Blog der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

Mit ‘Öffentlichkeit’ getaggte Artikel

Wie die Union die ungeliebte Internet-Enquête absägen will

Donnerstag, 09. Februar 2012

Erstveröffentlichung unter:  Ende Original-Link -->Wie die Union die ungeliebte Internet-Enquête absägen will

Ende Original-Link -->Vorhin Gestern twitterte ich über die neusten Pläne der CDU/CSU bezüglich der Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Bundestages:

Wie schäbig ist das denn: CDU/CSU wollen Ende Original-Link -->#eidg abschießen bevor wir unsere Arbeit abgeschlossen haben, weil sie keine Mehrheit mehr haben.

Jens Köppen, der Obmann (quasi Sprecher oder Wortführer) der Unionsfraktion in der Internet-Enquête, Ende Original-Link -->antwortete:

Der Ende Original-Link -->@alvar_f redet wirr! Die Ende Original-Link -->#eidg wird selbstredend zu Ende geführt. Erst dann soll der #AIDG starten! SV leisten hervorragende Arbeit!

Was ist nun richtig? Und was ist anders an einem ständigen Ausschuss im Gegensatz zur Enquête, was ist daran schlecht? Hier die Antworten (in Kurzversion und Langversion):

Die Union möchte die Enquête-Kommission bis zum Sommer beenden, und nennt das „zuende führen“. Schon seit Wochen deutet sich an, dass CDU und CSU die Enquête möglichst bald sprengen oder anderweitig beenden wollen. Allerdings ist es unrealistisch, dass wir bis dahin fertig sind, Details dazu unten. Der Grund für die schnelle Beendigung ist offensichtlich: die Koalition hat häufig keine Mehrheit für das, was die Fraktionsspitze der Union verlangt, und die Ende Original-Link -->Online-Beteiligung der Bürger nervt sie auch.

Die Enquête-Kommission ist je zur Hälfte mit Sachverständigen und Abgeordneten besetzt, jeweils mit vollem Stimmrecht. Die Mehrheit der Koalition ist knapp: wenn ein Sachverständiger anders abstimmt, ist deren Mehrheit weg. Das ist durchaus vorgekommen, und das nervt die CDU/CSU.

Ein normaler Ausschuss des Bundestages, der nun die Enquête ersetzen soll, ist im Gegenzug aber nur mit Abgeordneten besetzt: keine wackeligen Mehrheiten, keine nervenden Sachverständigen und die Abgeordneten halten sich an die Fraktionsdisziplin. Die Opposition lässt man einfach schwätzen …

Also: Die Union hat seit einiger Zeit ein Problem damit, dass sie keine dauerhafte Mehrheit in der Internet-Enquête haben, und das wollen sie nun umgehen – und sich als Helden feiern lassen, die einen ständigen Internet-Ausschuss einsetzen. Dabei haben SPD und FDP dies schon lange gefordert und es wurde von CDU/CSU bisher abgelehnt …

Noch ein paar Details (also: Langversion)

Die Enquête hat insgesamt zwölf Projektgruppen geplant, aufgeteilt aufgrund der Themen aus dem Einsetzungsbeschluss des Bundestages. Die Enquête begann im Mai 2010, vier Projektgrupen wurden bis Ende 2011 abgeschlossen (Netzneutralität, Urheberrecht, Datenschutz, Medienkompetenz). Derzeit arbeiten vier weitere Projektgruppen ( Ende Original-Link -->Demokratie&Staat,  Ende Original-Link -->Wirtschaft/Arbeit/Green IT, Ende Original-Link -->Bildung&Forschung,  Ende Original-Link -->Zugang/Struktur/Sicherheit). Diese sind gerade maximal in der Mitte der Arbeit, und vier weitere Projektgruppen stehen in den Startlöchern ( Ende Original-Link -->Verbraucherschutz,  Ende Original-Link -->Kultur/Medien/Öffentlichkeit,  Ende Original-Link -->Interoperabilität/Standards/Open Source und  Ende Original-Link -->Internationales/Internet Governance). Daher ist es nicht abzusehen, dass wir bis zum Sommer fertig werden. Etwas anderes zu behaupten zeugt von mangelndem Realitätssinn: Bis etwa zur Hälfte haben wir 21 Monate gebraucht. Die andere Hälfte sollen wir dann in vier Monaten schaffen? Und wie sollen wir in der knappen Zeit die Öffentlichkeit einbeziehen? Selbst unter Vernachlässigung jeglicher Qualitätsansprüche ist das vollkommen unrealistisch.

