Blog der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft

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Das Thema Internet dauerhaft im Bundestag etablieren

Mittwoch, 08. Februar 2012

Der Übergang in die digitale Welt ist nichts weniger als eine Revolution. Ähnlich wie im Zuge der industriellen Revolution verändert sich die Gesellschaft seit dem Beginn der digitalen Revolution tiefgreifend. Dieser Wandlungsprozess hat längst begonnen und ist nicht mehr aufzuhalten.

Wo werden die Themen der digitalen Gesellschaft künftig beraten?
Das Thema Internet ist kein Nischenthema mehr. Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft trägt dazu bei, das Thema im Parlament und in der Gesellschaft weiter zu etablieren. Das Bewusstsein auch in der breiten Bevölkerung wächst, dass die Themen der digitalen Gesellschaft gesamtgesellschaftliche Themen sind. Die Internet-Enquete wird ihre Beratungen bis zur Sommerpause abschließen. Damit stellt sich die Frage, wo diese Themen künftig institutionell verankert werden.

Das Querschnittsthema Internet berührt alle gesellschaftlichen Bereiche. Der gesamtgesellschaftliche Charakter wird schon am Ende Original-Link -->Einsetzungsbeschluss der Enquete-Kommission (pdf) deutlich. Die Arbeit der Kommission hat dies bestätigt. Die Arbeit des Unterausschusses Neue Medien als Unterausschuss des Ausschusses für Kultur und Medien hat gezeigt, dass die “Neuen Medien” – die inzwischen keine neuen Medien mehr sind, sondern Alltagsmedien – auch kein Kulturthema geblieben sind. Das Themenspektrum des Unterausschusses hat sich verbreitert, bezieht sich jedoch stets auf den Bereich Kultur und Medien.

Das Thema Internet dauerhaft im Bundestag etablieren
Unsere genuin parlamentarische Antwort ist deshalb ein ständiger Ausschuss für Internet und Digitales. Viele Fragen können durch die Enquete-Kommission nicht umfassend genug geklärt werden, sondern eröffneten vielmehr weiteren Diskussionsbedarf. Wir haben auch gemerkt, dass tagespolitische Fragen aus der Arbeit der Enquete nicht wegzudenken sind. Denn das Internet und die Gestaltung der digitalen Gesellschaft ist heute in vieler Hinsicht bereits Tagespolitik. Weil diese Fragen künftig auch immer mehr Gesetzesvorhaben betreffen werden, braucht es nach dem Abschluss der Enquete-Kommission andere Strukturen, um sie zu beantworten.

Querschnittsthema digitale Gesellschaft
Ende Original-Link -->Wir regen daher an, einen ständigen Ausschuss Internet und digitale Gesellschaft einzurichten. Der Ausschuss wird nicht spiegelbildlich zu einem Ministerium eingesetzt. Ähnlich dem Haushaltsausschuss befasst sich der Internetausschuss mit einem Querschnittsthema: Die Gestaltung der digitalen Gesellschaft wird mit dem Voranschreiten der Digitalisierung zu einem immer stärker übergreifenden Thema werden. Dezentral werden Internet-Themen bereits jetzt regelmäßig in vielen Bundestagsausschüssen behandelt, zum Beispiel im Innenausschuss, im Rechtsausschuss, im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, im Verbraucherschutz- und im Kulturausschuss.

Der ständige Internet-Ausschuss knüpft an den im Einsetzungsbeschluss der Enquete-Kommission interfraktionell artikulierten Willen an, bereits in der 17. Legislaturperiode erste Umsetzungsschritte erfolgen zu lassen. Der Ausschuss bündelt Expertise und bietet einen zentralen parlamentarischen Ansprechpartner für Gesellschaft, Ministerien und sonstige Akteure auf nationaler und internationaler Ebene. Durch das Gremium wird zugleich die parlamentarische Kontrollfunktion wahrgenommen. Es sorgt für Verstetigung der parlamentarischen Bemühungen und unterstreicht die Bedeutung des Parlamentes als Ort des Diskurses, um den Wandlungsprozess der Digitalisierung zu begleiten. Ein eigener Internet-Ausschuss trägt der Dynamik des Internets und dem aktuellen tagespolitischen Netzgeschehen Rechnung. So ist der Ausschuss das entscheidende Signal, dass das Thema Internet in der Mitte des Parlaments angekommen ist.

Wie Bürgerbeteiligung funktionieren kann

Montag, 12. Dezember 2011

Seit Februar diesen Jahres erprobt die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft eine neue Form der Bürgerbeteiligung. Heute geht die überarbeitete Seite enquetebeteiligung.de online.

