10.3.4 Private
Regelungsvereinbarungen („Soft law“)
Was ist
„Soft law“?
Nichtstaatliche
Akteure können auch selbst globale Regeln und Standards im
Sinne „weicher“ Regelungen bzw. von „Soft
law“ erarbeiten. Noch fehlt es an einer allgemein
gültigen Begriffsbestimmung von „Soft law“ und
nationale Praktiken weisen zudem große Unterschiede auf.
Begriffe wie „Selbstverpflichtung“,
„freiwillige“ oder „gemeinsame Regelung“
werden deshalb häufig mit unterschiedlichen Bedeutungen
verwandt.53 Das
Charakteristische dieser Ansätze liegt in der
Selbstverpflichtung von Unternehmen, sich freiwillig Richtlinien
und Verhal tenskodizes zu
unterwerfen, die nicht von einer zentralen Gewalt als
allgemeingültig und rechtsverbindlich erlassen wurden (vgl.
Sautter 2001). Im weiteren Sinne könnten sämtliche Regeln
mit Ausnahme von Gesetzen, Verordnungen und Verträgen als
„Soft law“ bezeichnet werden. Im enger gefassten Sinne
setzt sich „Soft law“, das von wirtschaftlichen
Akteuren auf eigene Initiative, in Zusammenarbeit mit dem Staat
oder mit anderen nichtstaatlichen Akteuren erlassen wurde, aus
einer Reihe verschiedener Instrumente zusammen, auf deren Anwendung
man sich verständigt hat und die in der Regel keine
Gesetzeskraft haben.54
Die Europäische Kommission unterscheidet bei den verschiedenen
„Soft law“-Instrumenten zwischen Selbstverpflichtungen
(„Soft law“ der Industrie für die Industrie) und
freiwilligen bzw. gemeinsam ausgehandelten Vereinbarungen (von den
politischen Instanzen gefördertes und zusammen mit
unparteiischen Stellen entstandenes „Soft
law“).55
Die Idee solcher
privaten Regelungsansätze ist es, nichtstaatliche Akteure,
insbesondere international agierende Unternehmen, in die Um- und
Durchsetzung von Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards
einzubeziehen (vgl. dazu auch Kapitel
3.6).Der Rückgriff auf „Soft law“ erfolgt vor
dem Hintergrund der Globalisierung von Produktionsketten, durch die
auch solche Produkte auf den Weltmarkt gelangen, die andernorts
unter Missachtung sozialer, ökologischer und
menschenrechtlicher Mindeststandards gefertigt wurden. Dies ist der
mangelnden Um- und Durchsetzung bestehender nationaler und
internationaler Standards bzw. Regelungslücken in manchen
Bereichen geschuldet. Unter dem wachsenden Druck von NGOs,
Verbrauchergruppen und der öffentlichen Meinung haben daher
v.a. Unternehmen von Markenprodukten seit Beginn der 1990er Jahre
Verhaltenskodizes verabschiedet, die die Einhaltung einer Reihe von
Mindeststandards im Unternehmen gewährleisten sollen und die
sie ebenso auf ihre ausländischen Zulieferer und
Unterhändler anwenden (Kearney und Justice 2001).
