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Karl-Otto Sattler
Mehr Rechte für die Kontrolleure?
Bundestag und Geheimdienste
Geheimdienste arbeiten geheim - so muss dies nun mal sein. Doch
es ist zugleich auch die Crux der Dienste, deren Tätigkeit dem
demokratischen Prinzip der Transparenz widerspricht. Zu dieser
Paradoxie gehört, dass auch die Kontrolle der Geheimdienste
geheim ist. Sichtbar wurde diese komplizierte Situation jetzt bei
der Debatte des Bundestags zu den - an sich geheimen, aber doch
publik gewordenen - CIA-Flügen und zum Fall El Masri. Der
Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele ließ sich so
vernehmen: "Leider" dürfe er über seine Arbeit im
Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) "im Plenum nicht
berichten". In wohlabgewogenen, gedrechselten Formulierungen warf
der Grüne gleichwohl öffentlich die Frage auf, ob diese
Kommission in der vergangenen Legislaturperiode möglicherweise
von der Regierung "unvollständig" und "unwahr" über die
El-Masri-Affäre informiert wurde. Der CSU-Abgeordnete
Hans-Peter Uhl konstatierte, die PKG sei zu spät unterrichtet
worden. Angesichts der plötzlich aufbrechenden Debatte
über die PKG mahnte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU)
eilig, dass dieser neu besetzte Ausschuss unbedingt die
Vertraulichkeit wahren müsse, "um die Leistungsfähigkeit
der Dienste nicht zu beschädigen".
Die aktuellen Konflikte lenken den Blick auf eine Institution,
die gemeinhin kaum wahrgenommen wird. Die neun Mitglieder des PKG,
das gelegentlich als "zahnloser Tiger" bezeichnet wird, stecken in
einem Dilemma. Die Kommission ist zu absolutem Stillschweigen
verpflichtet. Aber eben weil die Abgeordneten ihre Erkenntnisse
nicht publik machen dürfen, können sie im Fall des Falles
keinen politischen Druck ausüben. Gerade momentan haben die
Bürger - und vermutlich nicht wenige Parlamentarier - den
Eindruck, genau dann nichts mehr zu erfahren, wenn es richtig
spannend wird.
Als Parlamentarische Kontrollkommission wurde die jetzige PKG
1978 nach dem Abhörskandal um den Atomwissenschaftler Klaus
Traube erstmals gesetzlich verankert. Zuvor hatte es ein
Vertrauensmännergremium gegeben, das 1956 geschaffen worden
war und dessen Arbeit auf informellen Absprachen zwischen Regierung
und Fraktionen beruhte. Heute gilt eine 1999 verabschiedete
Regelung. Das PKG ist für den Verfassungsschutz, den
Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst
zuständig.
Die Regierung ist gehalten, dem Ausschuss "umfassend über
die allgemeine Tätigkeit" der Nachrichtendienste wie auch
über "Vorgänge von besonderer Bedeutung" Auskunft zu
erteilen. Indes gibt es Ausnahmen - etwa "aus zwingenden
Gründen des Nach- richtenzugangs" oder "wenn der Kernbereich
der exekutiven Eigenverantwortung" tangiert wird. Da exis-tiert
also Auslegungsspielraum. Die Regierung muss den Parlamentariern
Akteneinsicht gewähren und Gespräche mit Mitarbeitern der
Geheimdienste ermöglichen. Unter bestimmten Bedingungen kann
das PKG auch einen Sachverständigen mit Untersuchungen im
Einzelfall beauftragen.
Die Tätigkeit des PKG ist so furchtbar geheim, dass
eigentlich nicht einmal etwas über Sitzungstermine nach
außen dringen darf. Er sei "mit der Tarnkappe" zu den Treffen
marschiert, spöttelt der SPD-Abgeordnete Hermann Bachmaier,
ein Ex-Mitglied des Gremiums. Immerhin ist bekannt, dass die Runde
in einem abhörsicheren Kellerraum tagt, nach Recherchen der
"Stuttgarter Zeitung" im Jakob-Kaiser-Haus. In geheime Papiere
vertiefen sich nach diesen Erkenntnissen die neun Politiker in
überwachten Leseräumen bei der Geheimschutzstelle des
Bundestags. Es sei denn, schreibt das Blatt, die Abgeordneten
verfügten über Tresore in ihren Büros.
Das PKG steht nicht gerade im Ruf, besonders effizient zu sein.
Kochen Affären hoch, dann müssen sich seine Mitglieder
zunächst meist auf die Medien stützen, wie Betroffene im
Lauf der Jahre immer wieder klagten. Nicht nur der CSU-Politiker
Uhl wirft die Frage auf, ob dem Ausschuss "mehr
Aufklärungsrechte gegeben werden müssen". Auch der
Ex-Abgeordnete Volker Neumann (SPD), bis vor kurzem Vorsitzender
der PKG, meint, "dass die parlamentarische Aufsicht über die
Dienste nur unzureichend funktioniert". Neumann schlägt vor,
die Kommission solle in bestimmten Fällen nach dem Muster von
Untersuchungsausschüssen Akten anfordern und Zeugen befragen
können. Sachverständige sollten die Arbeit des PKG
kontinuierlich unterstützen. Bachmaier plädiert
dafür, neben diesem Gremium noch einen eigenen
Geheimdienstbeauftragten ähnlich dem Wehrbeauftragten zu
installieren.
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