Blog der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

Hubertus Gersdorf
11. August 2010 von Hubertus Gersdorf | 23 Kommentare

Zur Gründung der Initiative “Pro Netzneutralität”

Ein “freies und offenes Internet sicherzustellen”, ist richtig und wichtig. Aber bedeutet dies eine kostenfreie Nutzung des Internet durch Dienstanbieter? Und warum soll es einem ISP nicht gestattet sein, von demjenigen, der mehr Trafic verursacht, auch mehr zu verlangen? Das Beispiel der Verbreitung von Rundfunk zeigt, dass dies in einer Demokratie sehr wohl möglich ist. Seit jeher zahlen Rundfunkveranstalter für die Verbreitung ihrer Programme Transportentgelte an die Netzbetreiber (Satellit, BK-Betreiber, DVB-T). Und seit jeher verlangt der Netzbetreiber dann mehr, wenn ein größeres Transportvolumen nachgefragt wird. Warum soll im Internet etwas anderes gelten? Wichtig ist nur, dass allen Dienstanbietern derselbe Quality of Service (QoS) zu den gleichen Bedingungen (gleiches Entgelt) gewährt wird , wenn dieser nachgefragt wird.

23 Antworten auf “Zur Gründung der Initiative “Pro Netzneutralität””

  1. larsan sagt:

    Seit jeher zeichnen sich Rundfunkangebote dadurch aus, dass auf der einen Seite der Anbieter und auf der anderen Seite der Konsument sitzt.
    Im Internet gibt es diese Struktur nicht.
    Deshalb ist das Internet weder ein Rundfunkmedium, noch sind internetfähige Endgeräte Rundfunk”empfangs”geräte.

    Ich schaffe Content, aber ich bin keine Firma oder gar ein Diensteanbieter. Sollten Ihrer Meinung nach die wenigen Nutzer meines Contents also schlechteren/langsameren Zugang zu meinen Webseiten haben, als zu den Webseiten eines “Diensteanbieters”?

    Die Frage darf nicht lauten “Warum soll im Internet etwas anderes gelten?” sondern sollte vielmehr lauten “Wieso sollte man im Internet einige wenige privilegieren, ihre Inhalte und Dienste besser/schneller anzubieten, als andere?”

    Ein (wenig) Content schaffender larsan.

  2. Sebastian sagt:

    Und was würden Sie sagen, wenn sich alle Provider, darauf einigen würden, -sagen wir, wegen strukturpolitischen Unzufriedenheiten- die Websites der polit. Parteien “ein wenig” langsamer durch ihre Netze zu transportieren? Oder das Bundestags-TV “ein wenig” herunterzupriorisieren? Oder, je nach politischer Anschauung des Providers, bestimmte Parteien-Websites ein wenig im QoS schlechterzustellen? So dass es Timeouts geben kann?
    Diese Steuerungsmechanismen hat keiner der von Ihnen angeführten Netzbetreiber; er kann nicht auf Ebene von Datenpaketen “die Form des Datenverkehrs gestalten” (Traffic Shaping).

    Ich verstehe ja, dass man Vergleiche heranzieht aus anderen Medienwelten; aber die Unterschiede sind hier zu groß.

    Ein Provider hat so zu handeln, als sei er “blind” gegenüber den Datenpaketen. Alles andere würde bedeuten, um ein anderes Bild zu nehmen, dass der Paketdienst erst einmal das Päkchen der Kunden öffnet, und, je nach Inhalt, auf verschiedene Förderbänder legt, wobei die zu verschickenden Hausmarken, an denen er eine Unternehmensbeteiligung hält, natürlich besonders schnell transportiert werden.
    Nein, der Provider darf den Traffic nicht anschauen. EIne Traffic-Steuerung impliziert bereits eine inhaltsnahe Auswertung.
    Diese Blindheit muss regulatorisch festgeschrieben und auch praktisch durchgesetzt werden, einschl. Sanktionierungsmöglichkeiten.