Aber das hört sich doch gut an, die Union will einen ständigen Ausschuss zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ im Bundestag etablieren! Wo liegt der Haken?

In der Enquête-Kommission sitzen 17 Abgeordnete und 17 Sachverständige (darunter ich), aufgeteilt nach Fraktionsproporz (Abgeordnete) bzw. benannt von den Fraktionen (Sachverständige). CDU/CSU entsenden jeweils sechs, FDP drei, macht zusammen neun plus neun, also 18 für die Koalition. Die SPD entsendet je vier, Grüne und Linke jeweils zwei plus zwei. Macht zusammen 16 für die Opposition.

Rein formal gibt es für die Sachverständigen keinen Fraktionszwang, wir können frei entscheiden. Ich wurde von der SPD nominiert und da ist das auch durchgehend so – gelegentlich habe ich anders abgestimmt als die SPD-Abgeordneten. Aber die Unions-Spitze verlangt Fraktionsdisziplin nicht nur von den Abgeordneten, sondern auch von den Sachverständigen – auch vom Koalitionspartner FDP. Sie möchten keine Sachverständigen, sondern Schreiberlinge, die das CDU/CSU-Programm mit etwas FDP-Anstrich in Worte fassen.

Bei einigen Abstimmungen hat sich aber gezeigt, dass einige Sachverständige – insbesonere padeluun, der da auch sehr großen Druck aushalten muss und nicht zu beneiden ist – nicht mit der offiziellen Koalitionsposition abstimmen. Das hat dazu geführt, dass beispielsweise die meisten Handlungsempfehlungen im Bereich Netzneutralität nur als Sondervoten erscheinen – weil keine Seite eine Mehrheit für seine Handlungsempfehlungen hatte. Beim Urheberrecht bekamen einige Handlungsempfehlungen der Koalition keine Mehrheit, andere, die sie verhindern wollten, bekamen eine Mehrheit. Aus deren Sicht alles dumm.

Diese Situation möchten sie vermeiden. Sachverständige lassen sich aber nicht ohne weiteres austauschen. Daher muss man die Enquête so schnell wie möglich beenden. Die Union versucht die Botschaft „Enquête soll beendet werden“ mit Ankündigung eines neuen Ausschusses zu vertuschen – das klingt ja auch besser. Nur wer genau hinschaut und ein paar Hintergrundinfos hat bemerkt, dass da etwas faul ist.

Die  Ende Original-Link -->Online-Beteiligung der Bürger, des „18. Sachverständigen“, gibt es auch. Lange haben CDU/CSU dagegen gekämpft, offiziell tun sie so, als ob es ihre Idee war und sie das ganz toll finden: der Erfolg kennt eben viele Väter. Auch wenn es nur ein kleiner Erfolg ist. Mit Einsetzung eines Ausschusses anstatt der Enquête ist man dieses ungeliebte Werkzeug aber auch endlich los.

Der Sommer

Jetzt sagen CDU/CSU aber, dass die Arbeit bis zum Sommer zwingend abgeschlossen sein müsse? Dies ist nur die halbe Wahrheit: zum einen ist es nur eine „Soll“-Bestimmung, selbstverständlich kann bei Bedarf verlängert werden; zum anderen haben wir auch unser Arbeitspensum zu erledigen, so dass die Arbeit zur Not eben verlängert werden muss. Auch wenn es viel Arbeit ist und wir noch einen normalen Job nebenher haben. Und: die Einrichtung von Enquête-Kommissionen ist ein Minderheitenrecht. Wenn die Union die Dauer nun mehr oder minder im Alleingang hinbiegen will, umgeht sie damit dieses Minderheitenrecht. Abgesehen davon ist es schlechter Stil, durch eine nicht mit der gesamten Kommission abgesprochenen Pressemeldung das Ende der Enquête anzukündigen. Daher ist zu hoffen, dass sie nun feststellen, dass alles nur ein Mißverständnis war und die Enquête lieber ihre Aufgabe erfüllen soll anstatt bis zum Sommer einen halbfertigen Bericht abzuliefern.

Jens Koeppen scheint das aber weiter anders zu sehen und auf dem Ende zu beharren. Besonders verwundert mich aber, dass er zwei netzpolitische Ausschüsse im Bundestag haben will: den neuen Ausschuss „Internet und digitale Gesellschaft“ und weiterhin den Unterausschuss Neue Medien. Zwei Ausschüsse, gleiches Thema. Verrückt.