Ein Beispiel
für eine solche private Initiative ist etwa der von
„Social Accountability International“ (SAI)
ausgearbeitete Verhaltenskodex „Social Accountability
8000“, der das erste international auditierbare
Sozialverträglichkeitssystem im Bereich des Wareneinkaufs
umfasst.56 Der 1999 vom
UN-Generalsekretär Kofi Annan lancierte „Global
Compact“ verfolgt die Idee, multinationale Unternehmen in den
Bereichen Menschenrechte, Arbeit und Umwelt zu einem
verantwortlichen Handeln zu verpflichten.57 Die dem Global Compact beitretenden
Unternehmen erklären, seine Prinzipien sowohl in ihrem
Unternehmensbereich als auch in ihren Beziehungen zu den
öffentlichen Institutionen der Länder, in denen sie
tätig sind, anzuerkennen. Mit den „OECD-Leitsätzen
für multinationale Unternehmen“ (OECD 2001h) liegt der
bisher einzig multilateral anerkannte Katalog von
Verhaltensempfehlungen der Unterzeichnerregierungen für
unternehmerisch verantwortliches Verhalten vor.58 Die im Jahr 2000 revidierten Leitlinien
decken dabei nicht nur fast die gesamte Bandbreite
unternehmerischer Aktivitäten ab (von Wettbewerbspolitik
über Arbeitsstandards bis Technologietransfer und
Verbraucherschutz; siehe näher Kapitel
3.7),sondern sind auch in ihrem Anwendungsbereich umfassend
formuliert. Angesichts der steigenden Vielzahl verschiedener
Verhaltenskodizes erscheint eine gewisse Standardisierung der
Basisnormen und ihrer Ausgestaltung sinnvoll. Erste Ansätze
hierzu versucht die „Global Reporting
Initiative“.59
Potenziale und Risiken von „Soft law“
Die Debatte
über die Effektivität von „Soft
law“-Ansätzen entzündet sich v.a. an Fragen des
Grades ihrer Verbindlichkeit und der Regelungen der praktischen
Umsetzung: Die Unternehmerseite tritt für ein Beibehalten der
rechtlichen Unverbindlichkeit eines Engagements auf allen Stufen
der Ausgestaltung ein (VCI 2001, 1998). Von NGO- und
Gewerkschaftsseite wird die Unzulänglichkeit vieler
Selbstverpflichtungs erklärungen für die effektive
Umsetzung von Mindeststandards beklagt.60 Die Enquete-Kommission hält es
für sinnvoll, das sozial verantwortliche Handeln von
Unternehmen und die dazugehörigen Instrumente v.a. unter
Wirksamkeitsaspekten zu diskutieren: Überlegungen zu
„Soft law“ sollten dahingehend weitergeführt
werden, wie freiwillige Initiativen so unterstützt und
gestaltet werden können, dass tatsächlich greifbare
Verbesserungen erreicht werden.61
Die Diskussion über
die Legitimität, Risiken und Potenziale von „Soft
law“-Ansätzen bezieht sich auf Tendenzen der Verlagerung
bisher genuin staatlicher und politisch auszugestaltender Aufgaben
– das Setzen von rechtlich verbindlichen Rahmenbedingungen
zur Sicherung von öffentlichen Gütern, wie
Partizipationsmöglichkeiten, Einhaltung von Menschenrechten,
Bestimmung ökologischer Standards (vgl. Dröge und Trabold
2001) – in den Bereich privater Regelungsvereinbarungen.
Neben der generellen Kritik einer „neoliberalen“
Strategie der Privatisierung der Weltpolitik (Brühl u.a.
2001), wird auf die folgenden Risiken von „Soft
law“-Ansätzen hingewiesen: Sie bürgten die Gefahr
in sich, als reine Alibi- und PR-Aktivitäten eingesetzt zu
werden, um aufklärerische öffentlichkeitswirksame
Kampagnen und damit einhergehende negative Verbraucherreaktionen zu
vermeiden, ohne dass die tat sächliche Befolgung der
Selbstverpflichtung garantiert sei. Zudem seien nur Markenfirmen
auf ein positives Image in der Öffentlichkeit angewiesen und
beschränke sich die Anwendung von „Soft law“ auf
nur wenige Branchen.
