Blog der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

Mit ‘Netzpolitik’ getaggte Artikel

Ausschuss für Netzpolitik im Anschluss an die Enquete

Mittwoch, 08. Februar 2012

Die Enquete-Kommission “Internet und digitale Gesellschaft” wurde im März 2010 eingesetzt und soll bis Sommer 2012 ihre Ergebnisse vorlegen. So hat es der Deutsche Bundestag beschlossen. Daran wollen wir uns halten.

Wir wollen Netzpolitik als eigenständiges Politikfeld und dauerhaft im Deutschen Bundestag etablieren, weil die Auswirkungen der Digitalisierung uns alle angehen. Deshalb schlagen wir einen gleichnamigen Ausschuss als Nachfolger der Enquete-Kommission “Internet und digitale Gesellschaft” vor. Wohlgemerkt: als Nachfolger. Die Enquete-Kommission wird weder verkürzt noch überrumpelt. Sie hat wichtige Denkprozesse angestoßen, die ihren Platz im politischen Tagesgeschäft bekommen sollen.

Politik für das Internet ist ein Querschnittsthema. Deshalb kann es im parlamentarischen Betrieb am Besten in einem eigenen Ausschuss behandelt werden. Ein eigenständiger Ausschuss stärkt Netzpolitik, ohne andere Themen zu schwächen. Wir schmälern damit weder die Bedeutung des Unterausschusses “Neue Medien” noch die des Ausschusses für “Kultur und Medien”, sondern bringen ein Politikfeld voran, das immer mehr Menschen betrifft.

Die Enquete-Kommission arbeitet erfolgreich. Die Berichte der ersten vier Projektgruppen – Medienkompetenz, Urheberrecht, Netzneutralität und Datenschutz -, sind verabschiedet und teilweise bereits veröffentlicht. Die zweite Staffel der Projektgruppen arbeitet derzeit mit Hochdruck an ihren Berichten. Die dritte und letzte Staffel ist seit Januar 2012 formal eingesetzt. In diesen Projektgruppen können erste Vorarbeiten getroffen werden, damit unmittelbar nach dem Abschluss der zweiten Staffel die “heiße Phase” beginnen kann. Alle Interessierten können uns mit inhaltlichen Vorschlägen auf der Beteiligungsplattform Ende Original-Link -->https://www.enquetebeteiligung.de/ unterstützen.

Der Zeitplan für die Enquete-Kommission ist ambitioniert, aber machbar. Zahlreiche Aspekte aus den Projektgruppen der dritten Staffel sind bereits diskutiert und angerissen. Der Wille zum Kompromiss ist spürbar. Wir hoffen, dass alle mit uns am gleichen Strang ziehen. Wir wollen die Enquete-Kommission fristgerecht zu einem erfolgreichen Ende führen.

Jens Koeppen und Ende Original-Link -->Jimmy Schulz

Hickhack um die Netzneutralität

Freitag, 14. Oktober 2011

Mit mehreren Monaten Verspätung steht für den kommenden Montag wieder die Abstimmung über den Bericht der Projektgruppe Netzneutralität und die Handlungsempfehlungen für Datenschutz an. In der letzten Sitzung der Enquête-Kommission Anfang Juli wurde mit knapper Mehrheit die Verschiebung beschlossen: Wir bräuchten noch mehr Zeit, um die Qualität sicherzustellen. Aber offensichtlich waren dies nur vorgeschobene Argumente, denn: Seither ist nichts passiert, es sind keine Vorschläge zu den fraglichen Textteilen rund um Netzneutralität und Netzsperren eingegangen.

Ursprünglich sollten die Berichte schon im Juni verabschiedet werden, das haben wir dann aber auf Anfang Juli verschoben. Nachdem in der dortigen Abstimmung über die Handlungsempfehlungen zum Thema Urheberrecht auch diverse Vorschläge der von SPD, Grünen und Linken benannten Sachverständigen bzw. der Abgeordneten der Oppositions-Fraktionen eine Mehrheit erreichten, erbat die CDU eine Beratungspause. Mehrere von den Koalitionsfraktionen benannte Sachverständige hatten nach der Pause argumentiert, dass die uneinheitliche Abstimmung beim Urheberrecht dem Gesamtergebnis schade und wir mehr Zeit bräuchten, die strittigen Punkte zu klären. Eine Auswahl der geäußerten Argumente gibt es in einer Meldung des Bundestages.

In den Tagen darauf kam aber der wahre Grund für die Verschiebung ans Tageslicht: Offensichtlich wollte die Koalition die Abstimmung  verhindern, um mehr Zeit zu gewinnen, die eigenen Sachverständigen auf Linie zu bringen und zu warten, bis ein fehlender Sachverständiger der Union wieder gesund ist. Es wurde mir von verschiedenen Abgeordneten der Koalition – öffentlich von Ende Original-Link -->Peter Tauber und Ende Original-Link -->Jimmy Schulz – unterstellt, unredlich gehandelt und Texte in die Enquête eingebracht zu haben, die in den Projektgruppen keine Mehrheit fanden. Allerdings ist es das Recht von jedem Mitglied, beliebige Texte einzubringen. Die Behauptung, ich hätte unredlich gehandelt, ist schlichtweg falsch und zeigt, dass die Nerven in der Koalition offensichtlich blank liegen. Kompromisse habe ich nicht aufgekündigt, im Gegenteil: Es war die Union, die den gefundenen Kompromiss aufgekündigt und versucht hat, eine zwar relativ zahme aber dennoch vorhandene Handlungsempfehlung gegen Netzsperren zu streichen. Daher ist in den von mir mitgeschriebenen Handlungsempfehlungen der Opopositionsfraktionen zu Netzneutralität die ursprüngliche und deutlichere Empfehlung gegen Netzsperren enthalten. Wir haben aber immer deutlich gemacht, dass wir auf diesen Passus verzichten, wenn der Kompromiss weiter Bestand hat.