 

Also: es bleibt spannend.

 

Weitere Beiträge:

 

Da merkt man: Journalismus hat heutzutage leider nur noch wenig Zeit, Sachen kritisch zu hinterfragen …

 

Marathon-Sitzung der Enquête

Samstag, 25. Juni 2011

Anders als im Blogbeitrag vom Mai von mir geschrieben, wird der Deutsche Bundestag nun am 30. Juni über den Zwischenbericht der Enquête-Kommission diskutieren, also am selben Tag, an dem morgens die Beratung der Gesetzesentwürfe zum Atomausstieg vorgesehen ist. Für den Enquête-Zwichenbericht ist abends ab 19.20 Uhr eine halbe Stunde vorgesehen.

Ob es eine tatsächliche Diskussion geben wird oder ob die Reden zu Protokoll gegeben werden, wird sich erst herausstellen. Wer noch etwas länger wachbleiben mag, der kann ab 23.25 Uhr auch noch die Beratung über die Einhaltung der Datenschutzgesetze bei der Übermittlung der Fluggastdaten verfolgen. Hier liegt allerdings die Vermutung nahe, dass keine tatsächliche Debatte mehr stattfinden wird.

Am Montag zuvor, als am 27. Juni, wird die Enquête-Kommission ihre nächste öffentliche Sitzung abhalten. Hier dürfte es ab 15 Uhr für die Berichte aller vier Projektgruppen in einen Marathon gehen. Allein für den über hundert Seiten umfassenden Bericht der Projektgruppe Urheberrecht sind aufgrund der Ergänzungen, Alternativtexte, Mehrheits-, Minderheits-, und Sondervoten um die siebzig Abstimmungen nötig. Es kann also eine Weile dauern in der zeitversetzten Übertragung ab 20 Uhr auf http://www.bundestag.de/.

Andererseits werden nun auch die unterschiedlichen Sichtweisen und Handlungsempfehlungen offenbar, mit der sich die geneigte Öffentlichkeit auseinandersetzen kann. Anlässlich der Handlungsempfehlungen und wegen der gefühlten Halbzeit der Enquête-Kommission häufen sich gerade die Anfragen von Journalisten, die eine Einschätzung zum Erfolg der Kommission erfahren wollen. Nach der Sitzung der Enquête-Kommission kann man das inhaltliche Teilergebnis dann konkret nachlesen, zu Erfahrungen mit der Arbeitsweise im Bundestag kann ich mich dem Beitrag von Wolfgang Schulz inhaltlich vollumfänglich anschließen.

Die Online-Beteiligung kann endlich starten!

Freitag, 25. Februar 2011

Eine gemeinsame Erklärung der Sachverständigen, die den Antrag zur Einführung von Adhocracy bei der letzten Sitzung der Enquête-Kommission gestellt haben:

Wir freuen uns, dass wir es möglich machen konnten, die Ende Original-Link -->Beteiligung der Öffentlichkeit an der Arbeit der Enquête-Kommission mit Adhocracy umzusetzen. Auch der Ältestenrat des Bundestags trägt unseren Beschluß vom Montag mit. Nach monatelangen Verzögerungen ging es nun auf einmal recht schnell. Das freut uns!

Nun geht es um die Umsetzung. Noch kaum jemand weiß, wie so ein Ende Original-Link -->Beteiligungswerkzeug in diesem Kontext funktioniert, wir ahnen, aber wissen noch nicht, wo es hinführt. Klar ist uns in der Enquête: Adhocracy soll dem 18. Sachverständigen helfen, seine Position zu finden und sie zu kommunizieren. Denn der „18. Sachverständige“ setzt sich aus tausenden Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die gemeinsam Vorschläge einbringen, diskutieren, bewerten und dann einen Vorschlag abstimmen können. Dieser Vorschlag wird in die Runde der Enquête getragen. Man soll sich also den „18. Sachverständigen“ so vorstellen, dass er in Zukunft in der Kommission mit am Tisch sitzt. Die Runde der Enquête hat dann – wie bei jedem anderen Sachverständigen auch – die Möglichkeit, dessen Vorschläge zu diskutieren, zu akzeptieren, abzulehnen, zu ignorieren oder in Teilen einzuarbeiten.