  3. Peter Piksa sagt:

    Herr Gersdorf,

    Ihre Argumentation baut auf der falschen Annahme auf, Dienstanbieter nutzten das Internet kostenfrei. Angesichts der Tatsache, dass Dienstanbieter für Ihren Traffic in Wirklichkeit jedoch sehr wohl bezahlen, stellt sich nicht die Frage, ob man von Dienstanbietern mit hohem Traffic mehr nehmen soll – ihrem Wunschbild des Internet ist bereits Rechnung getragen. Folglich ist mir auch ihr Vergleich der Rundfunkveranstalter nicht verständlich.

    Zudem bitte ich darum, das Internet nicht mit dem Rundfunk zu vergleichen. Erstens ist dieser Vergleich nicht notwendig um die Diskussion über Netzneutralität zu führen. Zweitens verkompliziert es die Debatte nur unnötig und schließt somit Teile der Gesellschaft von der Debatte aus, weil diese dann nicht mitreden können.

    Wenn Sie gleiche Bedingungen fordern, lassen Sie einfach alles so, wie es ist. Dann haben Sie nämlich Neutralität und somit die Ihrerseits gewünschten »gleichen Bedingungen«. Die Diskussion wäre an diesem Punkt beendet. Es sei denn, wir rollen die Diskussion an der Stelle erneut auf, dann jedoch muss erklärt werden, wessen und besonders welche Intention damit verbunden ist, die Diskussion weiterzuführen.

    Die Vergangenheit jedoch zeigte, da habe ich Amerika im Blick, dass denjenigen, die an der Netzneutralität herumdiskutieren wollten, letztlich immer nur Geld, Macht und Kontrolle ging. Sehr oft dient das Beharren auf einem vermeidlichen Diskussionsbedarf auch nur dem Zweck, am Ende doch in irgendeiner Form am Grundsatz der Netzneutralität herum zu sägen. Irgendeine nicht nachvollziehbare Legitimation zur Säge zu greifen findet sich immer.

    Viele Grüsse aus NRW. Hier besteht der Wunsch zum Erhalt der Netzneutralität.
    Peter Piksa

  4. Drizzt sagt:

    Sehr geehrter Herr Gersdorf,
    da haben sie etwas grundsätzlich falsch verstanden: die Diensteanbieter bezahlen nämlich bereits. Je nach Größe an ihren Hoster, Uplink-Provider oder sie sind direkter Peering-Partner zu anderen Netzen. In allen Fällen fließt ein von den Beteiligten vereinbartes Entgelt. Recht ähnlich zu den Gebühren, die Sie für Ihren Internetanschluss bezahlen (was ja, wenn man es genau nimmt, ein Peering-Abkommen im Kleinen ist). Was einige Netzbetreiber nun gerne hätten ist eine zusätzliche „Maut für die Schnellstraßen“. Das könnte auch Ihnen als Endkunden mitunter unangenehm begegnen: nehmen sie mal an, sie laden freie Musik von einem kleinen Künstler (z.B. via Jamendo) herunter. Da müssten Sie dann in Zukunft sehr viel mehr Zeit damit verbringen, weil der kl. Künstler ja keine Schnellstraße bezahlen kann (im Falle von Jamendo auch noch aus technischen Gründen). Das hat dann wieder zur Folge, dass Sie potentiell den Download abbrechen und der Künstler keine Chance auf Bekanntheit bekommt.

    Ganz ehrlich: grundsätzlich allen Traffic gleich behandeln ist das Beste was wir machen können. Auch und gerade für aufstrebende junge Firmen und Künstler.
    Auf den Fernsehvergleich gehe ich nicht ein, denn der hinkt.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Drizzt

    P.S.: OT und an die Technik gerichtet: Posten via HTTPS funktioniert derzeit nicht, da kommt ein WP-Fehler, der sich über einen fehlenden Kommentar beschwert.

  5. mspro sagt:

    Eben! Das haben wir schon immer so gemacht! Beim Fernsehen zum Beispiel. Es ist nicht einzusehen, dass das Internet da eine Sonderrolle bekommt. Dieses: “Jedermann darf senden” des Internets ist sowieso völlig überschätzt. Da sollte man sich in der Tat lieber den guten alten Rundfunk zum Vorbild nehmen. Da hat noch alles seine Ordnung, mit einigen Sendern und vielen Empfängern. Wenn die Durchleitung von Daten nur noch für kommerzielle Informationsanbieter erschwinglich ist, haben wir endlich das Internet, was wir immer wollten: ein Fernsehen mit ganz vielen Kanälen!