Zum ersten Mal in der deutschen Parlamentsgeschichte können Bürgerinnen und Bürger Vorschläge, Ideen und Wissen in die laufende Arbeit eines Bundestagsgremiums einbringen. Es ist eine Beteiligung auf Augenhöhe, die bereits erste Ergebnisse zeitigt: Im kürzlich veröffentlichten Zwischenbericht zur Medienkompetenz entstammen zwei der zwölf Handlungsempfehlungen von der Beteiligungsplattform enquetebeteiligung.de.

Ein genauer Blick auf die Empfehlungen lohnt. Beide wurden von Akteuren aus der Zivilgesellschaft eingebracht. Wie hoch die Qualität der Experten-Anregungen war, lässt sich daran ablesen, dass die Texte einstimmig von der Projektgruppe an- und wortwörtlich in den Bericht übernommen wurden. Eine der beiden Eingaben stammt von der AG Computerspiele und Pädagogik des Kongresses „Keine Bildung ohne Medien“, die andere wurde von dem Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF) eingebracht. Letztere schlugen eine Förderung des Peer-to-Peer Lernens vor, also die Wissensvermittlung unter Gleichaltrigen. Die AG Computerspiele und Pädagogik hingegen regte an, Computerspielpädagogik als Aufgabe für die Medienpädagogik anzusehen.

Es sind allerdings auch Ideen in den Bericht der Projektgruppe Medienkompetenz eingeflossen, die nicht aus der Feder von Experten stammten. Hierzu heißt es im Bericht: „Die Projektgruppe hat darüber hinaus Anregungen und Vorschläge aus der Öffentlichkeit einfließen lassen. Diese wurden entweder direkt abgebildet und als Zitate gekennzeichnet oder ohne expliziten Verweis auf die Online-Beteiligungsplattform sinngemäß übernommen und in einen komplexeren Sinnzusammenhang gebracht.“

Diese Beispiele zeigen, wie Bürgerbeteiligung funktionieren kann. Die Bürgerinnen und Bürger können ihr Wissen einbringen und sich ernst genommen fühlen. Der Politikbetrieb profitiert hingegen in zweifacher Hinsicht: Er kann zum Einen auf einen kollektiven Wissensschatz zugreifen und zum Anderen beweisen, dass er in der Lage ist, sich für neue Formen der Kommunikation mit der Gesellschaft zu öffnen.

Neu daran ist, dass die Kommunikation zwischen Bürgern und Politikern im Internet keine Einbahnstraße mehr ist, sondern in zwei Richtungen funktioniert. Die Politik kann sich zudem direkt an die Bürger wenden und Öffentlichkeit ohne Vermittlung durch Dritte herstellen.

Ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung und freue mich auf den Dialog mit Ihnen!

Hickhack um die Netzneutralität

Freitag, 14. Oktober 2011

Mit mehreren Monaten Verspätung steht für den kommenden Montag wieder die Abstimmung über den Bericht der Projektgruppe Netzneutralität und die Handlungsempfehlungen für Datenschutz an. In der letzten Sitzung der Enquête-Kommission Anfang Juli wurde mit knapper Mehrheit die Verschiebung beschlossen: Wir bräuchten noch mehr Zeit, um die Qualität sicherzustellen. Aber offensichtlich waren dies nur vorgeschobene Argumente, denn: Seither ist nichts passiert, es sind keine Vorschläge zu den fraglichen Textteilen rund um Netzneutralität und Netzsperren eingegangen.

Ursprünglich sollten die Berichte schon im Juni verabschiedet werden, das haben wir dann aber auf Anfang Juli verschoben. Nachdem in der dortigen Abstimmung über die Handlungsempfehlungen zum Thema Urheberrecht auch diverse Vorschläge der von SPD, Grünen und Linken benannten Sachverständigen bzw. der Abgeordneten der Oppositions-Fraktionen eine Mehrheit erreichten, erbat die CDU eine Beratungspause. Mehrere von den Koalitionsfraktionen benannte Sachverständige hatten nach der Pause argumentiert, dass die uneinheitliche Abstimmung beim Urheberrecht dem Gesamtergebnis schade und wir mehr Zeit bräuchten, die strittigen Punkte zu klären. Eine Auswahl der geäußerten Argumente gibt es in einer Meldung des Bundestages.

