Blog der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

Mit ‘Netzneutralität’ getaggte Artikel

Hickhack um die Netzneutralität

Freitag, 14. Oktober 2011

Mit mehreren Monaten Verspätung steht für den kommenden Montag wieder die Abstimmung über den Bericht der Projektgruppe Netzneutralität und die Handlungsempfehlungen für Datenschutz an. In der letzten Sitzung der Enquête-Kommission Anfang Juli wurde mit knapper Mehrheit die Verschiebung beschlossen: Wir bräuchten noch mehr Zeit, um die Qualität sicherzustellen. Aber offensichtlich waren dies nur vorgeschobene Argumente, denn: Seither ist nichts passiert, es sind keine Vorschläge zu den fraglichen Textteilen rund um Netzneutralität und Netzsperren eingegangen.

Ursprünglich sollten die Berichte schon im Juni verabschiedet werden, das haben wir dann aber auf Anfang Juli verschoben. Nachdem in der dortigen Abstimmung über die Handlungsempfehlungen zum Thema Urheberrecht auch diverse Vorschläge der von SPD, Grünen und Linken benannten Sachverständigen bzw. der Abgeordneten der Oppositions-Fraktionen eine Mehrheit erreichten, erbat die CDU eine Beratungspause. Mehrere von den Koalitionsfraktionen benannte Sachverständige hatten nach der Pause argumentiert, dass die uneinheitliche Abstimmung beim Urheberrecht dem Gesamtergebnis schade und wir mehr Zeit bräuchten, die strittigen Punkte zu klären. Eine Auswahl der geäußerten Argumente gibt es in einer Meldung des Bundestages.

In den Tagen darauf kam aber der wahre Grund für die Verschiebung ans Tageslicht: Offensichtlich wollte die Koalition die Abstimmung  verhindern, um mehr Zeit zu gewinnen, die eigenen Sachverständigen auf Linie zu bringen und zu warten, bis ein fehlender Sachverständiger der Union wieder gesund ist. Es wurde mir von verschiedenen Abgeordneten der Koalition – öffentlich von Ende Original-Link -->Peter Tauber und Ende Original-Link -->Jimmy Schulz – unterstellt, unredlich gehandelt und Texte in die Enquête eingebracht zu haben, die in den Projektgruppen keine Mehrheit fanden. Allerdings ist es das Recht von jedem Mitglied, beliebige Texte einzubringen. Die Behauptung, ich hätte unredlich gehandelt, ist schlichtweg falsch und zeigt, dass die Nerven in der Koalition offensichtlich blank liegen. Kompromisse habe ich nicht aufgekündigt, im Gegenteil: Es war die Union, die den gefundenen Kompromiss aufgekündigt und versucht hat, eine zwar relativ zahme aber dennoch vorhandene Handlungsempfehlung gegen Netzsperren zu streichen. Daher ist in den von mir mitgeschriebenen Handlungsempfehlungen der Opopositionsfraktionen zu Netzneutralität die ursprüngliche und deutlichere Empfehlung gegen Netzsperren enthalten. Wir haben aber immer deutlich gemacht, dass wir auf diesen Passus verzichten, wenn der Kompromiss weiter Bestand hat.

Streitpunkt: Kapitel zu Netzsperren

Weiter stören sich Union und FDP an einem im Wesentlichen von mir formulierten Text zum Thema Netzsperren. Dieser Text wurde Wochen zuvor in der Projektgruppe Netzneutralität besprochen, fand aber keine Mehrheit – obwohl niemand konkrete Kritik oder Verbesserungsvorschläge äußerte. Man wollte das Thema einfach auf später verschieben. Die Absprache war dann, dass ich den Text ganz normal in der Enquête zur Abstimmung stelle und er je nach Ergebnis eben im Bericht selbst oder nur als Minderheitenvotum im Anhang erscheint. Auch wurde der Text nicht am Vorabend der Abstimmung sondern Wochen vor der Sitzung eingebracht. Es ist schade, dass Koalitionsabgeordnete versuchen, Ende Original-Link -->eine andere Legende zu stricken. Inhaltlich halte ich den Aspekt der Internet-Sperren für ein zu wichtiges Thema, um es einfach unter den Tisch fallen zu lassen: Die Sperrung von Inhalten jedweder Art ist die stärkste denkbare Verletzung der Netzneutralität, und ich bin der festen Ansicht, dass man dies natürlich auch ansprechen muss.