  6. Um sich mit den Grundlagen vertraut zu machen, empfehle ich Ihnen, CRE144 Die Internetwolke anzuhören. Ein durchaus hörenswerter, aber kostenfreier Podcast, aus der Reihe Chaos Radio Express von Tom Pritlove zu diesen Themen:

    “Internet Exchanges; was der Traffic über die Vorlieben der Internetnutzer aussagt; die reale Verbreitung von IPv6; Peering und Transit; welche Organisationen gerne mit jedem peeren und welche sich zieren; die Vernetzung von Google, Amazon und Facebook; wie die Vernetzung organisatorisch abläuft; das Border Gateway Protocol; der Pakistan-YouTube-Routing-Fuckup; der IPv4-Adressmangel, die Vergabe-Policy für neue Adressen und die Probleme bei der Einführung zu IPv6; die Bedeutung von Parties und Konferenzen zur Erhaltung des Internetbetriebs.”

    Ende Original-Link -->http://chaosradio.ccc.de/cre144.html

    Im Anschluss können Sie sich ja vielleicht Gedanken darüber machen, wie sich die Aufgabe der Netzneutralität auf solch Qualitativ hochwertige und dem Allgemeinwohl dienende Angebote auswirkt.

  7. piercyha sagt:

    Diensteanbieter nutzen das Internet kostenlos? Auch ein Diensteanbieter benötigt einen ISP, um Zugang zum Internet zu erlangen, um so seinen Content im Internet anbieten zu können.

    Wenn Sie seriöse ISP kennen, die gewerblichen Diensteanbietern freien, kostenlosen und vom Aufkommen des Traffics unabhängigen Zugang zum Internet anbieten, also ihre Dienstleistung verschenken, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie diese hier auflisten. Mir sind nur ISP bekannt, die ihre Leistung gegen Entgelt erbringen.

  8. Paul Stern sagt:

    Ich plädiere für eine absolute Netzneutralität. Die Frage nach gerechter Bezahlung der ISPs hat piercyha bereits beantwortet.

    Aber, @Sebastian:
    EIne Traffic-Steuerung impliziert bereits eine inhaltsnahe Auswertung.
    Dies scheint mir durchaus fragwürdig. Jeder halbwegs moderne Heim-Router bietet rudimentäre QoS-Funktionalitäten. Es ist durchaus möglich, auf Ebene der Übertragungsprotokolle zu priorisieren ohne den Inhalt auszuwerten. Auch scheint mir eine Unterscheidung nach IP-Adressen durchaus technisch realisierbar. Um in Ihrer Paketdienst-Analogie zu bleiben: Man braucht lediglich einen Blick auf den Absender zu werfen, um entscheiden zu können, wie die Weiterleitung zu gestalten ist.

  9. Herr Gersdorf,

    ihre Argumentation unterliegt, wie bereits angesprochen, diverser Misskonzeptionen. Zunächsteinmal *erzeugen* die meißten Diensteanbieter im Internet keinen Traffic. Internetverbindungen zu den allermeisten Diensteanbietern werden von den Konsumenten initiiert und die Daten von den Konsumenten angefordert. Der entstandene Traffic muss also zu Lasten des Konsumenten gelegt werden. Tatsächlich ist das zur Zeit auch der Fall:
    - habe ich eine sog. Flatrate (Pauschal-Tarif) wird der Datendurchsatz von meiner verfügbaren Bandbreite abgezogen
    - habe ich einen Zeittarif wird die zur Übertragung benötigte Zeit mir zu Buche getragen
    - und habe ich einen Volumentarif werden die übertragenen Daten von meinem Volumen abgezogen.
    Für diese Übertragung wurde also bereits vom Konsumenten bezahlt. Tatsächlich zahlt der Diensanbieter schon jetzt sogar noch einmal, jedoch mit grundsätzlich anderen Tarifmodellen als der Konsument. Stichworte, die bei einer Recherche diesbezüglich hilfreich sein sollten sind Peering und Transit.
    Der Vorstoß der Internet Service Provider die Dienstanbieter ein zweitesmal zur Kasse zu bitten (und somit insgesamt zum dritten mal für die übertragenen Daten zu kassieren) lässt sich in meinen Augen nur dadurch erklären, dass die ISPs im jahrelangen Preiskampf stets mehr Bandbreite zu immer günstigeren Preisen an die Konsumenten verkauft haben und nun feststellen, dass sie diese versprochene Bandbreite und Netzabdeckung zu diesen Preisen garnicht zur Verfügung stellen können – oder wollen. Falsche Preiskalkulationen der ISPs können aber wohl kaum ein gerechtfertiger Grund dafür sein das Anbieten von Inhalten und Diensten im Internet mit zusätzlichichen Kosten zu belegen. Das Internet ist das (fast) allererste Medium, dass es auch Konsumenten, kleinen Diensanbietern und “Garagen Startups” erlaubt einfach, schnell und unkompliziert reichhaltige und wertvolle Dienste und Inhalte anzubieten. Ein zusätzliches Abkassieren und damit Abwürgen dieser großartigen Entwicklung um Kalkulationslöcher der ISPs zu stopfen muss in jedem Fall verhindert werden.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Daniel Baulig