Umgekehrt wird
angesichts der Tatsache, dass ordnungsrechtliche Maßnahmen im
Kontext der Globalisierung eine Schwächung erfahren, auf die
unterschiedlichen Potenziale von „Soft
law“-Ansätzen hingewiesen. Im Falle nationaler
Alleingänge im Sinne einer „Hard-law“-Regulierung
drohen möglicherweise negative Auswirkungen auf die
internationale Wettbewerbsfähigkeit und könnten
Regelungen durch die Verlagerung von problematischen
Produktionsbereichen ins Ausland oder an dortige Zulieferer
umgangen werden. Private Regelungsvereinbarungen stellen immer dann
ein wichtiges Steuerungselement und Gestaltungsmittel dar, wenn
Staaten entweder nicht willens oder nicht fähig sind,
verbindliche Regelungen auf nationaler, internationaler oder
supranationaler Ebene zu erlassen. Überall dort, wo
Entwicklungen durch das bestehende Recht nicht gedeckt oder nicht
aufgehalten werden können, erweist sich „Soft law“
aufgrund seiner Geschwindigkeit und Flexibilität als
vorteilhaft. Private Regelungsvereinbarungen können und sollen
nicht nationales, europäisches und internationales
Ordnungsrecht ersetzen; vielmehr können sie lediglich eine
Ergänzungsfunktion gegenüber allgemein verbindlichen
Regelungen haben.62 Um
höchste Wirksamkeit zu entfalten, sollten sich
Selbstverpflichtungen der Privatwirtschaft samt Kontrollmechanismen
auf die gesamte Produktionskette beziehen. Verhaltenskodizes
ermöglichen es so, soziale, ökologische und
menschenrechtliche Mindeststandards in Tochterunternehmen und
Zuliefererindustrien auch dort einzuführen, wo die nationale
Gesetzgebung solche nicht vorsieht oder deren Durchsetzung im Argen
liegt.63
Verhaltenskodizes
zahlen sich sowohl aus unternehmerischer als auch
gesellschaftlicher und staatlicher Sicht im langfristigen
Eigeninteresse aus: So steigen bei unter der Beteiligung von
„Stakeholdern“ erarbeiteten Regelungen die Akzeptanz
bei Regelungsadressaten und die Chancen ihrer Umsetzung.
Unternehmerische Handlungsspielräume ermöglichen,
Innovationspotenzial, z.B. in der Umwelttechnik, voll zu nutzen. So
kann der Staat vom Problemlösungskapital der Wirtschaft
profitieren. Die Unternehmen können sich im Gegenzug über
ihr ethisches Engagement profilieren, aber auch langfristige
Planungs- und Investitionssicherheit erlangen. Wenn „Soft
law“-Lösungen auf die Kostensituation und den
Investi tionszyklus der einzelnen Unternehmen zugeschnitten
werden, können schließlich auch etwaige durch
ordnungsrechtliche Maßnahmen verursachte negative
Verteilungswirkungen und Kostennachteile im internationalen
Wettbewerb abgemildert werden.64 Generell sollten keine Kosten zu Lasten
unbeteiligter Dritter oder der Allgemeinheit abgewälzt werden.
So beinhalteten private Regelungen das Risiko, mit
wettbewerbsrechtlichen Regelungen in Konflikt zu treten
(Kartellrecht, Subven tionsrecht), insofern sie ein
bestimmtes Dritte schädigendes Marktverhalten bedingen
könnten.
Da sowohl Potenziale als auch Risiken der
„Soft law“-Ansätze mit ihrer realen Um- und
Durchsetzung stehen und fallen, hängt ihre Bewertung
wesentlich von der Ausgestaltung und Effektivität der
Erfolgskontrolle ab. Die Theorie geht davon aus, dass die
gegenseitige Beobachtung der Wettbewerber am Markt ein für
sich höchst effizientes Mittel der Selbstregulierung
darstelle, wenn ein gewisses Maß an Transparenz
gewährleistet sei. Dadurch könnte ein aufwendiges
Monitoring oder eine kostenintensive Administration staatlicher
Regelungen auf ein Minimum beschränkt werden. In der Praxis
liegt im Bereich der effektiven Erfolgskontrolle aber derzeit noch
einer der wesentlichen Schwachpunkte der „Soft
law“-Ansätze: Zum einen sind systematische
Erfolgskontrollen und etwaige Sanktionsmöglichkeiten bislang
oftmals nicht vorgesehen. So beinhaltet z.B. der Global Compact
kein Verfahren zur Überprüfung seiner tatsächlichen
Beachtung durch die beigetretenen Unternehmen. Zum anderen
führt die Vielzahl unterschiedlicher Kodizes mangels
einheitlicher Regelungen und Kriterien für ein Monitoring zu
Unübersichtlichkeiten und erschwert die Vergleichbarkeit.