In den Tagen darauf kam aber der wahre Grund für die Verschiebung ans Tageslicht: Offensichtlich wollte die Koalition die Abstimmung  verhindern, um mehr Zeit zu gewinnen, die eigenen Sachverständigen auf Linie zu bringen und zu warten, bis ein fehlender Sachverständiger der Union wieder gesund ist. Es wurde mir von verschiedenen Abgeordneten der Koalition – öffentlich von Ende Original-Link -->Peter Tauber und Ende Original-Link -->Jimmy Schulz – unterstellt, unredlich gehandelt und Texte in die Enquête eingebracht zu haben, die in den Projektgruppen keine Mehrheit fanden. Allerdings ist es das Recht von jedem Mitglied, beliebige Texte einzubringen. Die Behauptung, ich hätte unredlich gehandelt, ist schlichtweg falsch und zeigt, dass die Nerven in der Koalition offensichtlich blank liegen. Kompromisse habe ich nicht aufgekündigt, im Gegenteil: Es war die Union, die den gefundenen Kompromiss aufgekündigt und versucht hat, eine zwar relativ zahme aber dennoch vorhandene Handlungsempfehlung gegen Netzsperren zu streichen. Daher ist in den von mir mitgeschriebenen Handlungsempfehlungen der Opopositionsfraktionen zu Netzneutralität die ursprüngliche und deutlichere Empfehlung gegen Netzsperren enthalten. Wir haben aber immer deutlich gemacht, dass wir auf diesen Passus verzichten, wenn der Kompromiss weiter Bestand hat.

Streitpunkt: Kapitel zu Netzsperren

Weiter stören sich Union und FDP an einem im Wesentlichen von mir formulierten Text zum Thema Netzsperren. Dieser Text wurde Wochen zuvor in der Projektgruppe Netzneutralität besprochen, fand aber keine Mehrheit – obwohl niemand konkrete Kritik oder Verbesserungsvorschläge äußerte. Man wollte das Thema einfach auf später verschieben. Die Absprache war dann, dass ich den Text ganz normal in der Enquête zur Abstimmung stelle und er je nach Ergebnis eben im Bericht selbst oder nur als Minderheitenvotum im Anhang erscheint. Auch wurde der Text nicht am Vorabend der Abstimmung sondern Wochen vor der Sitzung eingebracht. Es ist schade, dass Koalitionsabgeordnete versuchen, Ende Original-Link -->eine andere Legende zu stricken. Inhaltlich halte ich den Aspekt der Internet-Sperren für ein zu wichtiges Thema, um es einfach unter den Tisch fallen zu lassen: Die Sperrung von Inhalten jedweder Art ist die stärkste denkbare Verletzung der Netzneutralität, und ich bin der festen Ansicht, dass man dies natürlich auch ansprechen muss.

Ein großer Knackpunkt sind die Handlungsempfehlungen: Zwischen Opposition und Koalition bestehen große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie mit Netzneutralität umgegangen werden soll. Die Opposition und die Mehrheit derer Sachverständiger wollen ein neutrales Netz sicherstellen und sind skeptisch, ob sich eine Priorisierung bestimmter Inhalte neutral umsetzen lässt, da dies immer mit einer Diskriminierung anderer Inhalte verbunden ist. Die Koalition und die Mehrheit derer Sachverständiger wollen die Netzneutralität dem freien Markt überlassen und diesem die Einführung von Diensteklassen empfehlen. Internet-Zugangsanbieter könnten sich so eine weitere Einnahmequelle eröffnen, Anbieter oder Kunden müssten draufzahlen, wenn sie eine ausreichende Geschwindigkeit für entsprechende Dienste wie Video-Streams oder Internet-Telefonie haben wollen. Damit wäre die Netzneutralität Geschichte.

Da die Koalition sich nicht darauf verlassen kann, dass alle Sachverständigen trotz hohem Druck linientreu abstimmen und einige Sachverständige in der letzten Sitzung um Verschiebung zur Überarbeitung der Texte gebeten haben, hatte ich gedacht, dass die Zeit dafür auch genutzt wird. Offensichtlich war dies eine falsche Hoffnung, und die Argumentation zur Verschiebung der Abstimmung nur vorgeschoben. Das ist schade, denn so wird es Montag mehrere Kampfabstimmungen mit ungewissem Ausgang geben, die wir hätten vermeiden können. Es ist daher zu vermuten, dass CDU/CSU und FDP mit diversen Geschäftsordnungstricks versuchen werden, ihre Mehrheit zu sichern. Aber vielleicht schaffen wir es ja dennoch, eine ausführliche inhaltliche Debatte zu führen. Für die weitere Arbeit in der Enquête-Kommission wäre dies zu wünschen!

