Kurz notiert
Der Genozid an den Armeniern in der osmanischen Türkei, hauptsächlich während des Ersten Weltkrieges, war eine historische Tragödie von weitgehender Bedeutung", schreibt Yehuda Bauer in seinem Geleitwort. Einen "Holocaust vor dem Holocaust" nannte Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel den an den Armeniern verübten Völkermord. Der heute so geläufige Satz "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" wurde zum ersten Mal in einem völkerrechtlichen Zusammenhang am 24. Mai 1915 während des Ersten Weltkrieges von den Alliierten geprägt. Mit diplomatischen Aktivitäten versucht die Türkei jedoch bis heute, die Erinnerung an den Genozid und seine Millionen Opfer aus dem Menschheits-Gedächtnis zu löschen.
Huberta von Voss hatte sich eine schwere, wenn auch nicht unlösbare Aufgabe gestellt: Sie wollte zusammen mit ihren Autoren nicht nur die Frage, wer die Armenier heute sind, beantworten, sondern auch, wie sie mit ihrer tragischen Geschichte umgehen. Wie bewältigen sie das Ereignis des Völkermords, das die EU-ambitionierte Türkei immer noch leugnet?
Im Sammelband werden sowohl das historische Umfeld und der Ablauf des Genozids (Tessa Hofmann, Vahakn Dadrian) dargestellt als auch die Rolle des kaiserlichen Deutschlands (Wolfgang Gust) bei diesem "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Weiter kommt der türkische Wissenschaftler Taner Akçam zu Wort, der zwar die Tatsache des Völkermordes nicht bezweifelt, die internationale Anerkennung des Genozids durch "Dritte", insbesondere Parlamente, aber ablehnt. Zu Recht betont die Herausgeberin denn auch die Schwierigkeit, über eine Versöhnung zwischen Armeniern und Türken zu reden, wenn die Nachfahren der Täter bis heute konsequent die systematische und brutale Ermordung eines ganzen Volkes abstreiten.
Huberta von Voss (Hrsg.)
Porträt einer Hoffnung: Die Armenier. Lebensbilder aus aller Welt. Geleitwort: Yehuda Bauer.
Verlag Hans Schiler, Berlin 2005; 415 S., 28,- Euro