Thema
Karl-Heinz Hillmann
Wertwandel und
"Konsumschwäche"
Eine besonders einflussstarke
Ursache für die Konsumschwäche ist der gegenwärtig
beschleunigte Wertwandel. Warum? Weil das Verhalten der Menschen
nicht durch eine angeborene, unveränderbare Antriebsstruktur
von Instinkten, Trieben und Bedürfnissen gesteuert wird. Im
Falle ...
Jobst-Hinrich Wiskow
Die Suche der Politik nach dem
gerechten Weg durch die Wirtschaftskrise
Wer gerecht sein will, braucht den
Mut zur Veränderung", beschloss die SPD voriges Jahr - und
verabschiedete die Agenda 2010. Doch mit den angekündigten
"größten Sozialreformen in der Geschichte der
Bundesrepublik" misslang Bundeskanzler Gerhard Schröder der
Durchbruch. Seit er sich ...
Pascale Hugues
Wie die plastische Chirurgie eine
Illusion verheißt und Sinnlichkeit verleugnet
Jeden Morgen bringt mich diese
ebenso dumme wie grausame Zeichnung in Rage. Weder glaube ich an
die dramatische Verwandlung dieser strahlenden Venus in eine
griesgrämige Hexe, noch an die kostspielige Behandlung, mit
der der Schönheitssalon diese Tendenz umkehren und die
fünfte kleine ...
Oliver Heilwagen
Die Konsumgesellschaft frisst ihre
Kinder
Die Konsumgesellschaft ist paradox:
Je mehr Wohlstand und Lebenserwartung steigen, desto schlechter
geht es uns. Wir essen zu viel, bewegen uns zu wenig und sehen zu
viel fern. Deswegen wird unser historisch einmaliges Konsumniveau
für zahlreiche Probleme verantwortlich gemacht. Lehrer
beklagen, ...
Stefan Braun
Der Kanzler, die Ohrfeige und die
Medien
Besonders ist an der kleinen
Affäre um Herrn Ammoser und den Kanzler deswegen nicht, dass
über sie berichtet wurde. Besonders ist, wie berichtet worden
ist. Denn Ammoser, ein arbeitsloser Lehrer, wohnhaft im
Schwarzwald, 52 Jahre alt und seit neun Jahren ohne Job, hat nach
seinem Angriff auf den ...
Robert von Rimscha
Amerika und seine Eiferer
Dass das Land mit harten
Maßnahmen auf den Terror vom 11. September reagiert, ist nur
zu verständlich. Fatal aber ist, dass das Bild Amerikas
zunehmend von einem Dreiklang bestimmt wird: Krieg gegen die
Feinde, Abschottung gegen Fremdes, Rückständiges im
Innern. Denn die USA ...
Roger Boyes
Das Ende des Sonderwegs: Was
unterscheidet die Deutschen von anderen Europäern?
Es gehört zur Routine eines
Auslandskorrespondenten, alljährlich einen Abstecher zur
Heimatredaktion zu unternehmen, um mit dem Chef die weitere
Karriereplanung zu besprechen. Je älter ich werde, desto
kürzer werden diese Gespräche. Immerhin verschafft mir
der knappe Austausch - in welchem ich dem ...
Markus Feldenkirchen
Früher war Politik
Weltanschauung, heute Entertainment
Den Kanzlerkandidaten der
Werbeagentur spielt ein gewisser Peter Bond. Bond war einmal
Moderator der Fernsehsendung "Glücksrad", daher kennen ihn die
meisten Deutschen. Davor hat er auch ganz gerne in Pornofilmen
mitgespielt, aber daher kennen ihn nur wenige Deutsche. Bond ist
ein ...
Tobias Kaufmann
Werte in der Welt des Terrors:
"Kampf der Kulturen" oder Antwort auf westliche Dominanz?
Silvester-Party 2003 in Berlin:
eine Million Menschen singt, tanzt, lacht am Brandenburger Tor.
Böller explodieren. "In diesem Moment habe ich gedacht, was
wohl passieren würde, wenn sich hier mitten in der Menge ein
Selbstmordattentäter in die Luft sprengt", sagt Benjamin, 24,
...
Christoph Oellers
Die Werbung setzt auf Freude am
Konsum
Für heute alles besser finden
als früher", steht auf einer Anzeige des Tabakkonzerns
Reemtsma. Drei betagte Damen, eindeutig im ruhestandsfähigen
Bereich, lächeln heiter. Sie scheinen sich bestens zu
verstehen und sind mit ihrer aktuellen Situation in irgendeinem
Schnellcafé amerikanischer Art ...
