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Das kleine Einmaleins der Bundestagswahl

Wie aus Wählerstimmen Abgeordnetenmandate werden

Nach der Wahl wird die Sitzverteilung errechnet.
© dpa
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Wenn wir am 27. September 2009 zur Bundestagswahl gehen, um in einer Kabine auf unserem Stimmzettel Kreuzchen zu machen, können wir zwei Stimmen vergeben. Mit der so genannten Erststimme wählen wir unseren Wahlkreiskandidaten, also den Politiker, der für unsere Region in den Bundestag einziehen soll. Mit unserem zweiten Kreuz, der „Zweitstimme“, entscheiden wir über das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag.

Der Kandidat, der die meisten Erststimmen bekommt, ist gewählt – und das übrigens völlig unabhängig davon, wie das Gesamtergebnis seiner Partei ausfällt. Über die so gewonnenen Direktmandate wird sichergestellt, dass jede Region Deutschlands im Bundestag vertreten ist.

Entscheidende Zweitstimme

Mit unserem zweiten Kreuz, unserer „Zweitstimme“, entscheiden wir, die volljährigen Bürger mit deutscher Staatsbürgerschaft, schließlich über das Kräfteverhältnis der Parteien im Bundestag. Diese Stimme ist somit die entscheidende, denn sie legt fest, welche Fraktion oder Parteienkoalition später die Mehrheit hat, um den Bundeskanzler zu wählen.

Bekommt eine Partei bundesweit weniger als fünf Prozent aller abgegebenen Stimmen, scheitert sie an der Sperrklausel (auch: Fünf-Prozent-Hürde) und ist nicht im Bundestag vertreten – es sei denn, die Partei erringt mindestens drei Direktmandate: Dann wird die Partei bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten berücksichtigt.

Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht

Gewählt wird in Deutschland nach dem Verhältniswahlrecht, in das zudem Elemente des Mehrheitswahlrechts integriert sind. Über die Mehrheit im Bundestag entscheidet aber zunächst das Verhältnis der von den Parteien gewonnenen Zweitstimmen. Bei der Berechnung wurde bisher das so genannte Hare/Niemeyer-Verfahren angewendet, das auch die kleineren Parteien möglichst proportional zu ihrer Stärke berücksichtigt.

Bei der im September stattfindenden Bundestagswahl wird jedoch das Verfahren erstmals nach Sainte-Lague/Schepers angewendet werden. Dies hatte der Bundestag am 17. März 2008 beschlossen, um mögliche Paradoxien des bisherigen Berechnungsverfahrens zu vermeiden. Die Mandate, die einer Partei gemäß ihrem Zweitstimmenanteil zustehen, erhalten zunächst die Kandidaten, die in den Wahlkreisen die meisten Erststimmen auf sich vereinigen konnten. Der Rest wird der Reihe nach an die Kandidaten auf der Landesliste verteilt.

Verteilung der Sitze im Parlament

Die Hälfte der insgesamt 598 Abgeordneten sind Politiker, die in einem der insgesamt 299 Wahlkreise in Deutschland die meisten Erstimmen bekommen haben. Die andere Hälfte der Abgeordneten zieht über die Landeslisten ein. Diese Landeslisten werden von den Parteien vor der Wahl aufgestellt. Sie nennen darauf die Kandidaten, die sie für besonders geeignet halten – oder die vermutlich hoch in der Wählergunst stehen.

Die ersten Listenplätze gelten in der Regel als „sichere Plätze“. Ein Restrisiko bleibt jedoch: Wenn schon so viele Mandate über die Wahlkreise direkt gewonnen wurden, wie ein Landesverband einer Partei überhaupt Listenplätze hat, kann es passieren, dass selbst der Spitzenkandidat der Landesliste nicht ins Parlament einziehen kann – es sei denn, er hat ein Direktmandat gewonnen.

Überhangmandate und Kräfteverhältnis

Die Anzahl der Direktmandate ist äußerst bedeutsam, denn sie kann die nach dem Zweitstimmenanteil eigentlich feststehende Sitzverteilung im Plenum verändern. Gewinnt eine Partei nämlich mehr Direktmandate als ihr gemäß der Verteilung der Zweitstimmen zustehen, so bleiben ihr diese so genannten Überhangmandate trotzdem erhalten.

Derzeit hat der Bundestag 612 Abgeordnete. Der Grund: Bei der letzten Bundestagswahl vor vier Jahren gab es 16 Überhangmandate, das heißt, insgesamt zählte der Bundestag somit 614 Mitglieder. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind zwei frei gewordene Sitze (ein Abgeordneter verstarb, ein anderer schied aus) nicht nachbesetzt worden, da die CDU in den betreffenden Bundesländern Überhangmandate besitzt.

Im Juli 2008 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ein im Zusammenhang mit Überhangmandaten mögliches so genanntes negatives Stimmgewicht verfassungswidrig ist. Dabei ist es möglich, dass ein Mehr an Zweitstimmen für eine Partei dennoch zum Verlust eines Sitzes führen kann und umgekehrt. Laut Gericht muss der Gesetzgeber deshalb bis 2011 eine neue Regelung finden.




Ausdruck aus dem Internet-Angebot des Deutschen Bundestages

www.bundestag.de/btg_wahl/wie/wahlverfahren/index.jsp

Stand: 14.09.2009