Ein großer Knackpunkt sind die Handlungsempfehlungen: Zwischen Opposition und Koalition bestehen große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie mit Netzneutralität umgegangen werden soll. Die Opposition und die Mehrheit derer Sachverständiger wollen ein neutrales Netz sicherstellen und sind skeptisch, ob sich eine Priorisierung bestimmter Inhalte neutral umsetzen lässt, da dies immer mit einer Diskriminierung anderer Inhalte verbunden ist. Die Koalition und die Mehrheit derer Sachverständiger wollen die Netzneutralität dem freien Markt überlassen und diesem die Einführung von Diensteklassen empfehlen. Internet-Zugangsanbieter könnten sich so eine weitere Einnahmequelle eröffnen, Anbieter oder Kunden müssten draufzahlen, wenn sie eine ausreichende Geschwindigkeit für entsprechende Dienste wie Video-Streams oder Internet-Telefonie haben wollen. Damit wäre die Netzneutralität Geschichte.

Da die Koalition sich nicht darauf verlassen kann, dass alle Sachverständigen trotz hohem Druck linientreu abstimmen und einige Sachverständige in der letzten Sitzung um Verschiebung zur Überarbeitung der Texte gebeten haben, hatte ich gedacht, dass die Zeit dafür auch genutzt wird. Offensichtlich war dies eine falsche Hoffnung, und die Argumentation zur Verschiebung der Abstimmung nur vorgeschoben. Das ist schade, denn so wird es Montag mehrere Kampfabstimmungen mit ungewissem Ausgang geben, die wir hätten vermeiden können. Es ist daher zu vermuten, dass CDU/CSU und FDP mit diversen Geschäftsordnungstricks versuchen werden, ihre Mehrheit zu sichern. Aber vielleicht schaffen wir es ja dennoch, eine ausführliche inhaltliche Debatte zu führen. Für die weitere Arbeit in der Enquête-Kommission wäre dies zu wünschen!

 

Handlungsempfehlungen: Jetzt Vorschläge machen!

Dienstag, 03. Mai 2011

Die bestehenden vier Projektgruppen der Enquête-Kommission kommen so langsam zu ihrem Ende – und da wird über die Handlungsempfehlungen diskutiert.

Daher rufen wir alle Internet-Nutzer dazu auf, Vorschläge für Handlungsempfelungen auf unserer Ende Original-Link -->Online-Beteiligungs-Plattform Adhocracy einzureichen, über diese abzustimmen und sie zu kommentieren! Für drei von vier Projektgruppen ist das möglich: Ende Original-Link -->Netzneutralität, Ende Original-Link -->Urheberrecht und Ende Original-Link -->Datenschutz. Die Projektgruppe Ende Original-Link -->Medienkompetenz ist leider nicht mehr offen, aber dennoch können Vorschläge für Handlungsempfehlungen per E-Mail an Ende Original-Link -->enquete.internet@bundestag.de mit der Bitte um Weiterleitung an die Kommissionsmitglieder geschickt werden, die dann in unsere Beratung mit einfließen. Dies geht natürlich auch über alle anderen Wege, Kontaktdaten stehen in der Spalte rechts.

TIPP: Je früher ein Vorschlag eingereicht wird, desto mehr Zeit hat er Stimmen und Kommentare zu sammeln!

Leider startete die Online-Beteiligung erst relativ spät. Daher konnte „der 18. Sachverständige“ – also alle Internet-Nutzer – bisher nur teilweise eingebunden werden. Wir beachten auch die bisherigen Vorschläge aus der Zeit vor den Handlungsempfehlungen. Aber da das wichtigste sowieso die nun anstehenden Handlungsempfehlungen sind, ist es besonders wichtig hier Ende Original-Link -->teilzunehmen. Also: Vorschläge einreichen, kommentieren, abstimmen!