  10. Gersdorf sagt:

    Dear all,
    der Vergleich zur Verbreitung von Rundfunk soll zeigen, dass ein BK-Netzbetreiber an beiden Enden zur Kasse bittet: beim Kabelhaushalt und beim Rundfunkveranstalter. Und wenn vom Rundfunkveranstalter ein Entgelt erhoben werden kann und dieses nach Maßgabe des Transportvolumens variieren kann, dann leuchtet mir nicht ein, warum es nicht zulässig sein sollte, im Internet noch nach weiteren Leistungsmerkmalen (etwa QoS) zu differenzieren, solange diese nur allen zu denselben Bedingungen angeboten werden.

  11. In dem Gesetzentwurf von Google & Verizon wird unter dem Stichpunkt Verbraucherschutz folgendes festgehalten:

    Consumer Protections: A broadband Internet access service provider would be prohibited from preventing users of its broadband Internet access service from–
    (1) sending and receiving lawful content of their choice;
    (2) running lawful applications and using lawful services of their choice; and
    (3) connecting their choice of legal devices that do not harm the network or
    service, facilitate theft of service, or harm other users of the service

    Ende Original-Link -->http://www.scribd.com/doc/35599242/Verizon-Google-Legislative-Framework-Proposal

    Auf den ersten Blick sieht es gut aus, da die Nutzer des Internet nur „Rechtmäßiges“ im Internet machen können. Doch so einfach ist das nicht, denn was ist rechtmäßig. Nach Ansicht der Amerikaner ist etwa rechtsradikale Propaganda durch „Freedom of Speech“ geschützt, während sie in Deutschland als „unlawful“ einzustufen wäre. Desweiteren müssten die Provider alle Datenpackete scannen, um überhaupt, und dann nach nationalem Recht (oder ihrer eigenen Interpretation dessen), eine Rechtmäßigkeit feststellen zu können. Nehmen wir nun an jemand komme auf die Idee die Daten zu verschlüsseln, dann könnten die Provider sagen: „Da wir nicht in der Lage sind die Rechtmäßigkeit zu beurteilen, leiten wir die Daten nicht weiter“. Dass es gute Gründe für Verschlüsselung gibt, spielt dabei keine Rolle.

    Außerdem könnte man in England etwa gezwungen werden die Verschlüsselung für Ermittlungsbehörden aufzuheben, da man dort Beugehaft zur Herausgabe von Passwörtern vorgesehen hat. Was ursprünglich für die Terrorbekämpfung gedacht war, wird jetzt gegen Tierschützer eingesetzt.

    Ende Original-Link -->http://www.heise.de/newsticker/meldung/Tierschuetzer-erstes-Ziel-des-britischen-ueberwachungsgesetzes-197839.html

    Und wenn man jemand in England aus dem Verkehr ziehen möchte, muss man nur zusehen, dass man ihm am Flughafen eine SD-Karte mit randomisierten Daten in die Tasche fallen lässt. Wird diese gefunden, so wird er den Besitz bestreiten und das Passwort nicht herausrücken, weil er es nicht kann. Es gibt schließlich keines.