Streitpunkt: Kapitel zu Netzsperren

Weiter stören sich Union und FDP an einem im Wesentlichen von mir formulierten Text zum Thema Netzsperren. Dieser Text wurde Wochen zuvor in der Projektgruppe Netzneutralität besprochen, fand aber keine Mehrheit – obwohl niemand konkrete Kritik oder Verbesserungsvorschläge äußerte. Man wollte das Thema einfach auf später verschieben. Die Absprache war dann, dass ich den Text ganz normal in der Enquête zur Abstimmung stelle und er je nach Ergebnis eben im Bericht selbst oder nur als Minderheitenvotum im Anhang erscheint. Auch wurde der Text nicht am Vorabend der Abstimmung sondern Wochen vor der Sitzung eingebracht. Es ist schade, dass Koalitionsabgeordnete versuchen, Ende Original-Link -->eine andere Legende zu stricken. Inhaltlich halte ich den Aspekt der Internet-Sperren für ein zu wichtiges Thema, um es einfach unter den Tisch fallen zu lassen: Die Sperrung von Inhalten jedweder Art ist die stärkste denkbare Verletzung der Netzneutralität, und ich bin der festen Ansicht, dass man dies natürlich auch ansprechen muss.

Ein großer Knackpunkt sind die Handlungsempfehlungen: Zwischen Opposition und Koalition bestehen große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie mit Netzneutralität umgegangen werden soll. Die Opposition und die Mehrheit derer Sachverständiger wollen ein neutrales Netz sicherstellen und sind skeptisch, ob sich eine Priorisierung bestimmter Inhalte neutral umsetzen lässt, da dies immer mit einer Diskriminierung anderer Inhalte verbunden ist. Die Koalition und die Mehrheit derer Sachverständiger wollen die Netzneutralität dem freien Markt überlassen und diesem die Einführung von Diensteklassen empfehlen. Internet-Zugangsanbieter könnten sich so eine weitere Einnahmequelle eröffnen, Anbieter oder Kunden müssten draufzahlen, wenn sie eine ausreichende Geschwindigkeit für entsprechende Dienste wie Video-Streams oder Internet-Telefonie haben wollen. Damit wäre die Netzneutralität Geschichte.

Da die Koalition sich nicht darauf verlassen kann, dass alle Sachverständigen trotz hohem Druck linientreu abstimmen und einige Sachverständige in der letzten Sitzung um Verschiebung zur Überarbeitung der Texte gebeten haben, hatte ich gedacht, dass die Zeit dafür auch genutzt wird. Offensichtlich war dies eine falsche Hoffnung, und die Argumentation zur Verschiebung der Abstimmung nur vorgeschoben. Das ist schade, denn so wird es Montag mehrere Kampfabstimmungen mit ungewissem Ausgang geben, die wir hätten vermeiden können. Es ist daher zu vermuten, dass CDU/CSU und FDP mit diversen Geschäftsordnungstricks versuchen werden, ihre Mehrheit zu sichern. Aber vielleicht schaffen wir es ja dennoch, eine ausführliche inhaltliche Debatte zu führen. Für die weitere Arbeit in der Enquête-Kommission wäre dies zu wünschen!

 

Anpfiff für den Enquete-Blog

Dienstag, 29. Juni 2010

Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft hat mit der Arbeit begonnen. Die ersten drei Projektgruppen sind eingesetzt, für den kommenden Montag  haben wir neun Experten in den Bundestag zu einer ersten öffentlichen Anhörung eingeladen. Als nächsten Schritt wollen wir den Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit intensivieren. Dazu möchte ich Sie herzlich einladen.

Die Mitglieder der Enquete können in diesem Blog die Gelegenheit wahrnehmen, den Bürgerinnen und Bürgern ihre unterschiedlichen Sichtweisen darzulegen und mit ihnen zu diskutieren. Aus vielen Gesprächen weiß ich: Unser Thema brennt vielen Menschen auf den Nägeln, weil es (fast) jeden in seinem Alltag betrifft. Was passiert mit meinen Daten im Internet? Werden Zeitungsartikel im Netz demnächst Geld kosten? Ist Online-Banking wirklich sicher?

Der Deutsche Bundestag hat nicht nur das vielfältige Thema Netzpolitik aus der Nische geholt. Mit der Enquete-Kommission werden auch neue Formen des Bürgerdialogs erprobt. Wir möchten die Chance nutzen, über das Internet den direkten Kontakt zwischen Bürgern und Abgeordneten herzustellen. In diesem Sinne wird unser Enquete-Blog als Premiere in die deutsche Parlamentsgeschichte eingehen.:)

Ich wünsche mir, dass an dieser Stelle konstruktive und fruchtbare Dialoge und Auseinandersetzungen entstehen, die deutlich machen, dass man bei aller Schärfe in der Sache fair und respektvoll miteinander umgehen kann, um so die parlamentarische Tradition fortzuschreiben. In diesem Sinne: Lassen Sie uns wissen, was Ihnen wichtig ist!