In der heutigen Sitzung der Projektgruppe Urheberrecht haben wir beschlossen, den aktuellen Stand des dortigen Arbeitspapieres öffentlich zu machen. So hat der „18. Sachverständige“ die Möglichkeit, die Texte aus der Projektgruppe der Enquête zu kommentieren, Alternativen zu formulieren oder den Konsens-Text zu unterstützen. Dazu möchten wir betonen, dass die gemeinsam beschlossenen Texte aufgrund ihrer Natur nur selten Maximalpositionen darstellen. Die meisten Texte sind bereits durch die „Text-Tetris-Maschine“ gelaufen, wo Fragmente von vielen Personen – Sachverständigen und Politikern – zusammengefügt worden sind.

Heute kommen die ersten Texte aus der Projektgruppe Urheberrecht, Montag die nächsten. Wir hoffen auf rege Beteiligung. Der Erfolg steht und fällt damit, wie zahlreich und kompetent Ihr alle Euch einbringt.

Am kommenden Montag hat die Projektgruppe Netzneutralität ihre erste Sitzung und wird möglicherweise auch die Bereitstellung der bisherigen Arbeitspapiere beschließen. Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Datenschutz hat angekündigt, den 18. Sachverständigen und dessen Arbeitswerkzeug Adhocracy zu unterstützen. Eine konstruktive Mitarbeit an den Texten in Adhocracy wird sicher weitere Projektgruppen ermutigen, ihre Texte zur Diskussion zu stellen.

Die Abstimmung mit den bisherigen Arbeitsweisen der Projektgruppen wird sicherlich nicht einfach werden, ebenso die Integration langer Texte. Daher wird es auch mal haken oder sich die eine oder andere Arbeitsweise als schlecht erweisen – aber das gehört zu einem Experiment dazu.

Bitte beachtet: Die Arbeitsprogramme der Projektgruppen geben den Rahmen vor. Alle Projektgruppen beschreiben in der Regel erst einmal die gegenwärtige Lage und eventuell vorhandene Probleme oder Wünsche. Handlungsempfehlungen oder deutlich wertende Sätze kommen erst später – bei unserer Arbeit rutscht dem einen oder anderen Autor dies auch immer wieder in den Text, wird dann aber rausgestrichen und für die späteren Kapitel aufgehoben. Daher die ausdrückliche Bitte: Forderungen oder Handlungsempfehlungen nur in den entsprechenden Kapiteln zu stellen.

Sicherlich habt Ihr auch viele Verbesserungsmöglichkeiten. In dem Bereich der Online-AG des Beteiligungswerkzeuges könnt Ihr die gerne vorbringen! Und wer sich an der Weiterentwicklung der Prozesse und der Software beteiligen möchte, kann dies Ende Original-Link -->über die dazugehörige Mailingliste machen.

Ende Original-Link -->http://enquetebeteiligung.de/

Anpfiff für den Enquete-Blog

Dienstag, 29. Juni 2010

Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft hat mit der Arbeit begonnen. Die ersten drei Projektgruppen sind eingesetzt, für den kommenden Montag  haben wir neun Experten in den Bundestag zu einer ersten öffentlichen Anhörung eingeladen. Als nächsten Schritt wollen wir den Dialog mit der interessierten Öffentlichkeit intensivieren. Dazu möchte ich Sie herzlich einladen.

Die Mitglieder der Enquete können in diesem Blog die Gelegenheit wahrnehmen, den Bürgerinnen und Bürgern ihre unterschiedlichen Sichtweisen darzulegen und mit ihnen zu diskutieren. Aus vielen Gesprächen weiß ich: Unser Thema brennt vielen Menschen auf den Nägeln, weil es (fast) jeden in seinem Alltag betrifft. Was passiert mit meinen Daten im Internet? Werden Zeitungsartikel im Netz demnächst Geld kosten? Ist Online-Banking wirklich sicher?

Der Deutsche Bundestag hat nicht nur das vielfältige Thema Netzpolitik aus der Nische geholt. Mit der Enquete-Kommission werden auch neue Formen des Bürgerdialogs erprobt. Wir möchten die Chance nutzen, über das Internet den direkten Kontakt zwischen Bürgern und Abgeordneten herzustellen. In diesem Sinne wird unser Enquete-Blog als Premiere in die deutsche Parlamentsgeschichte eingehen.:)

Ich wünsche mir, dass an dieser Stelle konstruktive und fruchtbare Dialoge und Auseinandersetzungen entstehen, die deutlich machen, dass man bei aller Schärfe in der Sache fair und respektvoll miteinander umgehen kann, um so die parlamentarische Tradition fortzuschreiben. In diesem Sinne: Lassen Sie uns wissen, was Ihnen wichtig ist!