    Ebenfalls lesenswert:

    Ende Original-Link -->http://www.zeit.de/digital/internet/2010-08/google-verizon-mittelalter?page=all

  12. Alan Turing sagt:

    Sehr geehrter Herr Gersdorf,

    zu ihrem letzten Kommentar: Es werden ja auch im Internet beide Seiten zur Kasse gebeten, der Anbieter über den Provider, der seinen Server anschließt, und Sie über Ihren Provider wie T-Online etc.

    Und diese Entgelte richten sich ja auch schon nach Volumen – jeder Provider zahlt anderen Providern abhängig davon, wie viel Traffic er einspeist, entsprechende Gelder. Entsprechend sind die Preise für den Anschluß eines Servers ja schon nach Upload-Volumen gestaffelt.

    Nur: In der Kette “Anbieter Provider1 Provider2 Provider3 Konsument” möchte neuerdings Provider3 nicht nur von Provider2 Geld haben für die Daten, die dieser weiterleitet (das Geld bekommt er ja auch schon!), sondern Provider3 möchte nun auch noch Geld von Anbieter oder womöglich Provider1 haben.

    Um ein anderes Beispiel aufzugreifen: Wenn die Deutsche Post eine Postkarte zustellt, die in Frankreich abgeschickt wurde, möchte sie zusätzlich zu dem Anteil, den ihr die französische Post von ihrer Briefmarke abgibt, nun plötzlich noch eine zusätzliche, deutsche Briefmarke erzwingen (und dennoch von der französischen Post so viel kassieren wie bisher) – das ist absurd.

    Die Traffic-Kosten müssen die Provider und Netzbetreiber unter sich ausmachen, aber doch nicht von Endkunden auf beliebigen Seiten der Verbindung verlangen.

  13. Gersdorf sagt:

    Worum soll der letzte Provider in der Ãœbertragungskette darauf beschränkt sein, (neben dem Endkunden) nur Provider und nicht Anbieter zur Kasse zu bitten? Das sich bislang herausgebildete Billingmodell ist doch nicht in Stein gemeißelt! Das gilt vor allem dann, wenn es sich – im letzten Ãœbetragungssegment – um funkgestützte Netze handelt.

  14. piercyha sagt:

    Bisher sucht sich ein Diensteanbieter einen Hosting Provider, der zu seinem Geschäftsmodell passt.

    Nach ihrem Modell soll der Diensteanbieter zusätzlich zahlen an:
    1. Telekom
    2. Vodafone
    3. Versatel
    4. TeleColumbus
    5. Hansenet
    6. Kielnet
    7. Stadtwerke Lübeck
    8. Dokom
    7. Osnatel
    8. Kabel BW
    9. O2
    10. Tele2
    .
    .
    .
    und ca. 40 weitere Provider allein in Deutschland.

    Hat der Diensteanbieter Kunden auf der iberischen Halbinsel, dann sollten die Provider in Spanien und Portugal auch kassieren dürfen. Und warum sollten die Transitpartner in Frankreich leer ausgehen.

    In den USA möchten AT&T, Verizon, Comcast, etc. die Hand aufhalten, den Rest der Welt nicht zu vergessen.

    Der Deutsche Zollverein und die EU haben gezeigt, dass der Abbau von Zollschranken einen positiven Effekt auf die Wirtschaft und den freien Warenverkehr haben.

    Sie plädieren dafür, solche Zölle und Handelshemmnisse in der digitalen Welt wieder einzuführen, sozusagen die digitale Kleinstaaterei.

  15. Drizzt sagt:

    Sehr geehrter Herr Gersdorf,
    weil der Diensteanbieter bereits bei seinem „Provider“ (das nehme ich jetzt mal als zusammenfassenden Begriff für alle oben beschriebenen Varianten) bezahlt hat. Sie würden doch auch nicht wollen, dass nur weil Sie sich eine neue Küche von Firma A ins Haus haben einbauen lassen, dass Firma B, die die Küche selbst hergestellt hat, Ihnen auch nochmal eine Rechnung schickt. Sie haben ja schon alles bei Firma A bezahlt.

    Und warum ein Funknetz da anders sein soll als ein Kabelnetz ist mir wirklich unklar.

