Kontroverse Debatte im Bundestag
Der Ausbildungspakt zwischen Bundesregierung und Wirtschaft zur Schaffung von 30.000 Lehrstellen pro Jahr stößt weiter auf ein geteiltes Echo. Während Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) das Abkommen am 17. Juni im Bundestag verteidigte, wurde quer durch die Parteien Skepsis laut, ob der Pakt das Ziel erreichen kann, allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu verschaffen.
Bulmahn sagte während der Debatte über die duale Berufsausbildung: "Der nationale Ausbildungspakt ist ein Riesenschritt." Die Ministerin betonte jedoch, dass es sich hier nicht nur um reine Zahlenspielereien handelt: "Es geht nicht um ein einfaches Plus, also um bloße Quantität: Es geht vor allem auch um die Weiterentwicklung der beruflichen Bildung, und zwar auf allen Ebenen." Nur mit einer qualifizierten Ausbildung könne die junge Generation für die Gesellschaft gewonnen werden, so Bulmahn weiter. In diesem Zusammenhang wies sie nachdrücklich darauf hin, "dass, wenn wir auf der jetzigen Entwicklungsstufe stehen blieben, in zwölf oder 13 Jahren rund 3,5 Millionen qualifizierte Fachkräfte fehlen würden". Es handele sich deshalb um eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufgaben der Zukunft, "weil sich Unternehmen eben nur mit gut ausgebildeten Menschen im internationalen Wettbewerb behaupten können". Deshalb, so die Ministerin, gehe es in den Reformplänen der Bundesregierung darum, die Ausbildung internationaler "und vor allem europäischer" zu machen: "Mit dem neuen Berufsausbildungsgesetz werden Ausbildungsabschnitte im Ausland erstmals gleichwertiger Teil einer anerkannten Berufsausbildung im dualen System."
Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Hartmann, begrüßte, dass die Ausbildungsabgabe "auf Eis gelegte wurde", denn es liege nicht an der mangelnden Bereitschaft der Unternehmen, dass es zu wenig Lehrstellenplätze gibt, sondern an "den politischen Rahmenbedingungen". Er betonte, dass auch schwächeren Jugendlichen die Möglichkeit gegeben werden müsse, eine Ausbildung zu schaffen: "Für sie brauchen wir eine dreieinhalbjährige Berufsausbildung", weil sie so Gelegenheit hätten, das nötige Lernpensum zu schaffen. Darüber hinaus sei es erforderlich, die Vorschriften zu entbürokratisieren und die Ausbildungsvergütung flexibel zu gestalten. Es sei besser, wenn ein Jugendlicher für 350 Euro im Monat ausgebildet wird, als wenn er nicht ausgebildet wird, weil man ihm 750 Euro im Monat zahlen müsste, so Hartmann. In ihrem Gesetzentwurf zur Reform des Berufsausbildungsrechts fordert die FDP auch, einen Ausbildungspass einzuführen, der lebenslang gültig sein und die Bausteine der Ausbildung sowie der Fort- und Weiterbildung dokumentieren soll. Begründet wird der Vorschlag damit, die Transparenz des Ausbildungswerdegangs des Passinhabers gegenüber potenziellen Arbeitgebern zu erhöhen.
Ähnlich wie die FDP fordert auch die CDU eine Erhöhung der Dauer der Probezeit, um für die Betriebe Anreize zu schaffen, auch eventuell nur bedingt geeignete Bewerber einzustellen. Für die Union sagte der CDU-Abgeordnete Walter Lensing während der Debatte, der Ausbildungspakt sei "keine Garantie" und schreibe nur Angebote fest, die längst existieren. Dennoch begrüßte er ihn, hob aber gleichzeitig hervor, dass er nur umsetze, "was die Union seit Wochen und Monaten mit allerbesten Argumenten gefordert hat. Das heißt in gutem CDU/CSU-Deutsch: Freiwilligkeit statt Zwang, überzeugende Einsicht statt diktierter Vernunft, Einzelverträge statt Megabürokratie." Auch die Grünen-Abgeordnete Grietje Bettin äußerte sich positiv über den Pakt, sprach aber von einer "gewissen Skepsis", ob sich die Wirtschaft auch an ihre Zusagen halten werde. Die deutlichste Kritik kam von der PDS-Abgeordneten Petra Pau, die der rot-grünen Bundesregierung "Wortbruch" vorwarf.