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Im Schatten der Mauer

Die Bundestagswahlen – Teil 4: 1961

Auch das gab es: Wahllokal im Wohnwagen
© picture-alliance / dpa
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Die Wahl zum vierten Deutschen Bundestag wird vom Bau der Berliner Mauer überschattet. Der 13. August 1961 setzt den Bemühungen um eine Lösung der strittigen Deutschland- und Berlin-Frage ein jähes Ende. In Bonn zeigt die Kanzlerschaft Adenauers schon seit einiger Zeit erste Schwächezeichen, die SPD eröffnet sich dagegen mit ihrem Godesberger Programm und der Hinwendung zur Marktwirtschaft neue Perspektiven. Am 17. September 1961 treten neun Parteien und sieben Wählergruppen treten an. Der 85-jährige Konrad Adenauer stellt sich ein viertes Mal zur Wahl. Die SPD setzt auf die Popularität des Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin, Willy Brandt, und die Erneuerungskraft des 47-Jährigen. Sie kürt ihn und nicht den Parteichef Erich Ollenhauer zum Kanzlerkandidaten.

Knapp 33 Millionen Wähler, das sind 87,7 Prozent der Wahlberechtigten, geben bei den vierten Bundestagswahlen ihre Stimme ab. CDU und CSU gehen mit 45,3 Prozent als Siegerinnen hervor, verlieren aber vier Prozent der Stimmen und damit ihre absolute Mehrheit (von 50,2 auf 45,3 Prozent). Die SPD gewinnt 4,4 Prozent hinzu (von 31,8 auf 36,2 Prozent). Den größten Stimmenzuwachs kann die FDP verzeichnen, sie erhält 12,8 Prozent, 5,1 Prozent mehr als bei der vorherigen Wahl und ihr bis dahin bestes Ergebnis. Die restlichen Parteien scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde, auch die bis dahin vertretene Deutsche Partei. Sie verliert ihre letzten Mandate. Zum ersten Mal sind im Bundestag nur noch drei Fraktionen vertreten. Die Entwicklung zu wenigen großen Parteien setzt sich damit fort.

Koalition nur mit Adenauer-Rücktritt

Die Liberalen sind in den Wahlkampf mit der Parole „Für die CDU – ohne Adenauer“ gegangen und erringen ihr bis heute bestes Ergebnis auf Bundesebene. Die FDP ist gegen eine vierte Amtszeit Adenauers, beteiligt sich dann aber doch an der Regierung. Das Bündnis mit der Union geht sie nur unter der Bedingung ein, dass Adenauer während der Wahlperiode auf sein Amt verzichtet. Der Kanzler besteht auf einer vierten Regierungszeit und lässt sogar der SPD ein Angebot für eine Große Koalition unterbreiten, womit er die FDP unter Druck setzt. In den Koalitionsgesprächen einigen sie sich schnell in Sachfragen, die Personalfragen dauern länger. Adenauer verpflichtet sich schließlich, nach zwei Jahren zurückzutreten. Im Oktober 1963 wählt der Bundestag Ludwig Erhard (CDU) zum Bundeskanzler.

SPD auf dem Weg zur Volkspartei

Die SPD kann sich bei dieser Wahl neue Wählerschichten erschließen – dank ihres neuen Kandidaten Brandt und des neuen Parteiprogramms, das sie 1959 beschlossen hat. Mit dem „Godesberger Programm“ haben die Sozialdemokraten eine Wende vollzogen. Sie bekennen sich zu Marktwirtschaft und NATO-Mitgliedschaft und distanzieren sich vom Marxismus. Die Partei ist auf dem Weg zur Volkspartei.

Wahlkampf wird zur Kampagne

Der Wahlkampf zur vierten Wahl wird nach amerikanischem Vorbild zur Kampagne mit Fähnchen und viel bedrucktem Papier. Die Parteien setzen noch mehr als bisher auf ihre Spitzenkandidaten und deren persönliche Ausstrahlung. Die Slogans der CDU beschwören mit Adenauer Kontinuität: „Auch morgen keine Experimente – CDU“ oder „Deutschland braucht eine starke Regierung“. Dem setzt die SPD „Deutschland braucht eine neue Regierung“ entgegen und verspricht: „Wohlstand ist für alle da“ und „Frohe Ferien. Jahresurlaub mindestens vier Wochen“. Eine Parole der FDP lautet „Ein freies Volk braucht Freie Demokraten“.

Seit 1959 werden die Parteien direkt vom Staat finanziell gefördert, eine Zweckbindung der Mittel wie später mit der Wahlkampfkostenerstattung gibt es noch nicht.

Attacken der Spitzenkandidaten

In der heißen Phase des Wahlkampfes, in die der Mauerbau fällt, konzentriert sich Brandt voll auf die Probleme der geteilten Stadt, die CDU/CSU bleibt zunächst bei wirtschaftspolitischen Themen. Adenauer besucht West-Berlin erst eine Woche nach dem Mauerbau, seine Reaktion ist eher zurückhaltend. Dass er in dieser Situation auf persönliche Attacken gegen Brandt nicht verzichtet, kreidet ihm nun nicht mehr nur die öffentliche Meinung an. Adenauer schmäht ihn als "Herrn Brandt alias Frahm" und spielt auf Brandts uneheliche Geburt und sein Exil in Skandinavien an. Politisch hat ihm das auch in den eigenen Reihen geschadet. Mit seiner starren Haltung in der Außenpolitik scheint er ohnehin nicht mehr zeitgemäß. Die Ära Adenauer endet nun schrittweise.




Ausdruck aus dem Internet-Angebot des Deutschen Bundestages

www.bundestag.de/btg_wahl/wahlgeschichte/wahl1961/index.jsp

Stand: 16.08.2009