Zur Gründung der Initiative “Pro Netzneutralität”

Mittwoch, 11. August 2010

Ein “freies und offenes Internet sicherzustellen”, ist richtig und wichtig. Aber bedeutet dies eine kostenfreie Nutzung des Internet durch Dienstanbieter? Und warum soll es einem ISP nicht gestattet sein, von demjenigen, der mehr Trafic verursacht, auch mehr zu verlangen? Das Beispiel der Verbreitung von Rundfunk zeigt, dass dies in einer Demokratie sehr wohl möglich ist. Seit jeher zahlen Rundfunkveranstalter für die Verbreitung ihrer Programme Transportentgelte an die Netzbetreiber (Satellit, BK-Betreiber, DVB-T). Und seit jeher verlangt der Netzbetreiber dann mehr, wenn ein größeres Transportvolumen nachgefragt wird. Warum soll im Internet etwas anderes gelten? Wichtig ist nur, dass allen Dienstanbietern derselbe Quality of Service (QoS) zu den gleichen Bedingungen (gleiches Entgelt) gewährt wird , wenn dieser nachgefragt wird.

Antworten auf Fragen zur Anhörung

Samstag, 03. Juli 2010

Für die Anhörung der Enquête-Kommission am Montag haben Sachverständige vorab einen Fragenkatalog beantwortet, der die Auswirkungen und Chancen des Netzes sowie den politischen Gestaltungsspielraum beleuchten soll. Prof. Dr. Wolfgang Coy von der Humboldt-Universität zu Berlin ist einer dieser Sachverständigen.

In seiner Stellungnahme betont er die Bedeutung der Netzneutralität, der Medienkompetenz und des Datenschutzes für die zukünftige Entwicklung. Er führt aus: “Zugang zu einem breitbandigen Netzanschluss sollte als Teil einer informationellen Grundversorgung verstanden werden. Um das Innovationspotenzial des Internets zu erhalten und zu fördern, ist die Netzneutralität, also die Gleichberechtigung aller Netzteilnehmer beim Empfang und beim Versenden von Inhalten, unbedingt zu erhalten. [...] Netzneutralität ist also eine Voraussetzung für
einen gerechten, marktneutralen und innovationsfördernden Betrieb des Netzes.”

Lesen Sie hier die vollständigen Antworten von Prof. Dr. Wolfgang Coy auf die Fragen der Kommission.

Netzneutralität: Erster Aufschlag der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

Freitag, 02. Juli 2010

„Die Blockade missliebiger Inhalte durch einen Netzbetreiber ist unzulässig und durch das Grundgesetz nicht gedeckt.“

Ein Kabelnetzbetreiber erschwert oder blockiert den Zugang zu einem Forum, in dem sich seine Kunden und weitere Nutzer kritisch zum Service des Unternehmens äußern. Ein Mobilfunknetzbetreiber sperrt bzw. verbietet im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Nutzung eines VoIP-Dienstes, weil sein Telefongeschäft kannibalisiert wird. Für den Abruf von YouTube oder die Benutzung eines P2P-Dienstes bittet ein Netzbetreiber seine Kunden gesondert zur Kasse, weil das Datenvolumen so hoch ist und große Teile der Bandbreite verschlingt. Ein anderer Netzbetreiber sperrt den Zugang zu YouTube, weil sich YouTube weigert, den vom Netzbetreiber verlangten Preis für den Transport im Netz zu entrichten. Auf das Angebot eines konkurrierenden Videoangebots kann ein Nutzer nicht zugreifen, weil der Netzbetreiber einen eigenen Videodienst betreibt und diesen vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen sucht.

Diese Fälle stammen nicht aus dem Reich realitätsferner Fantasie. Einige bilden (traurige) Wirklichkeit ab, andere entsprechen einem durchaus realistischen Szenario. Alle diese Beispiele illustrieren die Aktualität, die Brisanz und die Vielgestaltigkeit der Diskussion um die Netzneutralität. Im Kern geht es hierbei um die Frage, ob ein Netzbetreiber verpflichtet ist, im Internet sämtliche Daten gleichberechtigt und unverändert zu übertragen. Oder ist er berechtigt, bestimmte Inhalte, Inhaltsdienste oder Telekommunikationsdienste zu blockieren, einen unterschiedliches Quality of Service für einzelne Dienstgruppen vorzusehen, etwa bestimmte Echtzeitdienste (IPTV, VOD, Gaming etc.) zu priorisieren, oder bei der Entgeltgestal­tung auf der Endnutzer- bzw. Dienstanbieterseite zu differenzieren?