Außerdem bedeutet ein regelmäßiges Monitoring hohe
Kosten, die besonders für kleinere Unternehmen eine
Hemmschwelle oder sogar ein Hindernis bedeuten können, einem
Verhaltenskodex beizutreten. Zwar könnten bei der
Erfolgskontrolle besonders NGOs und Gewerkschaften eine
herausragende Rolle spielen, allerdings weisen diese selbst darauf
hin, dass sie solche Aufgaben aufgrund mangelnder Ressourcen weder
systematisch noch auf Dauer übernehmen könnten, und
verweisen ihrerseits auf die Verantwortung des Staates. Die
Gewerkschaften drängen bei Verhaltenskodizes besonders auf die
Garantie von Kollektivarbeitsrechten (Verei nigungsfreiheit, Recht
auf Tarifverhandlungen): Nur diese erlaubten, langfristig
Strukturen für eine Kontrolle der unternehmerischen
Selbstverpflichtung aufzubauen (vgl. auch Clean Clothes Campaign
2002, Wick 2001).65
Auch bei
Selbstverreglungsansätzen muss Geschlechterdemokratie bewusst
hergestellt und erhalten werden. Ein positives Beispiel bietet hier
die „Clean Clothes Campaign“ (CCC), die eine weltweite
Solidaritätsbewegung zwischen Arbeitern und Arbeiterinnen,
ihren Organisationen66
sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern darstellt. Sie engagiert
sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der
Bekleidungsindustrie, in der v.a. Frauen in der Produktion
tätig sind. Die CCC appelliert in erster Linie an Handels- und
Versandhäuser sowie Markenfirmen, bestimmte Sozialstandards
einzuhalten. Das Hauptinstrument dafür sieht sie in
Verhaltenskodizes, wozu eine unabhängige Kontrolle im Rahmen
von Multistakeholder-Initiativen gehört. Dabei sind Frauen
maßgeblich an der nationalen und internationalen Konzept- und
Strategieentwicklung sowie an der Koordination beteiligt.
Internationale Frauenbewegungen und Netzwerke haben in diesem
Kontext entscheidende Impulse gegeben (Meyer und Prügl 1999,
Wick 2001).
Insgesamt
schwanken die Bewertungen von „Soft law“ im
Wesentlichen zwischen drei Positionen: Während einige in ihm
ein Instrument sehen, dessen absolutes Kennzeichen die
Freiwilligkeit auf allen Ebenen sein sollte, betrachten andere es
vielmehr als eine Art subsidiäres und komplementäres
Recht, das lediglich eine Vorstufe zu späteren
ordnungsrechtlichen Maßnahmen sein könnte. Eine dritte
Sicht hebt hervor, dass das besondere Potenzial von privaten
Regelungsinitiativen darin bestehe, kollektive Lernprozesse im
Rahmen von Netzwerken zu bewirken: da hier
„Stakeholder“ direkt miteinander redeten, werde
Verantwortungsgefühl, Reflexion, Verständigungs- und
Kompromissbereitschaft befördert.
Empfehlung 10-14
„Soft Law“-Ansätze stärken
Die Politik sollte
die Ausweitung des Dialogs unterschiedlicher
„Stakeholders“ über die Setzung und
Überwachung von sozial- und umweltpolitischen Standards
unterstützen (s. dazu auch Empfehlung 3-7). Dabei ist auch auf
Transparenz bei der Benennung der Vertreter und bei der
Finanzierung der „Soft-law bodies“ zu achten. Politik
und Wirtschaft sollten bei der inhaltlichen und konkreten
Ausgestaltung von „Soft law“-Ansätzen auch die
betroffenen Akteure aus dem Süden in Dialoge einbeziehen.