    Gerade im Bezug auf den Google-Verizon-Deal empfehle ich die Ende Original-Link -->Analyse der EFF. Für die Diskussion hier sind derzeit hauptsächlich die zwei letzten Punkte interessant.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Drizzt

  16. Alan Turing sagt:

    Sehr geehrter Herr Gersdorf,

    natürlich ist da nichts in Stein gemeißelt, aber wo soll da eine Besonderheit bei Funknetzen sein?

    Natürlich sind andere Modelle denkbar, aber unter Aspekten

    a) des Verbraucherschutzes (Marktmacht der Telekommunikationsanbieter z.T. als Oligopol ist relativ groß im Vergleich zur Macht der Verbraucher)

    und b) der ordnungspolitischen Dimension eines “Grundrechts” auf Internetzugang (Sozialhilfeempfänger können sich nur Internetprovider leisten, die YouTube aussperren etc.)

    und vor allem c) der Technologie- und Innovationsförderung (Innovation findet im Netz und mittels und am Rande des Netzes statt, nicht bei den Netzbetreibern an sich)

    ist es weitaus sinnvoller, hier Regelungen zu treffen und damit “in Sten zu meißeln” (was im Ãœbrigen doch die hauptsächliche Tätigkeit des Gesetzgebers ist, oder?).

  17. Joachim Dölken sagt:

    Sehr geehrter Herr Gersdorf,

    die Parallele zur Rundfunkübertragung ist interessant. Wie wäre aber – den Einwänden einiger der obigen Beiträge zu begegnen – damit umzugehen, dass sich etwa eine “kleine” politische Partei oder ein “kleiner” Anbieter eines publizistisch ambitionierten Internetmagazins den gewünschten QoS nicht leisten kann und damit gegenüber finanzstarken Anbietern ins Hintertreffen gerät, theoretisch also deren publizistische/politische Chancen verkürzt werden könnten? Wäre man dann mit Blick auf die überkommenen Prinzipien der Vielfaltssicherung nicht schnell wieder bei der Frage der Angemessenheit und Chancengleichheit der Verbreitungsbedingungen und ruft damit zu Recht oder zu Unrecht den (Rundfunk-?, Preis-?)regulierer auf den Plan?

  18. Gersdorf sagt:

    Lieber Herr Dölken,

    Sie haben vollkommen Recht. Mir ging es in erste Linie zunächst darum festzuhalten, dass es zunächst legitim ist, wenn ein Netzbetreiber nicht – wie im Internet derzeit praktiziert – nur Netzbetreiber, sondern auch Inhalteanbieter zur Kasse bittet. Das derzeitige Billingmodell im Internet ist nicht in Stein gemeißelt.

    Selbstverständlich sehe ich auch das Problem der Verwirklichung (egalitärer!!!) Chancengleichheit gerade für “kleinere Anbieter”. Aber ist das wirklich ein realistisches Problem? Ich habe da meine Zweifel, insbesondere dann, wenn die Dienstanbieter erst bei Ãœberschreiten eines bestimmten Trafficvolumens zur Kasse gebeten würden. Im Regelfall handelt es sich dann um recht potente Marktteilnehmer, die Netzbetreibern auf Augenhöhe begegnen, so dass regulatorische Schutzmaßnahmen nicht erforderlich und damit nicht gerechtfertigt erscheinen. Im Ãœbrigen sehe ich grundsätzlich keine Bedenken ggü. Differenzierungen bei der Bepreisung durch die Netzbetreiber, solange und soweit alle nachfragenden Dienstanbieter gleich behandelt werden.

  19. Ist es denn so, dass man erst ab einem gewissen Trafficvolumen zur Kasse gebeten würde? Im Moment ist alles ungeregelt, also kann man auch unliebsame Mitbewerber beliebig benachteiligen,

    Was ist zudem mit gemeinnützigen Angeboten, die nicht unbedingt auf Gewinnerzielung getrimmt sind. Die Podcasts von Tim Pritlove z.B. sind sicherlich in einem Bereich, wo eine Bepreisung schon stattfinden würde. Würde er eine Videoreihe machen, sogar noch viel eher. Wie soll er das bezahlen und an wen alles? Die Traffickosten werden auch so schon hoch genug sein. Und hierbei handelt es sich um ein Angebot, dessen Relevanz für solche Themen z.B. sehr relevant ist. Würde dies und anderes wegfallen, sehe ich die Gefahr, dass die gerade entstehenden breiten-demokratischen Prozesse im Keim erstickt werden.