Die vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft hat sich dieses (Fundamental-)Problems des Internet angenommen. Sie wird die zentrale Aufgabe angehen, das schwierige (Spannungs-)Verhältnis zwischen der Rezipienten- und Meinungsfreiheit der Nutzer sowie den legitimen ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der (Telekommunikations- und Inhalte-)Dienstanbieter einerseits und den berechtigten kommerziellen Interessen der Netzbetreiber andererseits sorgfältig zu analysieren und ggf. Regulierungsvorschläge zu unterbreiten, die den unterschiedlichen Interessen angemessen Rechnung tragen.

In ihrer (öffentlichen) Sitzung am 14. Juni 2010 hat die Enquete-Kommission über das Thema der Netzneutralität das erste Mal beraten. Einig war man sich darin, dass zunächst der schillernde und facettenreiche Begriff der Netzneutralität näher konturiert werden müsse, weil sich erst auf der Grundlage einer klaren Begriffsbestimmung die relevanten Probleme ableiten lassen und diese sachgerecht gelöst werden können. Als sinnvoll wurde es weiter erachtet, die einzelnen Erscheinungsformen einer (möglichen) Ungleichbehandlung von Dienstanbietern aufzuzeigen, weil die verschiedenen (Diskriminierungs-)Tat­be­stände durch spezifische Eigenarten und Besonderheiten kennzeichnet sind, die eine differenzierende Betrachtung unter Verzicht auf nivellierende Einheitslösungen notwendig erscheinen lassen. Als unverzichtbar wurde es schließlich angesehen, zunächst das geltende Recht daraufhin zu konsultieren, ob es hinreichenden Schutz gegen (mögliche) Diskriminierungen bietet. Erst wenn im geltenden Recht Schutzlücken bestehen, stellt sich die Frage nach neuen Regulierungstatbeständen und ‑instrumenten.

Schutz vor Blockade missliebiger Inhalte durch den Netzbetreiber

(Halbwegs) Entwarnung kann gegeben werden, soweit es um die Frage geht, ob ein Netzbetreiber den Zugang zu (politisch) missliebigen Inhalten blockieren darf. Die Antwort lautet eindeutig: Nein! Die Meinungs- und Informationsfreiheit sind elementare Grundrechte, die nicht zur Disposition der Netzbetreiber stehen. Bereits im Jahr 1969 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass ein Unternehmen unter Ausnutzung seiner wirtschaftlichen Machtstellung die Meinungsfreiheit Dritter nicht beeinträchtigen darf. In dem bekannten Blinkfüer-Fall, ging es darum, ob der Axel Springer-Verlag Zeitungs- und Zeitschriftenhändlern mit dem Boykott seiner Presseerzeugnisse für den Fall drohen durfte, dass die Händler weiterhin die Wochenzeitung „Blinkfüer“ vertreiben, in der die „ostzonalen Rundfunk- und Fernsehprogramme“ abgedruckt waren. Das Bundesverfassungsgericht hat unmissverständlich klargestellt, dass ein vornehmlich mit wirtschaftlichen Machtmitteln durchgesetzter Boykott missliebiger Zeitungsverlage unzulässig, ja nicht einmal grundrechtlich geschützt ist. Nicht anders zu bewerten ist die Zugangsblockade zu missliebigen Inhalten durch einen Netzbetreiber: Er katapultierte sich ins grundrechtliche Abseits, er stellte sich außerhalb der Rechtsordnung. Betroffene Nutzer können hiergegen mit den Mitteln des Zivilrechts vorgehen. Von Ausgeliefertsein und Schutzlosigkeit kann nicht die Rede sein. Gleichwohl erscheint es durchaus diskutabel, ob in diesem Fall schwerwiegender Verletzung der Netzneutralität neben den zivilrechtlichen Schutz noch ein aufsichtsrechtliches Schutzinstrumentarium (BNetzA o.ä.) treten sollte. Hierzu müssten freilich die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden.