Allgemein sollten „Soft law“-Vereinbarungen
international anerkannten Sozial-, Umwelt- und
Menschenrechtsstandards entsprechen und integraler Bestandteil der
Lieferketten von allen auf deutschen Märkten agierenden
Unternehmen sein. Transparenz bei der Umsetzungskontrolle ist ein
Dreh- und Angelpunkt der öffentlichen Glaubwürdigkeit von
„Soft law“-Ansätzen.
Der Bundestag sollte
überprüfen, welche weiteren Anreizsysteme er zur
Unterstützung von „Soft law“-Ansätzen
schaffen kann, ohne die das Instrument auszeichnende Freiwilligkeit
zu sehr zu beschränken. Der Bundestag soll auch
überprüfen, inwieweit „Soft law“Ansätze
mit bestehenden wettbewerbsrechtlichen Regelungen auf nationaler,
europäischer und internationaler Ebene zum Nachteil von
unternehmensethischen Eigeninitiativen und ggf. von
öffentlichen Anreizsystemen in Konflikt zu geraten
drohen.
Die Umsetzung des Ziels einer
verstärkten Einbindung privater Akteure sowie der Idee
miteinander verkoppelter politischer Arenen mit unterschiedlichen
Funktionen sollte nach dem Muster „form follows
function“ im Verlauf des politischen Prozesses schrittweise
erprobt werden. Dabei sind Zwischenlösungen denkbar, die man
in Anlehnung an die Figur des „Soft law“ als
„Soft institu tions“ bezeichnen könnte.
Hierbei geht es um die bereits weithin praktizierten Formen von
Runden Tischen, Koordinierungsgesprächen und Vereinbarungen,
deren Ergebnisse von den Beteiligten als verpflichtend verstanden
und befolgt werden, ohne formelle Entscheidungen zu sein. Als
Sicherheit dient dabei nicht die rechtliche Einklagbarkeit, sondern
das stabile Eigeninteresse aller Beteiligten an Verhaltens- und
Erwartungssicherheit. Entscheidend ist die ernsthafte Bereitschaft
zur Öffnung gegenüber der Zivilgesellschaft, zur Suche
nach Formen, in denen bürgergesellschaftliche Anliegen,
Mitspracheansprüche und Ressourcen zu einem festen Bestandteil
von
Global Governance werden können. Dies ist nicht
selbstverständlich, denn es geht hier um die Teilung von
politischer Macht.
53 Im Englischen sind auch die Begriffe „private
governance“ oder „self-regulation“ geläufig
(Bortolotti und Fiorentini 1999, Haufler 2001, Ronit und Schneider
2000). Im internationalen Kontext spricht man auch vom
Völkergewohnheitsrecht oder von „non-binding
international legal agreements“ (Reinicke und Witte
2000).
54 Vgl. Groupement européen
d’intérêt économique (ohne Jahr).
55 Ungeachtet des Merkmals der Freiwilligkeit kann
zwischen rein privaten Initiativen und Formen der kooperativen
Politik unterschieden werden, je nachdem welche Akteure an der
inhaltlichen Formulierung, Ausgestaltung und Überprüfung
von „Soft law“ beteiligt sind. So lassen sich diese
hinsichtlich der inhaltlichen Formulierung und Kontrolle ihrer
tatsächlichen Integration in den Alltag der Produktionskette
in vier Gruppen unterteilen: Im Falle einer Erst-Partei-
Zertifizierung erfolgen sowohl die Formulierung der
Selbstverpflichtungserklärung als auch die Kontrolle
unternehmensintern. Bei der Zweit-Partei-Zertifizierung werden
Organistaion und Überprüfung von einem Verband
übernommen (z. B. Branchenkodizes). Im Rahmen einer
Dritt-Partei-Zertifizierung wird die Kontrolle von einer
nicht-staatlichen dritten Instanz (z. B. einer NGO oder einer
Screening Agentur) durchgeführt. Schließlich sieht die
Viert-Partei-Zertifizierung eine Überprüfung durch den
Staat oder eine zwischenstaatliche Institution vor.
