Das schlechte Image der Politiker ist oft selbst
verschuldet
Robin Oakley, Europakorrespondent von CNN,
über das News-Geschäft
"Der britische Journalismus geht sehr hart mit
Politikern um", sagt Robin Oakley. Der Brite ist seit über 30
Jahren als politischer Journalist tätig. Viele Zeitungen
würden sich am liebsten auf die persönlichen Verfehlungen
eines Politikers konzentrieren und weniger auf dessen Arbeit.
Das Parlament: Herr Oakley, die
britische Presse hat den Ruf, ziemlich konfrontativ zu sein.
Würden Sie dem zustimmen?
Robin Oakley: Auf jeden Fall. Gerade
in den Printmedien ist der Umgang mit Politikern ziemlich hart.
Britische Berichte sind meist personenbezogen, viele Zeitungen
konzentrieren sich am liebsten auf die persönlichen
Verfehlungen eines Politikers und weniger auf dessen Arbeit. Zum
Teil sind die Politiker aber auch selbst schuld an ihrem schlechten
Image. Vielleicht aus dem Druck heraus, beliebt sein zu wollen,
versprechen sie den Bürgern zu viel, was sie später nicht
halten können - dann ist die Medienschelte umso
größer. Im Fernsehen jedoch halten sich die Angriffe auf
Politiker in Grenzen.
Das Parlament: Auch Sie haben mal als
Printjournalist angefangen, arbeiteten unter anderem bei "The
Times" und "Sunday Express". Waren Sie damals auch so
hart?
Robin Oakley: (Lacht) Sicher in
gewisser Weise, so ist der britische Journalismus eben.
Außerdem glaube ich, dass es in den meisten europäischen
Ländern Zeitungen gibt, die in provokanter Weise über
Politik berichten - besonders natürlich die Boulevardpresse.
Wer sich genauer informieren will, findet auf dem Medienmarkt ja
noch mehr Publikationen und Nachrichtensendungen. Insbesondere das
Internet spielt mittlerweile als Informationsquelle eine
größere Rolle.
Das Parlament: Wie sieht es auf dem
internationalen Fernsehmarkt aus? Ist der Nachrichtenjournalismus
dort sehr unterschiedlich?
Robin Oakley: Wenn wir von
Ländern ausgehen, in denen es eine freie Presse gibt,
funktioniert im Fernsehen Nachrichtenjournalismus sehr
ähnlich. Nur die Perspektive ist unterschiedlich. Als ich noch
bei der BBC war und zum Beispiel über ein EU-Treffen berichten
sollte, war die Frage immer: Wie waren unsere Jungs? Wenn ich heute
für CNN dort hinfahre, kann alles interessant sein, sei es
eine Äußerung von Jacques Chirac, Tony Blair oder von
Angela Merkel.
Das Parlament: CNN ist ein
amerikanisches Unternehmen. Beeinflusst das Ihre Themenauswahl oder
Sichtweise?
Robin Oakley: Nein. Aber es ist
natürlich schon klar, dass wir Europäer einen anderen
Blick auf einige der politischen Entscheidungen haben als die USA.
In Kommentaren für die US-Ausgaben unserer Nachrichten
erkläre ich auch, wie etwa Statements von Außenministerin
Rice bei uns in Europa aufgenommen werden. Und dass uns erst
langsam klar wird, welchen langfristigen Einfluss der 11. September
auf die Psyche der US-Bürger hatte. Schließlich sind wir
Kriege im eigenen Land oder Konflikte mit Terrorgruppen wie der IRA
oder ETA gewöhnt.
Das Parlament: Was macht Ihrer Meinung
nach den guten internationalen Nachrichtenjournalismus
aus?
Robin Oakley: Es sollte über
alles berichtet werden, was die Menschen betrifft. Da CNN weltweit
ausgestrahlt wird, ist es außerdem wichtig, dass die
Nachrichtenbeiträge überall verstanden werden. In unserem
Londoner Newsroom arbeiten Menschen verschiedener
Nationalitäten - sie sind eine sehr gute
Kontrollinstanz.
Das Interview führte Alva Gehrmann
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