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Daniela Weingärtner
Der Bildschirm bleibt Werbefläche
Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der
Fernsehrichtlinie
Wenn der europaweit bekannte Kommissar Derrick seinen
Assistenten bittet: "Harry hol schon mal den Wagen" ist das
erlaubt. Doch er darf nicht mit der flachen Hand auf den Wagen
schlagen und sagen: "Dieser M6 ist das beste Auto, das ich je
hatte." Eine entsprechende neue Richtlinie für
Mindeststandards bei audiovisuellen Produktionen hat in der
vergangenen Woche die Medienkommissarin Viviane Reding
vorgeschlagen. Sie soll die seit 1989 geltende Fernsehrichtlinie
ersetzen. Rat und Parlament müssen aber noch zustimmen. Die
Novellierung ist aus Sicht der Kommission nötig, da sich die
Medienlandschaft in den vergangenen Jahren stark verändert
hat: Gab es 1989 in der EU 50 Fernsehkanäle, sind heute sind
es bereits 1.500. Hinzu kommen neue Dienste wie Internet und
"Video-on-Demand". Mit den Mindestregeln soll Rechtssicherheit
für Sendungen geschaffen werden, die in einem EU-Land
produziert wurden und in einem anderen Mitgliedsstaat gesendet
werden.
Starke Beachtung finden vor allem in Deutschland die Passagen
zum so genannten Product-Placement, das bislang auf
europäischer Ebene nicht geregelt war. Die Grauzone zwischen
dem schon jetzt in Deutschland erlaubten Sponsoring von Requisiten,
wie zum Beispiel Autos, und der als Schleichwerbung verbotenen
Einflussnahme auf Dialoge ist groß. Für Produktionen aus
dem Ausland gibt es bislang gar keine einheitlichen Mindestregeln.
Kaum ein Zuschauer weiß, dass er bei österreichischen
Tatort-Folgen damit rechnen muss, dass ihm manche Gegenstände
etwas deutlicher als für die Handlung nötig
präsentiert werden, weil die Produktionsfirma dafür
bezahlt wurde. Im Nachbarland ist Product-Placement nämlich
schon jetzt erlaubt. Die EU-Kommission will nicht verbieten, dass
James Bond im BMW durchs deutsche Wohnzimmer fliegt. Doch im
Vorspann soll in Zukunft angekündigt werden, dass der
Münchner Autokonzern dafür bezahlt hat.
Die neue Richtlinie gibt allerdings ohnehin nur einen Rahmen von
Mindestregeln vor, die erfüllt sein müssen, wenn eine
europäische Sendeanstalt oder ein Internet-Provider
audiovisuelle Inhalte verbreitet. Jedes Land kann zusätzlich
für seine eigenen Rundfunkanstalten weitaus strengere Gesetze
erlassen.
Es ist zu erwarten, dass Rat und Parlament an dem
Kommissions-Entwurf noch zahlreiche Änderungen vornehmen
werden. Zum Beispiel ist nicht befriedigend definiert, für
welche Sendearten Product-Placement überhaupt eingeführt
werden soll. Prinzipiell will es die Kommission erlauben - nur
"Sendungen über Gegenwartsgeschehen", also Dokumentationen und
Nachrichten, sollen davon ausgenommen sein. Damit würde zum
Beispiel für Ratgebersendungen eine neue Grauzone
entstehen.
Die SPD-Medienpolitikerin und Europaabgeordnete Karin Junker
äußert sich zu dem neuen Vorschlag skeptisch: "Wie die
heute bestehende Trennung von Werbung und Programm aufrecht
erhalten werden soll, ist mir rätselhaft." Die Kommission
hält dagegen, dass diese Trennung oft ohnehin durchbrochen
ist. Die neue Richtlinie sorge nun wenigstens für
Mindestregeln.
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