 

“Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz” – Vorschläge für das Arbeitsprogramm gesucht

Freitag, 12. August 2011

Als Vorsitzender der Projektgruppe “Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz” lade ich Sie herzlich ein, auf der Ende Original-Link -->Beteiligungsplattform der Enquete Vorschläge für unser Arbeitsprogramm zu machen. Um diese Themen wird es u.a. gehen:

  • Welche politischen und staatlichen Maßnahmen sind geeignet, den Zugang zum Internet für Nutzer, Unternehmen und Diensteanbieter zu verbessern?
  • Welche politischen und staatlichen Maßnahmen sind geeignet, die Struktur des Internets (Schwerpunkt auf Infrastruktur und Basisdienste) zu verbessern?
  • Welche politischen und staatlichen Maßnahmen sind geeignet, das Internet selbst und seine Nutzer vor Ausspähung, Sabotage und Missbrauch zu schützen?

Für unsere Projektgruppe rege ich an, diese Themen in der ersten Projektphase durch genauere Fragestellungen zu konkretisieren. Die Chance, dass die Fragestellungen im weiteren Verlauf berücksichtigt werden, steigt erheblich, wenn Sie dabei folgende Tipps beherzigen:

  • Handlungsorientierte Fragestellung statt Zustandsbeschreibung. Als Beispiel: “Soll der Breitbandnetzausbau durch mehr Geld für Infrastrukturmaßnahmen gefördert werden?”, statt “Der Breitbandausbau dauert zu lange!”.
  • Bitte erläutern Sie Ihre Fragestellung und begründen Sie sie:
    * Welche Problemstellung liegt der Frage zugrunde und soll durch die Antwort gelöst werden?* Was müssen die Mitglieder der Enquete-Kommission wissen, um diese Frage für sich zu entscheiden?

    * Welche Elemente der Problemstellung könnten besonders wichtig sein?

    * Warum ist die Beantwortung dieser Frage für die Projektgruppe besonders relevant und wichtig?

Ende Original-Link -->Bitte reichen Sie Ihre Anregungen bis zum 21. August auf der Beteiligungsplattform ein. Die Enquete-Kommission wird die Projektgruppe in Kürze einsetzen. Innerhalb von etwa sechs Monaten soll sie ihre Handlungsempfehlungen erarbeiten. Wir freuen uns auf rege Beteiligung.

Marathon-Sitzung der Enquête

Samstag, 25. Juni 2011

Anders als im Blogbeitrag vom Mai von mir geschrieben, wird der Deutsche Bundestag nun am 30. Juni über den Zwischenbericht der Enquête-Kommission diskutieren, also am selben Tag, an dem morgens die Beratung der Gesetzesentwürfe zum Atomausstieg vorgesehen ist. Für den Enquête-Zwichenbericht ist abends ab 19.20 Uhr eine halbe Stunde vorgesehen.

Ob es eine tatsächliche Diskussion geben wird oder ob die Reden zu Protokoll gegeben werden, wird sich erst herausstellen. Wer noch etwas länger wachbleiben mag, der kann ab 23.25 Uhr auch noch die Beratung über die Einhaltung der Datenschutzgesetze bei der Übermittlung der Fluggastdaten verfolgen. Hier liegt allerdings die Vermutung nahe, dass keine tatsächliche Debatte mehr stattfinden wird.

Am Montag zuvor, als am 27. Juni, wird die Enquête-Kommission ihre nächste öffentliche Sitzung abhalten. Hier dürfte es ab 15 Uhr für die Berichte aller vier Projektgruppen in einen Marathon gehen. Allein für den über hundert Seiten umfassenden Bericht der Projektgruppe Urheberrecht sind aufgrund der Ergänzungen, Alternativtexte, Mehrheits-, Minderheits-, und Sondervoten um die siebzig Abstimmungen nötig. Es kann also eine Weile dauern in der zeitversetzten Übertragung ab 20 Uhr auf http://www.bundestag.de/.

Andererseits werden nun auch die unterschiedlichen Sichtweisen und Handlungsempfehlungen offenbar, mit der sich die geneigte Öffentlichkeit auseinandersetzen kann. Anlässlich der Handlungsempfehlungen und wegen der gefühlten Halbzeit der Enquête-Kommission häufen sich gerade die Anfragen von Journalisten, die eine Einschätzung zum Erfolg der Kommission erfahren wollen. Nach der Sitzung der Enquête-Kommission kann man das inhaltliche Teilergebnis dann konkret nachlesen, zu Erfahrungen mit der Arbeitsweise im Bundestag kann ich mich dem Beitrag von Wolfgang Schulz inhaltlich vollumfänglich anschließen.