Oliver Heilwagen
Eine Partei ist eine Marke: Wie die
Agenturen Politiker verkaufen
Wenn der Platz, den eine
Wahlkampfmannschaft in Beschlag nehmen darf, etwas über ihre
Siegchancen aussagt, dann haben die Sozialdemokraten die Europawahl
lange vor dem Wahltermin verloren gegeben. Vor der Bundestagswahl
2002 hatte die SPD eigens ein ganzes Bürogebäude für
ihr Kampagnenteam ...
Hans Monath
Die Familie wird immer attraktiver.
Tatsächlich macht sie nicht so unfrei, wie ihre Kritiker
behaupten
In einem Interview der Zeitung
nämlich beschrieb der Soziologe Heinz Bude mit großem
Einfühlungsvermögen die wachsende Attraktivität des
Kinderkriegens in Deutschland und sagte der politischen Kraft
Erfolg bei den nächsten Bundestagswahlen voraus, die für
die starken Bedürfnisse von Familien die ...
Oliver Heilwagen
Suchst du mich? Finde mich beim
Speed Dating. Jede Woche bin ich eine andere
Trifft Amors Pfeil immer seltener?
Laut Statistik gibt es 13,5 Millionen Einpersonenhaushalte in
Deutschland. Rechnet man die Alten und Verwitweten heraus, kommt
man nach Schätzung von Soziologen auf rund sieben Millionen
Singles im heiratsfähigen Alter, von denen etwa zwei Drittel
eine dauerhafte ...
Annete Rollmann
Der neue Realismus: Wie die New
Economy Graubrot schätzen lernte
Die Leute kamen zu uns, haben ihre
Besprechungen gemacht, getrunken und dann sind sie joggen gegangen.
Ohne zu schlafen sind sie zurück ins Büro. Das war
normal", sagt Peri, die frühere Besitzerin des Jubinal. Das
Jubinal war lange der angesagte Treffpunkt in Berlin-Mitte für
die Mitte-Gesellschaft. ...
Ulrike Baureithel
Die schleichende Materialisierung
des Menschen
Ende vergangenen Jahres erlangte
der Ingenieur Peter Randell aus der englischen Grafschaft Kent
internationale Berühmtheit: Weil das staatliche
Gesundheitssystem die teure Therapie seiner sechsjährigen
Tochter Alice, die seit ihrer Geburt an zerebraler
Kinderlähmung leidet, nicht übernehmen wollte, ...
Claudia Heine
Was Manager im Kloster suchen
Der Unternehmer Max ist im Porsche
vorgefahren, die Mönche leben vom Lohn Gottes, zumindest
spirituell. Max sucht hier etwas, was er in seiner Welt nicht
findet. Ora et labora: Wer ein erfolgreiches Wirtschaftsunternehmen
führen will, sollte öfter die Regeln des Heiligen
Benedikt lesen. Im ältesten ...
Interview mit dem Münchner
Theologen Friedrich Wilhelm Graf
Das Parlament: Ist die deutsche
Gesellschaft religiös? Friedrich Wilhelm Graf: Im Kern sehr.
Wir erleben weltweit seit den 1980er-Jahren eine Renaissance der
Religionen, auch in Deutschland. Dabei gibt es zwischen Ost- und
Westdeutschland sehr unterschiedliche Verhältnisse. Das
Parlament: ...
Jörg Meyerhoff
Wann ist ein Tabu ein Tabu?
Was Anfang Februar 2004 als Posse
um eine halb entblößte Brust begann, zieht weit
reichende Konsequenzen nach sich: Die Sängerin Janet Jackson
wurde zur öffentlichen Persona non grata erklärt und von
allen wichtigen Preisverleihungen des Frühjahrs ausgeladen.
Zensur-Software für TV-Sender hat ...
Ralf Hanselle
Die Werbung liebt den
Sündenfall
Gott ist ein Label. Zumindest, wenn
man den Strategien der Werbeagenturen glauben darf. Dort, wo man
seit Jahren aus den großen religiösen Erzählungen
die unterschiedlichsten corporate designs zusammenbastelt, scheint
klar: der letzte Schrei liegt näher an den letzten Dingen, als
gemeinhin geglaubt. ...
Dagmar A., Akademikerin,
alleinstehend und mit einem Kind, zu den Sorgen und Nöten, mit
wenig Geld auskommen zu müssen
Das Parlament: Was bedeutet Ihnen
Geld? Dagmar A.: Geld ist das, womit ich mir mein Leben einrichten
kann, so wie ich es will. Geld ist Freiheit und Notwendigkeit
zugleich. Geld bedeutet, vergessen zu können. Dieses Erlebnis
habe ich nicht oft. Ich erlebe Geld als Mangel, weil ich zu wenig
...