    Und das sehe ich als viel problematischer an, als die Frage ob die in Deutschland eh nicht existierenden Startups danach noch weniger existieren würden.

  20. Wenn man Fragen der Netzneutralität behandelt, kann man vergleichen, wie in anderen Bereichen mit dem Verhältnis zwischen Hersteller Infrastrukturanbieter Endverbraucher umgegangen wird? Dazu zwei Fragen:

    Darf ein Infrastrukturanbieter eine bestimmte Nutzungsart untersagen? Etwa wenn ein Stromerzeuger untersagen würde, bestimmte Geräte, etwa Roboter, mit seinem Strom zu laden. Intelligente Stromzähler können heute schon verschiedene Nutzungsmuster erkennen.

    Darf ein Infrastrukturanbieter von einem vermeintlichen profitierenden Hersteller Geld verlangen? Betreiber einer privaten Autobahn, könnten etwa von Autoherstellern Geld einfordern, denn schließlich würde ohne ihre Infrastruktur überhaupt erst ein Anreiz geschaffen, ein Auto zu kaufen.

  21. Jürgen F. sagt:

    Wenn doch aber klar ist, dass der Inhalteanbieter schon heute für seine Dienste zahlt (also in erster Linie Upload) ist die Diversifikation der Leistungsmerkmale schon durch die Vielfalt der Anbieter und unterschiedliche Serverstandorte und Tarife gewährtleistet. Diese Kriteriern werden selbstverständlich auf den Preis Einfluss haben. Demnach gibt es bereits einen Markt. Hier künstliche Unterschiede zu schaffen oder zu egalisieren wäre in meinen Augen unnötige Planwirtschaft. Zu befürchten ist, dass aus Sicht der Provider der Anreiz geschaffen wird möglichst wenig in den Netzausbau zu investieren, da damit die Zusatzleistungen besser vermarktet werden können.

  22. Der Begriff “legitim” ist recht ungenau (“legal” ist ja schon kompliziert genug). Ist es wirklich legitim, wenn jemand für die gleiche Leistung zweimal kassiert, ein Provider also von den Kunden (gemeint sind hier alle, die mit seinem Netz direkt verbunden sind, also Endkunden und eventuell andere Netzbetreiber) Geld für die Durchleitung von Daten verlangt und von den Anbietern?

    Auch wenn der Rundfunkvergleich hinkt: Wird es dadurch legitim, daß Kabelnetzbetreiber es schon lange so machen und Fernsehsender und Zuschauer zur Kasse bitten?

  23. Markus K. sagt:

    Meines Erachtens ist es entscheidend, sicherzustellen, dass ein so genanntes “Netzwerk-Management” nicht erfolgt. Unter diesem eigentlich schon euphemistischen Begriff verstehe ich die unterschiedlich schnelle Weiterleitung von Inhalten nach bestimmten Kriterien, der z.B. dazu führt, dass wirtschaftlich weniger rentable Inhalte wie Emails verzögert zugestellt werden als profitablere. Für mich hat niemand das Recht, sich den Content anzusehen und danach zu entscheiden, ob er bevorzugt behandelt wird oder nicht. Zugespitzt formuliert: Es entsteht ein Manipulationspotential, wenn – wie bei der Absprache zwischen google und Verizon für das mobile Web in den USA bereits geschehen – die Netzwerkneutralität nicht mehr gewährleistet wird, also bestimmte Inhalte (von (mehr) bezahlenden) Anbietern bevorzugt weitergeleitet werden. Denn somit entscheidet das Finanzpotential eines Anbieters darüber, ob und wie schnell oder wahrscheinlich ein Content für mich als User verfügbar ist.

    Bleibt die Frage, wie das sichergestellt werden kann. Die Datenleitungen sind in ihrer Kapazität begrenzt. Ein ökonomisch denkendes Unternehmen hat ein Interesse, gewinnbezogen zu arbeiten. Was also, wenn der QoS zu den gleichen Bedingungen gewährt wird nach dem Prinzip Menge a = Preis x, Menge 5a = Preis 5x usw.? Wird dann nicht der Content des Großkunden bevorzugt behandelt, weil der insgesamt einen viel höheren Betrag zahlt?