Während die Parteien und Kandidaten noch im Lande den Wähler umwerben, laufen die Vorbereitungen im Bundestag für die Wahl auf Hochtouren. Die Verwaltung des Bundestages arbeitet schon Monate vorher auf den Wahltag und den zukünftigen Bundestag hin. Der Wechsel vom 16. zum 17. Bundestag besteht aus mehreren Etappen voller logistischer Herausforderungen.
Das Reichstagsgebäude wird am Wahltag, dem 27. September 2009, zu einem Rechenzentrum für den Wählerwillen. An diesem Tag ist der Bundeswahlleiter unter dem Dach des Parlaments untergebracht, alle Drähte laufen hier zusammen, jedes neue Ergebnis aus dem Wahlgebiet kommt sofort bei ihm an. Schon am Nachmittag gibt der Bundeswahlleiter die Wahlbeteiligung bekannt, und in der Nacht verkündet er von hier aus das vorläufige amtliche Endergebnis. Mit der Ermittlung aller gewählten Abgeordneten wird auch die Arbeit der Bundestagsverwaltung ganz auf die bevorstehende neue Wahlperiode ausgerichtet.
Im Reichstagsgebäude sind am Wahltag unter anderen die Wahlforscher von Infratest dimap, die ARD, die dritten Programme, Phoenix und Radiosender untergebracht. Die Sender bringen ihre Übertragungstechnik und Aufbauten selbst mit, dennoch müssen Räume organisiert, Telefonleitungen geschaltet, die Mitarbeiter akkreditiert, Besucherschleusen eingerichtet und es muss für den Brand- und Wachschutz gesorgt werden. Das geht alles durch das „Nadelöhr“ Pressestelle, wie Christian Hoose, Pressesprecher des Bundestages, die Funktion seines Referates nennt: „Wir koordinieren alles, was mit Berichterstattung zu tun hat und vermitteln zwischen Medien und Verwaltung“, so Hoose. Die gesamte Westlobby des Reichstagsgebäudes wird zu einem Fernsehstudio, sogar auf dem Dach wird es eine Live-Sendung geben. Allerdings so, dass „die Besucher nicht gestört werden“, versichert Hoose.
Für die Berichterstatter aus dem Ausland verwandelt sich die Halle des benachbarten Paul-Löbe-Hauses in ein großes Sendezentrum. Dort richtet die EBU, die European Broadcasting Union, 27 Redaktionskabinen mit kompletter Telekommunikation ein.
Knapp zwei Wochen vor der Wahl beginnen die Sender, ihre TV-Studios aufzubauen, Kabel zu verlegen, Kräne und Podeste für Kameras aufzustellen.
Schon in der Wahlnacht sollen die Internetnutzer erfahren können, wer den Sprung in den Bundestag geschafft hat. Das Tagungsbüro des Bundestages hat deshalb schon Wochen vorher die Kandidaten in sein System eingegeben. Insgesamt kandidieren 3.556 Bewerber für die 598 Sitze im Bundestag. Die Nichtgewählten werden nach der Wahl gestrichen, sodass die Ergebnislisten mit allen nötigen Angaben abgefragt werden können: Welcher Bewerber aus welchem Wahlkreis ist gewählt, wer ist der jüngste, wer der älteste Abgeordnete? Wie viele Frauen sitzen im künftigen Bundestag? Wie viele Überhangmandate gibt es zusätzlich zu den 598 Mandaten?
Schon am ersten Tag nach der Wahl empfängt das Tagungsbüro die Abgeordneten der FDP vor der ersten Fraktionssitzung vor dem Sitzungssaal, alle anderen am Dienstag nach der Wahl. „Dann nehmen die Abgeordneten formal ihr Mandat an“, sagt Paul Thelen, Leiter des Tagungsbüros beim Bundestag. Die gute Planung zahlt sich nun aus und überrascht selbst ihn, den langjährigen Verwaltungspraktiker. Das "Starter Kit", eine Mappe hilfreicher erster Informationen, ist bereits fertig. In ihr steckt ein vorläufiger Abgeordnetenausweis, die Fahrkarte für die Bahn, ein Wegweiser durch das Parlament und Informationen der Verwaltung. Darin erfahren die Neulinge zum Beispiel, wie sie Büromitarbeiter einstellen und Mandatsreisen abrechnen.
Die Liste mit den gewählten Volksvertretern aus der Wahlnacht ist Grundlage für alle weiteren organisatorischen Arbeiten und essenziell für den Parlamentsbetrieb. Das neue Telefonbuch mit mehreren Tausend Nummern aller Abgeordneten samt Mitarbeitern wird erstellt, neue Büroschilder werden montiert. Informationstechnik und Büromöbel müssen zum Teil neu organisiert werden.
Die Plenardienste haben schon rechtzeitig die Blankovordrucke für die Abgeordnetenausweise bei der Bundesdruckerei bestellt, auch die Ledermäppchen, Klarsichthüllen und Stempel. Jetzt können die Namen der gewählten Parlamentarier aufgedruckt werden.
Zur konstituierenden Sitzung, die innerhalb von 30 Tagen nach dem Wahltag stattfinden muss, liegt das Handwerkszeug eines jeden Abgeordneten vor: die farbigen Stimmkarten aus Plastik für namentliche Abstimmungen, von denen jeder zunächst 100 Stück bekommt: 40 mit dem Aufdruck „Ja“, 40 für „Nein“ und 20 mal „Enthaltung“. Tagungsbüro-Leiter Thelen: „Die herstellende Firma ist durch Ausschreibung längst ermittelt. Sie wartet nur noch auf die Namen der Abgeordneten der 17. Wahlperiode für den Aufdruck.“ Für die geheime Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin, des Bundestagspräsidenten und der Vizepräsidenten hat das Tagungsbüro auch 20.000 Briefumschläge in petto, ungummiert, damit keiner der Abgeordneten sie zukleben kann und die Schriftführer nicht unnötig länger für das Auszählen brauchen.