Martin Spiewak
Schöne neue Welt der
Reproduktionsmedizin
Darüber hinaus stehen
Aromatherapie, Homöopathie und Akupunktur im Angebot, und wenn
gewünscht, schaltet die Rückenmarksspritze alle
Wehenbeschwerden aus. Auch der Kaiserschnitt auf Wunsch ist eine
mögliche Option, erfahren die anwesenden Paare: "Wir richten
uns nach ...
Jeannette Goddar
Teilnahme Sammelbildchen: Wie der
tägliche Warenwahnsinn bei Kindern ankommt
Die Eltern von Jonas haben alles
versucht. Kaum konnte der Kleine seinen Blick fokussieren, wurde
der Fernseher in den Keller verbannt und auch von den Eltern nur
noch für eine Stippvisite bei der Tagesschau in Betrieb
genommen. Als Jonas Treppensteigen gelernt hatte, wurde die
Tür zum ...
Sandra Kaufmann
Das Designer-Outfit fürs
Baby
Der Terror fängt schon an,
bevor das Kind überhaupt auf der Welt ist. Mit dem ersten
Ultraschall-Foto werden Frauen ein Zentner Ratgeber und Bücher
in die Hand gedrückt, die nicht nur über Schwangerschaft
und Geburt aufklären, sondern auch darüber, was der
Nachwuchs unter allen Umständen in seinen ...
Ralf Hanselle
Wie der Mehrwert zum letzten Wert
der Politik wird
Noch am 3. April 2004, nachdem das
Nachrichtenmagazin Der Spiegel über den von der Dresdener Bank
finanzierten Silvester-Aufenthalt Weltekes und seiner Familie
berichtet hatte, reagierte der so Ertappte mit Unverständnis:
"Wenn ich schon an Silvester nach Berlin fahre", so Welteke, "dehne
ich das ...
Alva Gehrmann
Von der Erlebnisgesellschaft zur
Sinnsuche
Es gibt Freunde, die schaffen es
einfach nicht mehr anzurufen. Statt dessen werden Mails oder SMS
verschickt. Nicht eine, sondern meist gleich fünf am Tag.
Kontakt halten ist ihnen wichtig, aber real treffen, etwa im
Café, dafür ist keine Zeit mehr. Und so piept
ständig das Handy: "Huhu, geht's ...
Matthias Wolfschmidt
"Ich habe GESUNDigt." Sie auch? Wie
unser täglich Brot zur Geschmacksillusion wird
Zum Trost haben die uns
Früchte aus aller Welt geschenkt. Und sich selbst, ganz
nebenbei, Lagerung und Transport erleichtert. Innerhalb weniger
Jahrzehnte hat sich die Welt für deutsche Gaumen und
Mägen so grundlegend verändert wie nie zuvor. Ob Nasi
Goreng, Gyros, sieben mal ...
Ulrike Grropp
Avatare und der Glaube an bessere
Menschen
Ray Kurzweil war auf dem
Höhepunkt des Internet-Booms ein Medienstar. "Im Jahre 2020,
spätestens jedoch 2040", so wurde der Amerikaner nicht
müde zu behaupten, "sind Mensch und intelligenter Computer
nicht mehr voneinander unterscheidbar". Das menschliche Gehirn
werde man bis ...
Interview mit Michael Hoffmann,
Besitzer und Koch des Margaux in Berlin
Das Parlament: Haben Sie schon mal
gehungert? Michael Hoffmann: Ja, mit Hunger koche ich am besten.
Wenn ich gesättigt bin, kann ich nicht so kreativ sein.
Hungern hat aber auch etwas mit Selbstdisziplin zu tun, mit der
Fähigkeit, sich selbst zurückzunehmen. Oft lege ich einen
...
Detlev Lücke
Mangel war der Begleiter der
Nachkriegskinder, unter dem sie nicht allzu sehr litten
Die Großmutter bedeutete dem
Enkel, ins Schlafzimmer zu gehen. Dort lag der Großvater fest
im Bett und konnte nicht mehr sprechen. Wenn er etwas von der
Großmutter wollte, die meist im Garten war, pfiff er auf der
Trillerpfeife. Die war ihm vertraut, weil er bis Kriegsende als
Turnlehrer gearbeitet ...
Tobias Dürr
Sie haben es gut gemeint, aber
nicht gut gemacht
An den 68ern haben sich viele
gerieben in den vergangenen Jahrzehnten - zuerst die Väter und
die älteren Brüder, später dann die eigenen Kinder.
In jüngerer Zeit war bereits die schiere Allgegenwart der
Vertreter dieser Generation an allen Schaltstellen der Gesellschaft
genug, um den Verdruss der ...