Schutz durch Plattformregulierung der Länder

Auch Inhalteanbieter (Rundfunkveranstalter und vergleichbare Telemedien) sind nach geltendem Recht keinesfalls schutzlos gestellt. Ihnen kommt der Schutz der landesrechtlichen Plattformregulierung (§§ 52 ff. RStV; Zugangssatzung der Landesmedienanstalten) zugute. Es gilt sorgsam zu analysieren, wie weit dieser Schutz im Einzelnen reicht und ob ggf. nicht hinnehmbare Schutzlücken bestehen. Es ist wichtig herauszustellen, dass die Plattformregulierung keinen umfassenden Schutz bietet. Schutzlücken bestehen, weil der Schutz von Telekommunikationsdienstanbietern und Telemedien, die in ihrer Wirkung Rundfunkprogrammen nicht „vergleichbar“ sind, (aus Kompetenzgründen) von der Plattformregulierung der Länder nicht erfasst sind. Gleichwohl lohnt sich eine sorgfältige Analyse, ob nicht die Plattformregulierung als Referenzgebiet für die um die Netzneutralität rankenden Probleme dienen könnte. Lassen sich die Ordnungsprinzipien der Plattformregulierung (Must-Carry-Modell, Verbot der eigenmächtigen Veränderung von Inhalten und der eigenmächtigen Vermarktung von Inhalten durch den Netzbetreiber, Diskriminierungsverbote) auf die Problemfelder der Netzneutralität übertragen?

Schutz durch Telekommunikationsrecht

Und keinesfalls darf man den Schutz durch das Telekommunikationsrecht übersehen. Der EU-Rechtsrahmen im Bereich des Telekommunikationsrechts, der bis Mitte nächsten Jahres umzusetzen ist, geht die Problematik der Netzneutralität (behutsam) an. In Art. 8 Absatz 4 Buchstabe g Rahmenrichtlinie 2009 heißt es, dass es Endnutzern möglich ist, „Informationen abzurufen oder zu verbreiten oder beliebige Anwendungen und Dienste zu benutzen“. Weiter wird den nationalen Regulierungsbehörden die Aufgabe der Qualitätssicherung zugewiesen. Nach Art. 22 Absatz 3 Universaldienstrichtlinie 2009 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden in der Lage sind, Mindestanforderungen an die Dienstqualität der Netzbetreiber festzulegen, um „eine Verschlechterung der Dienste und eine Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Netzen zu verhindern“. In erster Linie setzt der EU-Rechtsrahmen jedoch auf Transparenz, soweit Netzbetreiber bestimmte Dienste priorisieren oder in sonstiger Weise von der Netzneutralität abweichen. Netzbetreiber unterliegen in diesem Fall erhöhten Transparenzanforderungen (Art. 20 Absatz 1 Buchstabe b und Art. 21 Absatz 3 Buchstabe c und d Universaldienstrichtlinie 2009). Schließlich ist vorgesehen, dass die Kommission bis Ende 2010 einen Bericht über den Zustand der Netzneutralität vorlegt und ggf. weitere Leitlinien vorschlägt.

Eine weitere Kernfrage wird sein, welche Netzunternehmen zur Netzneutralität verpflichtet werden sollen: Alle Unternehmen oder nur Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht? Hierbei sollte man den Blick auf § 40 TKG richten, der zeigt, dass Netzneutralität keinesfalls ein durchgängiges und absolut geltendes Prinzip ist. Nach dieser Bestimmung können zur freien Betreiberauswahl (Call by Call und Preselection) nur Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht (Deutsche Telekom AG) und nicht alle Netzbetreiber verpflichtet werden. Netzbetreiber ohne Marktmacht müssen also – in Abweichung von der Netzneutralität – eine freie Betreiberauswahl nicht ermöglichen. Es gibt gute Gründe, diesen asymmetrischen, nur Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht erfassenden Regulierungsansatz zum Leitprinzip einer möglichen Netzneutralitätsregulierung zu machen. Aber um nicht falsch verstanden zu werden: Das gilt nicht für die Blockade missliebiger Inhalte durch einen Netzbetreiber. Dieses Verbot gilt absolut und für jeden Netzbetreiber. Der Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit genießt nach unserer Verfassung einen herausragenden Stellenwert.

Fazit und Ausblick

Man sieht: Auf die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft kommt viel Arbeit zu. Doch auch hier gilt, dass man das Rad nicht neu erfinden muss. Erfahrungen mit und Erkenntnisse aus der Regulierung des Rundfunks- und Telekommunikationsbereichs sollten genutzt werden, um die notwendige Balance zwischen den legitimen Interessen der Netzbetreiber einerseits und den berechtigten Belangen der Nutzer sowie Dienstanbieter andererseits herzustellen.