen Telefonnetzen sowie über E-mail-Kontakte mindestens
sechs Monate und höchstens zwei Jahre aufzubewahren. Ob auch
erfolglose Gesprächsversuche aufgezeichnet werden, entscheidet
jedes Land selbst. Die Kommission wollte die Mitgliedstaaten
verpflichten, den Unternehmen ihren zusätzlichen Aufwand zu
erstatten. Innenminister Schäuble hat bereits mehrmals betont,
für Entschädigungen sehe er keinen Anlass. Wer auf die
Daten zugreifen darf, bleibt ebenfalls weitgehend Sache der
EU-Länder.
Das Europäische Parlament wollte zunächst nur
über eine Speicherfrist von höchstens einem Jahr mit sich
reden lassen. Viele Abgeordnete haben Bedenken, hochsensible
Datenberge anzuhäufen. Das stelle einen Dammbruch zu Lasten
des Datenschutzes dar, sagt die PDS-Abgeordnete Sylvia-Yvonne
Kaufmann. Damit stelle man 460 Millionen Bürgerinnen und
Bürger unter Generalverdacht.
Auch bei den Konservativen und Sozialisten im Europäischen
Parlament zweifeln viele, ob Aufwand und Ertrag bei der
Vorratsdatenspeicherung in einem angemessenen Verhältnis zu
den fraglichen Risiken stehen. Rat und Kommission hätten den
Wert dieser Daten für die Strafverfolgung bislang nicht
zweifelsfrei dargelegt, kritisierte der konservative Abgeordnete
Alexander Stubb aus Finnland: "Ich glaube vor allem, wir jagen hier
nur die dummen Gangster, die nicht verstanden haben, dass sie sich
eine Pre-Paid-Karte kaufen oder über Hotmail ihre
Identität verbergen können."
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