*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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3.5          Standards und globale Entwicklung53

3.5.1       Handel und Umwelt

3.5.1.1    Problembeschreibung:

Die Dynamik des internationalen Handels wirkt in mehrfacher Hinsicht verstärkend und beschleunigend auf die Übernutzung der Umwelt ein: Durch die weltweite Verallgemeinerung westlicher Konsummuster und die damit verbundene rasante Zunahme industrieller Produktion, die zur Steigerung des Ressourcenverbrauches auf ein nicht nachhaltiges Niveau und zur Ausbreitung von Schadstoff-einträgen führt; durch die zunehmende Industrialisierung und Exportausrichtung der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion und die ökologischen Folgen einer unangepassten Bearbeitung von Böden und Nutzung des Wassers; sowie durch die vom wachsenden Welthandel direkt verursachte immense Steigerung des Verkehrs und die damit verursachten globalen Umweltauswirkungen.

Andererseits führt der internationale Handel auch zu positiven Auswirkungen auf die globale Umwelt: Zum Transfer umweltschonender Technologien in Entwicklungs- und Transformationsländer, zu Effizienzsteigerungen in der Industrie, zur Verbreitung relativ umweltschonender Produkte und auch zur Verbreitung von Wissen und von Informationen über die Folgen von Umweltschäden und Möglichkeiten ihrer Vermeidung.

Aufgrund von Fehlfunktionen des Marktes und Defiziten der Politik spiegeln die derzeitigen Marktpreise in vielen Fällen nicht die realen Knappheitsverhältnisse der gehandelten Güter wider. Hinzu kommt, dass der Transport durch staatliche Infrastrukturmaßnahmen oder Steuerpolitik54 subventioniert wird und somit mehr Güter international gehandelt werden als dies bei voller Anrechnung der gesellschaftlichen Kosten der Fall wäre. Umweltkos­ ten sind nicht voll internalisiert und tauchen z.B. als Kosten im Gesundheitsbereich oder für Altlastensanierung an anderer Stelle wieder auf. Sie werden somit von anderen Akteuren und nicht von den für die externen Kosten verantwortlichen Marktteilnehmern getragen – teilweise erst von späteren Generationen. Wenn die derzeit externalisierten Kosten tatsächlich erfasst und in den Marktpreisen internalisiert würden und keine weiteren Fälle von Marktversagen vorlägen, würde Freihandel zu einer effizienteren Allokation auch des Faktors Umwelt beitragen.55 Solange dies nicht der Fall ist und der liberalisierte Handel auf Basis unvollkommener Marktpreise stattfindet und Umweltkosten nicht berücksichtigt, droht Freihandel die Übernutzung natürlicher Ressourcen und (ökonomische) Ineffizienzen zu verschärfen. Da beides nicht im Interesse des Gemeinwohles ist, bedarf es des regulierenden politischen Eingriffes.

Um die potenziell positiven Wirkungen des Handels und der Handelsliberalisierung auszuschöpfen und gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen, sollten deshalb Umwelterfordernisse verbindlich in die Handelspolitik eingebunden und eine Kohärenz von Handels-, Umwelt- und Entwicklungspolitik hergestellt werden.



53 Vgl. hierzu auch das Minderheitenvotum der PDS-Fraktion in Kapitel 11.3.3.3.

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54 Zur Frage der Kerosinsteuer vgl. Kapitel 7.4.

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55 Die Begrenztheit natürlicher Ressourcen fließt bei Internalisierung externer Kosten dementsprechend als Faktor in die Preise mit ein. Allerdings gibt es immer einen Bereich nicht-substituierbarer Faktoren (wie z. B. Atemluft), der keiner ökonomischen Betrachtung zu unterwerfe ist. Freihandel als optimale Option ist laut Theorie natürlich noch an weitere Bedingungen geknüpft.

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