Für die Anhörung der Projektgruppe “Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz” der Enquête-Kommission zum Thema IPv6 am 21. Mai, über die ich gestern
schrieb und für die ich um Fragen bat, haben mich ein paar E-Mails mit Nachfragen erreicht. Ich möchte die Antworten hier öffentlich machen, denn die Fragen drehten sich darum, ob die Kommission das Thema IPv6 nicht bereits behandelt hätte. Tatsächlich war es in der Projektgruppe Datenschutz und in der Projektgruppe Netzneutralität angesprochen worden.
In dem von der Kommission mehrheitlich beschlossenen Vierten Zwischenbericht vom 2. Februar 2012 zum Thema Netzneutralität (pdf, Bundestagsdrucksache 17/8536) ist auf Seite 17f. das Protokoll IPv6 in Grundzügen erklärt. Die knappen Handlungsempfehlungen der Projektgruppe erwähnen IPv6 nicht mehr.
In dem ebenfalls bereits beschlossenen Fünften Zwischenbericht vom 15. März 2012 zum Thema Datenschutz und Persönlichkeitsrechte (pdf, Bundestagsdrucksache 17/8999) findet sich zu IPv6 wenig, obwohl in der Projektgruppe durchaus darüber gesprochen wurde. Die Bestandsaufnahme, die in den ersten fünfzig Seiten dargelegt ist, erwähnt IPv6 gar nicht, auch in den Handlungsempfehlungen auf den folgenden knapp zehn Seiten wird nicht darauf eingegangen.
Keinerlei Handlungsempfehlungen zu diesem wichtigen Thema abzugeben, damit haben sich einige Abgeordnete und einige Sachverständige nicht abfinden wollen. Daher landeten sie in einem Sondervotum der Fraktionen von SPD, Linken und Grünen, der sich die Sachverständige Annette Mühlberg anschloss (und in einigen Punkten wie dem folgenden auch ich selbst). Der Unterpunkt “Datenschutz auf technischer Ebene (Deep Packet Inspection und IPv6)” ab Seite 83 in diesem Sondervotum enthält folgende Empfehlung:
»Mit Nutzung von IPv6 ist es daher technisch möglich, jedem internetfähigen Endgerät eine dauerhafte, nur einmal vergebene IP-Adresse zuzuweisen. Somit ist die Kommunikation eines einzelnen Endgerätes theoretisch über Jahre hinweg nachvollziehbar.
Dem Deutschen Bundestag wird empfohlen,
[...] Internet-Zugangsanbieter zu verpflichten, ihren Kunden ohne Mehrkosten die Auswahl zwischen dauerhaft festen und wechselnden IP-Adressen für ihre Anschlüsse beziehungsweise Endgeräte anzubieten.«Fünfter Zwischenbericht vom 15. März 2012, Seite 83f.: http://www.bundestag.de/internetenquete/dokumentation/Datenschutz/Zwischenbericht_Datenschutz_Persoenlichkeitsrechte_1708999.pdf
Der Vorschlag kam ursprünglich aus Adhocracy, also vom “18. Sachverständigen”, war allerdings nicht mehrheitsfähig. Daher wurde er Teil des Sondervotums.