56 Siehe http://www.sa8000.org (19. Februar 2002) und
auch Blickle (2001), Clean Clothes Campaign (2002) und Wick
(2001).
57 Der Global Compact umfasst neun Prinzipien, deren
Grundlage die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von
1948, die sechs Kernarbeits- und Sozialnormen der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) sowie die Abschlusserklärung der
Umwelt- und Entwicklungskonferenz der UNO in Rio de Janeiro 1992
sind (siehe http://www.unglobalcompact.org 19. Februar 2002).
Für eine kritische Einschätzung vgl. Paul (2001) und
Zumach (2002).
58 Siehe http://www.oecd.org/daf/investment/guidelines/
(19. Februar 2002) und auch Ehinger (2001).
59 Vgl. http://www.globalreporting.org (19. Februar
2002). Für eine allgemeine Übersicht über die
Ausgestaltung, Umsetzung und Auswirkungen von Verhaltenskodizes
für internationale Konzerne vergleiche Wick (2001) und Palm
(2001).
60 Allerdings sprechen sich auch Gewerkschaftsseite und
NGOs nicht per se gegen „Soft law“-Ansätze aus
(vgl. Kearney und Justice 2001, VENRO 2001, Wick 2001).
61 Siehe auch das entsprechende Grünbuch der
Europäischen Kommission (2001c) sowie die Entschließung
des Rates der Europäischen Union „Council Resolution on
Follow-up to the Green Paper on Corporate Social
Responsibility“ vom 3. Dezember 2001 (http://europa.
eu.int/comm/employment_social/soc-dial/csr/council_en_ 011203.htm
10. Mai 2002).
62 Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass
„Soft law“-Ansätze nicht für alle Branchen
ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung bestimmter Mindeststandards
darstellen.
63 Allerdings wird in diesem Zusammenhang darauf
hingewiesen, dass „Soft law“ derzeit v. a. in den
Industrieländern ohne eine wirksame Einbeziehung der
unterschiedlichen Stakeholder im Süden verabschiedet werde.
Tatsächlich sei es aber notwendig, die betroffenen Stakeholder
entlang der gesamten Produktionskette in den Dialog über die
Standardsetzung und die Erfolgskontrolle einzubeziehen. Generell
existiert auch bei „Soft law“ die Gefahr des
Missbrauchs zur Durchsetzung protektionistischer Interessen des
Nordens.
64 Siehe Position des VCI (2001, 1998) zu
Selbstverpflichtungen als Instrument der Umweltpolitik.
65 Sollten derartige Standards fehlen, berge die
Zusammenarbeit mit NGOs im Rahmen des Monitorings sogar das Risiko
einer Verhinderungsstrategie gegenüber gewerkschaftlichen
Organisationsformen (Kearning und Justice 2001). Eine
OECD-Untersuchung hat ergeben, dass von den 100 größten
transnationalen Unternehmen, die einen Verhaltenskodex angenommen
haben, nur ca. 15 Prozent die Koalitionsfreiheit erwähnen.
Etwas anderes gilt hingegen für unternehmensübergreifende
Kodizes, die häufig nicht nur alle Kernarbeitnormen enthalten,
sondern auch z.T. Bestimmungen zu Arbeitsschutz, Arbeitszeit und
existenzsichernden Löhnen aufweisen (vgl. Palm 2001).
66 Dazu gehören NGOs, die sich für die
Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter einsetzen, z. B. das
„Hongkong Christian Industrial Committee“, das RED
(Zentralamerikanisches Netzwerk von Frauenorganisationen zur
Unterstützung der Maquila-Arbeiterinnen), oder das
„Committee for Asian Women“.
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