EU-Verfassung im Europaausschuss erörtert
Europa. Die SPD-Fraktion hat am 16. Juni im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union auf den starken Zuspruch für EU-kritische Kräfte bei der Europawahl hingewiesen. Deshalb wäre ein positives Signal der Einigung auf eine EU-Verfassung angesichts der neuen Zusammensetzung des Straßburger Parlaments besonders wichtig, befand die Fraktion mit Blick auf den Europäischen Rat, der am Wochenende in Brüssel stattfand. Die Abgeordneten sprachen sich dafür aus, in der Frage der Grundrechte-Charta nicht vom Vorschlag des Europäischen Konvents abzuweichen.
Nach Überzeugung der CDU/CSU ist die Bundesregierung in der Frage des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts dem Konvent in den Rücken gefallen. Die Regierung dürfe in diesen Fragen keine Aufweichungen akzeptieren, hieß es. Dennoch habe sich die Exekutive auf weiten Strecken bemüht, das Konventspaket zusammenzuhalten.
Gegen den Willen des Europaausschusses verstoßen hat die Regierung nach Meinung der FDP. Während sich das Gremium dafür ausgesprochen habe, das Konventspaket nicht mehr aufzuschnüren, sei die Exekutive in Fragen des Stabilitäts- und Wachstumspakts von dieser Maxime abgewichen.
Die Fraktion hatte sich im Übrigen dafür ausgesprochen, die Verfassung bald unter Dach und Fach zu bringen. Ein Scheitern der Beratungen wäre ein schlechtes Signal. Für eine bessere Lesbarkeit des Verfassungstextes plädierten die Bündnisgrünen. Die Abgeordneten erkundigten sich nach möglichen Kompromisslinien in der Frage der Grundrechte-Charta sowie nach der Beitrittsperspektive Kroatiens.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) hatte im Ausschuss zuversichtlich über die Erfolgsaussichten geäußert. Fischer sagte, die Mitglieder der EU seien "so nahe dran wie noch nie", sich auf eine Verfassung für die Europäische Union zu einigen.
Der Minister hatte in der Sitzung seinen Eindruck bekräftigt, dass eine "erhebliche Kompromissbereitschaft" vorhanden sei. Diskutiert würden noch die Fassung der Grundrechte-Charta, Einzelheiten des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie die Frage der doppelten Mehrheit bei der Entscheidungsfindung.
"Die Formel 55/65 ist ein guter Kompromiss", sagte Fischer. Die Mehrheitsformel von 55 Prozent der Mitglieder und 65 Prozent der Bevölkerung könne voraussichtlich von allen Mitgliedstaaten mitgetragen werden. Im Interesse der Bundesregierung habe es in den Verhandlungen Fortschritte in den Bereichen der Kohäsionspolitik sowie der Gesundheitspolitik gegeben.
So werde die finanzielle Unterstützung der Europäischen Union weiterhin vom durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen und nicht von geographischen Gegebenheiten abhängen. Insgesamt seien die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft auf einem guten Weg, um eine Verfassung zu verabschieden, welche die Handlungsfähigkeit einer erweiterten Union bewahrt.